In: Journal of European integration history: Revue d'histoire de l'intégration européenne = Zeitschrift für Geschichte der europäischen Integration, Band 10, Heft 1, S. 5-28
In der Geschichte der amerikanischen Bemühungen um einen organisierten Frieden nimmt Präsident Woodrow Wilson eine Schlüsselstellung ein. Er entwickelte sein Friedenskonzept noch in den Jahren der amerikanischen Neutralität im Ersten Weltkrieg, weil ihn das zerstörerische Potential dieses technisierten Totalkrieges von der Notwendigkeit überzeugte, den Frieden künftig auf ein dauerhafteres Fundament zu stellen, als dies bei früheren Friedensschlüssen gelungen war. Im vorliegenden Beitrag werden Wilsons Vorstellungen von einem organisierten Dauerfrieden und einer "neuen Weltordnung" sowie ihre praktische Tragweite und Bewährung beim Versailler Friedensschluss mit Deutschland erörtert. Dabei wird zunächst nach der Konzeption selbst gefragt, um anschließend zu untersuchen, welchen Beitrag Wilson zum Versailler Vertrag mit Deutschland geleistet hat und inwieweit jener Frieden als ein organisierter Frieden des Rechts und damit als Gegenbild zu einem Gewaltfrieden gelten kann, der lediglich auf dem Recht des Stärkeren beruht. Es werden ferner die Gründe erörtert, aus denen Wilson für das bekannte Scheitern der Versailler Friedensordnung verantwortlich gemacht wurde. (ICI2)
William R. Smyser, From Yalta to Berlin. The Cold War Struggle over Germany. Foreword by Paul H. Nitze (New York: St. Martin's Press, 1999), 465 pp., $39.95. SBN 0-312-06605-8.Hanns Jürgen Küsters, Der Integrationsfriede. Viermächteverhandlungen über die Friedensregelung mit Deutschland 1945–1990. (Munich: R. Oldenbourg, 2000), 1,026 pp., €64.80, ISBN 3-486-56500-1.
Der Autor geht in seinem Beitrag der Frage nach, inwieweit der Erste Weltkrieg in die Vorgeschichte des Holocaust einzuordnen ist. Er stellt dazu "die Behandlung der deutschen Juden und ihre Einstellung in Deutschland selbst" dar und geht dann auf die amtliche deutsche Außenpolitik, soweit sie Fragen der "Judenheit" in Osteuropa und im Nahen Osten betraf, ein. Der Autor kommt zu dem Ergebnis, daß die deutsche Außenpolitik in der Judenfrage ihren jeweils eigenen Interessen folgte, zeitweilig die jüdischen Anliegen förderte, zeitweilig sich gegen jüdische Interessen aussprach. Zwar stellt er fest, daß sich die Regierung und Militärdienststellen in der zweiten Kriegshälfte antisemitischen Einflüssen aus bürgerlichen Volksschichten öffneten, jedoch hätten "die deutschen Weltkriegsregierungen, aufs Ganze gesehen, antisemitischen Einflüssen in der deutschen Innenpolitik widerstanden und... in der Außenpolitik eine insgesamt judenfreundliche Haltung bewahrt". Er resümiert, daß Hitlers später ausgegriffene Vorstellungen bezüglich der Judenfrage nicht der amtlichen Politik folgten, daß aber die Frage offenbleiben muß, ob sich die amtliche deutsche Politik im Falle eines deutschen Sieges "von dieser rechtsradikal-antisemitischen Strömung hätte freihalten können". (AG)