Gegenstand der Analyse ist die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus vom 10. März 1985. Einleitend wird der Wahltrend der letzten zweieinhalb Jahrzehnte skizziert. Die Wahlanalyse beginnt mit einer Beschreibung der Ausgangslage vor den Wahlen. Hieran schließt sich eine Beschreibung des Wahlkampfes an: Seit langem war kein Berliner Wahlkampf so inhaltsleer auf Machterhalt und Machtgewinn orientiert. Im dritten Abschnitt wird das Wahlergebnis analysiert und in Tabellen in die Reihe der Wahlen seit 1946 gestellt. Es folgt eine Untersuchung regionaler und sozialstruktureller Aspekte des Wahlergebnisses. Im fünften Abschnitt werden Regierungsbildung und Oppositionsformierung knapp skizziert. Abschließend werden die Ergebnisse der Analyse in zehn Thesen zusammengefaßt. Fazit: Insgesamt hat sich in West-Berlin - bei hohem Ausgangsniveau - die Mobilisierungs- und Integrationskapazität des Parteiensystems weiter abgeschwächt. (RW)
Die Bildung der sozialliberalen Regierung im Jahre 1969 war eine Konsequenz der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung seit der Großen Koalition im Jahre 1966. In diesem Beitrag wird untersucht, wie sich mit ihnen das Parteiensystem und die Verhältnisse der Parteien untereinander veränderten. Der Autor kommt zu dem Ergebnis, daß die sozialliberlae Koalition zerbrach, weil sich der neue Mittelstand in der FDP zur Sicherung seines Status mit ökonomischen Argumenten mit jener neoliberalen Unions-Tendenz verband, die ihr Hoffnungen machte, ihre rechtsstaatlich-liberale Traditionslinie in Teilen fortsetzen zu können. Aber sie zerbrach vor allem, weil die Sozialdemokratie sich ideologisch, programmatisch und politisch-praktisch so ausdifferenzierte, daß sie bewegungsunfähig wurde, was die neoliberalen Neigungen ihres Partners in der Koalition förderte. In der Krise scheiterte also vor allem die Sozialdemokratie, weil ihr ursprünglich sozialreformerisches Konzept inzwischen nicht mehr bündnisfähig war. (GF)
Die vorgezogenen Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus 1981 haben gezeigt, daß sich die Berliner Parteienverhältnisse nicht stabilisiert haben, wie nach der Wahl 1979 vermutet worden war. Der seit 1963 anhaltende negative Trend für die SPD setzte sich fort. In den SPD-Hochburgen nahmen die CDU, die Alternative Liste (AL) und die Gruppe der Nichtwähler zu. Die FDP verlor überall, besonders aber in den bürgerlichen Wohngebieten. Kreditvergabeskandal, Senatskrise und Unruhen im Zusammenhang mit zahlreichen Hausbesetzungen bilden den Hintergrund für die vorgezogenen Neuwahlen. Trotz der scheinbar hohen politischen Mobilisierung war die Wahlbeteiligung die niedrigste seit 1946. Die beiden Gewinner der Wahl - CDU und AL - haben in unterschiedlicher Weise profitiert. Die CDU gewann in bürgerlichen Gegenden und in Arbeitervierteln mit relativ intakten Wohn- und Umweltstrukturen. Die AL erzielte ihre besten Ergebnisse in den dichtbesiedelten, innerstädtischen Problemgebieten, in denen zugleich die Zahl der Nichtwähler besonders hoch war. (KA)
Die vorliegende Analyse der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus vom 18. März 1979 beginnt mit einer Beschreibung der Ausgangslage und des Wahlkampfes. Dabei werden die Veränderungen in der Berliner Parteienlandschaft seit den letzten Wahlen sowie die bestimmenden politischen Themen skizziert. Darüber hinaus wird auf die Personalveränderungen unter den Spitzenkandidaten eingegangen. Im weiteren erfolgt eine Analyse des Wahlergebnisses. Über die Beschreibung dieses Ergebnisses hinaus steht die Analyse des Wahlverhaltens im Mittelpunkt der Analyse. Stichworte dieser Analyse sind die Sozialstruktur von Wohngebieten, Alter und Geschlecht sowie Berufsgruppen und Parteipräferenz. Im vierten Abschnitt werden die Etappen der Regierungs- und Oppositionsbildung beschrieben. Der Beitrag endet mit einer Zusammenfassung, in der in zehn Punkten die wichtigsten Merkmale aufgelistet werden. (RW)
"Es wird die Beteiligung von Gewerkschaftsmitgliedern in Parteien, Kirchen und Vereinen dargestellt, um zu vermitteln, wo und auf welche Weise Gewerkschafter aktiv sind. D.h.: Es geht darum, den Bereich abzustecken, in dem Gewerkschafter Aktivitäten entwickeln, um so womöglich auch Erkenntnisse über die Bedeutung des DGB für seine Mitglieder zu gewinnen. Eine Ursache für diesen reduzierten Anspruch, der zudem nur unvollkommen eingelöst werden kann, liegt darin, daß zwar das Verhältnis der bundesdeutschen Bevölkerung, insbesondere aber das der Gewerkschafter zum DGB und seinen Einzelgewerkschaften regelmäßig untersucht wird, daß jedoch die Rolle des Gewerkschaftsmitgliedes in der Politik der Bundesrepublik nur in unzureichendem Maße zum Gegenstand sozialwissenschaftlicher Untersuchungen gemacht wurde. Ein wesentliches Ergebnis dieser Skizze der politisch-gesellschaftlichen Beteiligung von Gewerkschaftern ist, daß die Gewerkschaften für Lohnabhängige offenbar die einzige Organisation sind, von der sie erwarten können, daß die sonst üblichen Selektionsmechanismen nicht, zumindest aber reduzierter greifen. In Parteien dagegen, mehr noch in Vereinen und nahezu total in Kirchen, werden sie selbst dann, wenn sie einen relevanten Anteil an den Organisationsmitgliedern stellen, im Prozeß der politisch-personellen Willensbildung ausgefiltert. Und damit ist eine wesentliche Voraussetzung für die Durchsetzung ihrer Interessen nicht vorhanden." (Autorenreferat)
In: Schriften des Zentralinstituts für sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin; Parteiensystem in der Legitimationskrise, S. 229-274
In: Schriften des Zentralinstituts für sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin; Konfliktpotentiale und Konsensstrategien, S. 68-98
Gegenstand der Untersuchung ist die Frage, welche Faktoren zur Stabilität und Elastizität des politischen Systems in der Krise der achtziger Jahre beigetragen haben, wie sich Konsensfähigkeit und Konflikthaftigkeit in der bundesdeutschen Gesellschaft entwickelt haben und welche Legitimations- und Integrationsdefizite als Folge der Krise der achtziger Jahre sichtbar geworden sind. Im Mittelpunkt stehen hierbei die Fragen nach einer Flexibilisierung des Wahlverhaltens von Arbeitnehmern sowie nach dem Verhältnis von SPD und Gewerkschaftsbewegung in den letzten Jahren der sozialliberalen Koalition. Als zentrale Ursache für das Ausbleiben systembedrohender Konflikte im politischen Bereich wird der Grundkonsens der etablierten Parteien in wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen herausgearbeitet. Der Einbruch der SPD bei den Arbeitnehmern zwischen 1980 und 1982 stellt lediglich einen vorübergehenden Loyalitätsentzug im Rahmen von nach wie vor auf hohem Niveau bestehenden Milieu- und Klientelbeziehungen zwischen Arbeitnehmern und Sozialdemokratie dar. (ICE2)
Die ersten beiden Teile dieses Artikels erschienen in PROKLA 25 und 26 ( 1976/77) anläßlich der Bundestagswahl 1976. Das war vor acht Jahren. Die Begeisterung für die marxistische politische Ökonomie hatte sichtlich nachgelassen, und die intellektuelle marxistische Linke schlitterte gerade in ihre Identitätskrise (»Krise des Marxismus«). Vorangegangen war eine jahrelange Staatsdiskussion, die sich auf hohem Niveau und fernab jedes konkreten Praxisbezugs damit beschäftigte, die Rolle und die Notwendigkeit des bürgerlichen Staates begrifflich schlüssig aus der kapitalistischen Produktionsweise zu erklären (abzuleiten). Dem lag die Überzeugung zugrunde, daß in kapitalistischen Gesellschaften alle ökonomisch-sozialen, politisch-rechtlichen und ideologisch-kulturellen Erscheinungen einen einheitlichen, auf die Reproduktion des Kapitalismus funktional bezogenen Wirkungszusammenhang darstellten, und daß sich folglich ökonomische Krisen auf die gesellschaftliche Ordnung insgesamt auswirkten. So war es selbstverständlich, die Existenzbedingungen der politischen Institutionen und Vorgänge aus der kapitalistischen Ökonomie heraus zu begründen. Dies galt auch für die politischen Parteien.
Im ersten Teil des Aufsatzes haben wir dargestellt, daß das Parteiensystem der Bundesrepublik bis zum Ende der fünfziger Jahre durch einen Blockgegensatz zwischen bürgerlichenParteien(CDU/CSU, FDP, DP und teilweise BHE (2)) einerseits und Sozialdemokratie andererseits geprägt war. Die politische Macht im Staat der Bundesrepublik lag in den Händen des zunehmend von den Unionsparteien dominierten Bürgerblocks. Die außerordentliche politische Stabilität des CDU-Staates zeigte sich im Zuwachs des Zweitstimmenanteils der Bürgerblock-Parteien bei den Bundestagswahlen zwischen 1949 und 1957 von 46,9 % auf 60,7 % und in der Stagnation der Sozialdemokratie bei der 30 %-Marke. Diese Stabilität basierte auf einem breiten bürgerlich-antisozialistischen respektive -antikommunistischen Intraklassenkonsens, der sowohl die Legitimationsbasis für die autoritäre Kanzler-Demokratie bildete als auch die Wählerbasis des Bürgerblocks gegenüber der der Sozialdemokratie isolierte: Zwischen 1949 und 1957 fanden weder Wählerbewegungen zwischen beiden Blöcken statt, noch konnte die SPD ihre Massenbasis verbreitern.
Die Analyse der Klassenbewegung in der Bundesrepublik und die Strategiedebatte der Linken orientiert sich in erster Linie, und das gilt insbesondere für die Prokla, an den veränderten Akkumulationsbedingungen des Kapitals und deren Folgen für die Lage der Arbeiterklasse. Dabei wird angenommen, die Notwendigkeit, die Ausbeutungsrate zu erhöhen, führe zu einer Verschärfung der Klassenkämpfe. Als Belege dieser Annahme dienen etwa die Streiks der Jahre 1969, 1971, 1974 und zuletzt der Druckerstreik dieses Jahres.Eine analytische und strategische Orientierung an ausschließlich ökonomischen Entwicklungstendenzen verleitet möglicherweise zu vorschnellen und ungerechtfertigt optimistischen Einschätzungen der politischen Stoßrichtung akuter oder prognostizierter Klassenauseinandersetzungen. Dieser Optimismus ( 1) dominierte immer dann, wen.n in der Diskussion die politische Ebene der Auseinandersetzungen ausgespart wurde, wenn die Möglichkeit außer Betracht blieb, daß ökonomische Krisenerscheinungen vorübergehend und gar für längere Zeit politisch aufgefangen werden können, daß eine ökonomische Krise nicht zwangsläufig zur politischen Krise führen muß. In diesem Sinne scheint uns das Verhältnis von ökonomischer und politischer Krise innerhalb der westdeutschen Linken - gerade angesichts der Diskussion im übrigen Westeuropa und insbesondere in Italien - noch zu wenig thematisiert zu sein.