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Das Forum "Krise und Normkontestation" schließt mit einem Beitrag von Nicole Deitelhoff. Wer eine Norm kontestiert, erlebt sie als krisenhaft oder will eine Krise der Norm erzeugen, um Veränderungen anzustoßen. Krisen sind Phasen von gravierender Verunsicherung (innerhalb) von Ordnungen. In der Krise fallen Gewissheiten, werden Strukturen brüchig und reißen Interaktionsprozesse ab. Krisen sind Phasen, in […]
The field of security policy seems to have undergone dramatic changes in the last decades. Under the broad umbrella of a turn to security governance, one can observe trends of an internationalization and privatization of security. Of these trends, one seems to stand out, that is the increasing reliance of states on private business actors in the provision of security. How do theses trends affect the state? While some believe that the provision of security by private agents is unproblematic as long as the state keeps its governmental supervision, others fear that the state is losing its capability to control the activities of private actors in the field of security, the more privatization proceeds. The working paper, firstly, provides a systematic overview on the inclusion of private business actors in the provision of security. Secondly, it will address the question of its consequences for the state. The papers highlights that privatization stops short of transforming the state but it is about to weaken the democratic legitimation of the use of force.
Seit Ende des Ost-West-Konflikts befinden sich die westlichen Streitkräfte in einem anhaltenden Transformationsprozess. Waren die Streitkräfte zuvor an der bipolaren Sicherheitskonstellation des Kalten Krieges ausgerichtet, werden sie seit 1990 umstrukturiert, um neue Missionen zu erfüllen, wie sie in den strategischen Konzepten der NATO oder den Aufgabenfeldern der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik definiert sind. Unter den Vorzeichen eines "New Public Managements" vorangetrieben, das in den letzten Jahrzehnten als ökonomisch inspiriertes Reformprinzip bereits zahlreiche andere Politikfelder der OECD-Staaten geprägt hat, sind die Umstrukturierungen der Streitkräfte vorwiegend an Effizienz- und Effektivitäts-Gesichtspunkten orientiert. Fragen der demokratischen Kontrolle und der Integration des Militärs in die jeweilige Gesellschaft werden dagegen im politischen Diskurs vernachlässigt. Zwei Entwicklungstrends kennzeichnen derzeit die westliche Sicherheits- und Verteidigungspolitik: die Integration und Kooperation westlicher Streitkräfte im Rahmen von internationalen Organisationen sowie der zunehmende Einsatz privater Sicherheitsunternehmen. Obwohl Internationalisierung und Privatisierung von Sicherheitspolitik in einer staatszentrierten Perspektive auf den ersten Blick gegenläufige Tendenzen einer Stärkung der Exekutive einerseits und der Schwächung des Staates andererseits zu markieren scheinen, tragen jedoch beide zu einer Schädigung der nationalstaatlichen Demokratie bei. Diese These erläutern die Autorinnen anhand des vermehrten Rückgriffs der US-amerikanischen Regierung auf private Sicherheitsanbieter sowie der Transformation der deutschen Streitkräfte.
Dass die EU nicht unbedingt ein fragmentierter und zahnloser Papiertiger sein muss, zeigten die europäischen Außenminister gerade in ihrer geschlossenen Haltung zur Auslieferung Ratko Mladics an das UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag. Auch eine andere Haager Institution, der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) und die proaktive Rolle der EU in dessen Entstehungsprozess, gilt vielen Beobachtern als positiver Beleg für die politischen Gestaltungsmöglichkeiten, die sich der Friedensmacht Europa trotz oftmals stockender Vergemeinschaftung, fehlender Ressourcen und Zwangsmittel eröffnen. Im vorliegenden Report zeichnen Nicole Deitelhoff und Eva Burkard die Geschichte des IStGH nach und beschäftigen sich mit der Frage, wieso die EU ausgerechnet in diesem transatlantischen Konfliktfall gegen erhebliche Widerstände der USA große Geschlossenheit demonstrierte und das Statut von Rom – politische Grundlage des Strafgerichtshofes – auch zügig entwickelt und umgesetzt hat. Dabei zeigen die Autorinnen auf, dass die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der EU mehr als ein institutionelles Forum zur Abstimmung der Interessen der Mitglieder ist. Geteilte Prinzipien der Demokratie, Menschen- und Grundrechte, sowie prozedurale Normen, wie regelmäßige gegenseitige Konsultationen, verhalfen den zu Anfang der Verhandlungen durchaus von verschiedenen Interessen geleiteten Mitgliedern zu einem für alle tragfähigen Kompromiss. Diese Einigkeit innerhalb der EU kann nun auch Drittländer ermutigen, sich der Drohkulisse der USA zu widersetzen. Hier mahnen die Autorinnen an, die EU müsse noch konkretere Hilfe in Aussicht stellen, um diesen Ländern bei Ausfällen von Militär- oder Entwicklungshilfe zur Seite stehen zu können.
Norm research has struggled to leave behind its liberal progressive perspective on norms. It has turned its attention towards contestation and norms erosion. Still, in a number of studies contestation is not merely an analytic concept but a normative concept as well, describing a problematic development of norms. Plainly, contestation is often seen as a form of political backlash. This is problematic because the bulk of normative change proceeds in the form of contestation, so we need to be able to distinguish the two. Studying the recurring and radicalising contestation of the International Criminal Court, this article demonstrates the intimate relationship between contestation and backlash. It argues that while backlash might be fruitfully applied to the study of norm contestation, its added value for norms research is linked to the normative connotation of regressive politics, that is, a 'thick' concept of backlash.
Recurring contestation of the application of the Responsibility to Protect ( R2P ) in conflict situations has given rise to assessments that portray R2P as not a norm at all, but rather a norm-to-be or one in decay. This article aims to show that norms do not lose their validity because they are contested. All norms rely on applicatory discourses to establish their appropriateness for given situations. Contestation regarding their application can even strengthen norms when it provokes learning processes. Norm validity is at risk if contestation radicalises, that is, turns into norm justification. As yet there are only few signs of radicalisation of the contestation of R2P .
Nicole Deitelhoff hat seit 2009 eine Professur für Internationale Beziehungen und Theorien Globaler Ordnungen an der Goethe-Universität Frankfurt inne. Sie ist Mitglied des Direktoriums des Frankfurter Exzellenzclusters "Die Herausbildung normativer Ordnungen" an der Goethe-Universität und Geschäftsführende Direktorin des Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedensund Konfliktforschung (HSFK). Sie ist u.a. Mitglied des Beirats für Fragen der Inneren Führung des Bundesministeriums für Verteidigung und Mitglied der Deutschen UNESCO-Kommission.