Sozialistische Zentralplanwirtschaft in der SBZ-DDR: Ergebnisse eines ordnungspolitischen Experiments (1945 - 1989)
In: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte
In: Beihefte 143
enth.
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In: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte
In: Beihefte 143
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Oskar Schwarzer beschäftigt sich im Rahmen seiner Untersuchung "Sozialistische Zentralplanwirtschaft in der SBZ/DDR. Ergebnisse eines ordnungspolitischen Experiments (1945-1989)" (Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 1999) in einem letzten Abschnitt gesondert mit dem Lebensstandard und der Eigentums- und Vermögensstruktur in der DDR. Die stetige Steigung des Lebensniveaus war ein erklärtes ideologisches Ziel der SED, zum einen, um die Legitimation der Parteiherrschaft zu erhöhen, und zum anderen, um soziale Unruhen zu verhindern. Dabei erreichte die DDR-Bevölkerung 1989 etwa den Stand des westdeutschen Niveaus von Anfang der 70er Jahre. Trotzdem war der Lebensstandard im Vergleich zur Produktivität in der DDR zu hoch. Das private Eigentum spielte in der DDR kaum eine Rolle. Es gab keinen Anreiz, Grund und Boden zu besitzen. "Das gesellschaftliche Volkseigentum war- ideologisch bedingt – die dominante Form des Eigentums" (Schwarzer, a.a.O., S. 186) stellt Schwarzer fest. "Insgesamt hatte das Sparvermögen in der DDR stets einen Anteil von mehr als 80% am gesamten Geldvermögen der DDR" (Schwarzer, a.a.O., S. 190).
Die Analyse des Lebensstandards ist nach Oskar Schwarzer nur in vergleichender Perspektive sinnvoll Üblicherweise wird die Analyse auf der Ebene von Haushalten durchgeführt.
"Der Begriff 'Lebensstandard' wird hier eine zweifacher Bedeutung zugewiesen: einmal als volkswirtschaftliche Größe (als volkswirtschaftliche Größe wird Lebensstandard durch das je Einwohner erwirtschaftete Bruttosozialprodukt ausgedrückt) und zum anderen als Lebenshaltung der einzelnen Haushalte. Da die Kapitalbildung, d.h. das Ergebnis der Spar- und Investitionsprozesses, ein sehr wichtiger Faktor der Wohlstandsentwicklung ist, muss auch die Fähigkeit und Art der Vermögensbildung als verbindender Faktor im Zeitablauf Berücksichtigung finden" (Schwarzer, a.a.O., S. 169). Die Studie von Oskar Schwarzer berücksichtigt neben der Einnahmen- und Ausgabenrechnung privater Haushalte die Sparquoten und die Verschiebung des privaten in den staatlichen Sektor (Anteil der Eigentumsformen am Nettoprodukt der Wirtschaftsbereiche). Die Entwicklung einiger Indikatoren des Lebensstandards (Wohnungsversorgung, Ausstattungsbestand der Haushalte mit langlebigen technischen Konsumgütern in der SBZ/DDR) werden exemplarisch in Übersichten dargestellt.
Datentabellen in HISTAT:
01. Durchschnittslöhne und Lebenshaltungskosten in Ost- und Westdeutschland (1938-1989)
02. Kaufkraftbereinigte Nettodurchschnittseinkommen der Arbeiter- und Angestelltenhaushalte der DDR in Relation zu denen der Bundesrepublik (1950-1988)
03. Anteil der Eigentumsformen am Nettoprodukt der Wirtschaftsbereiche (1950-1988)
04. Ausstattungsbestand der Haushalte in der DDR mit langlebigen technischen Konsumgütern (1955-1989)
05. Entwicklung der Wohnungsversorgung in der SBZ/DDR und in der Bundesrepublik, Wohnungseinheiten (WEH) (1939-1989)
06a. DDR/NBL: Struktur der Haushaltsausgaben nach Haushaltstypen, in Mark/DM (1949-1992)
06b. BRD/ABL: Struktur der Haushaltsausgaben nach Haushaltstypen, in DM (1950-1992)
07. Sparquoten in der Bundesrepublik und der DDR (1950-1989)
GESIS
Oskar Schwarzer konstatiert in der Einleitung seiner Studie: "Vergegenwärtigt man sich die Situation in den Jahren nach 1889/90, so wird deutlich, dass die Kenntnisse über die reale wirtschaftliche Situation in der DDR zuvor unzureichend waren … Die wesentliche Variable dabei war die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der DDR, die überschätzt worden war" (Schwarzer, O., a.a.O., S. 1). Zentrales Thema seiner Publikation ist die Verortung der DDR-Wirtschaft im innerdeutschen Vergleich. Die bis 1989 erschienenen Publikationen sind aus verschiedenen Gründen unvollständig: Für westdeutsche, westeuropäische und amerikanische Wissenschaftler stellte sich bis 1989 im hohen Maße das Problem der ungünstigen Quellenlage, da das Material aus der DDR nur schwer oder gar nicht zugänglich war. DDR - Wissenschaftler standen hingegen unter dem Druck der offiziellen Parteilinie der SED. Diese Situation nahm Oskar Schwarzer zum Anlass, sich eingehender mit der DDR-Wirtschaft zu beschäftigen. Welchen wirtschaftlichen Leistungsstand hatte die DDR während ihrer Existenz tatsächlich? Warum konnte der Staat im internationalen Vergleich nicht mithalten?
Oskar Schwarzer beginnt mit der Beschreibung der sozialistischen Umgestaltung in der SBZ/DDR nach 1945 und deren Auswirkungen. Die Verhältnisse in der Sowjetunion waren Vorbild für die Systemänderung in der SBZ, da die Sowjetunion "als richtungsweisender Staat im Ostblock, als Modell und als Schutzschild die Entwicklung maßgeblich mitbestimmte" (Schwarzer, O., a.a.O., S. 11). Nach der Darstellung der sozialistischen Umgestaltung, die noch 1945 einsetzte, und ihren Auswirkungen folgt eine kurze, vergleichende Skizze der Wettbewerbsfähigkeit der beiden deutschen Staaten im internationalen Vergleich und eine Analyse des Humankapitalbestandes der DDR.
In einem weiteren Kapitel führt Oskar Schwarzer eine Effizienz-Analyse der DDR-Wirtschaft durch. Dabei geht er auf das Wachstum der Gesamtwirtschaft, Investitionen, Außenhandel, Subventionen und die Verschuldung der DDR ein. Ein Problem stellt die Vergleichbarkeit der Währung und der Preise der DDR zu nichtsozialistischen Staaten dar. "Die über das Kriegsende hinaus weiterführende Abschottung gegenüber den Weltmärkten durch Außenhandels- und Valutamonopol, die Abschaffung der Gewerbefreiheit und die Nivellierung der Einkommen auf relativ niedrigen Niveau mit der Folge, daß die Leistungsmotivation der ökonomisch aktiven Bevölkerung sank, verhinderte in der DDR einen vergleichbaren Wiederaufbau wie im Westen" (Schwarzer, O., a.a.O., S. 223) so faßt Oskar Schwarzer das Ursachenbündel für die Ineffizienz der DDR-Wirtschaft zusammen. Hinzu kamen, dass erhebliche Teile des Volkseinkommens und des Volksvermögens zu Machtsicherungszwecken eingesetzt wurden. Im Ergebnis lebte spätestens ab Mitte der 50er Jahre die DDR von der Hand in den Mund, hatte also keine Reserven mehr. "Der intervalutarische Produktivitätsvergleich erbrachte für die DDR 1989 eine Bandbreite von 14 bis 20% des bundesdeutschen Niveaus [...]. Dies entsprach etwa einem Produktivitätsstand wie ihn die Bundesrepublik vor 1950 oder Deutschland 1936 bzw. 1914 hatte" (Schwarzer, O., a.a.O., S. 217).
Oskar Schwarzer stellt seiner Untersuchung ein umfangreiches Quellensupplement zur Seite. Darin sind eine ausführlich Statistik des gesellschaftlichen Gesamtproduktes und des Nationaleinkommens der DDR von 1949 bis 1989 in Mark der DDR enthalten, Statistiken zum Umrechnungsverhältnis der Mark der DDR zu konvertiblen Währungen und zur "Leitwährung", "Statistischer Koeffizient" und zur Währungsstruktur im Außenhandel. Außerdem präsentiert Oskar Schwarzer Quellen aus dem Bundesarchiv Berlin und Quellen der Stiftung der Parteien und Massenorganisationen der ehemaligen DDR im Bundesarchiv - Zentrales Parteiarchiv der SED, Berlin.
Schwarzer beschäftigt sich zwar vordergründig nicht mit einer Rückrechnung des Bruttoinlandsprodukts der DDR für den Zeitraum 1950 bis 1989, aber mit einem wichtigen methodischen Problem in diesem Zusammenhang: der Umrechnung von Mark der DDR in DM. Er untersucht mögliche Varianten und Datenquellen für die Bildung eines einheitlichen Wechselkurssurrogats für die Umrechnung von Mark der DDR in DM. Diese Surrogate für einen einheitlichen Umrechnungskoeffizienten sollten an Stelle eines nicht existierenden Wechselkurses dazu dienen, dass zu DDR-Preisen ermittelte BIP von der Bewertung in Mark der DDR in DM umzurechnen und quasi den fehlenden Wechselkurs ersetzen. Schwarzer beschreibt mehrere zu nutzende Möglichkeiten für die Bildung von Surrogaten für einen nicht vorhandenen Wechselkurs: Terms of Trade - Index (Export-/Importpreise), Basis 1950; Rentenüberleitungs - Koeffizient (Kehrwert); Internes Umrechnungsverhältnis Valutamark zu DDR – Mark; Preisniveauvergleich Bundesrepublik/DDR (Basis 1936). Die Ursprungsquellen dieser Surrogate sind sehr unterschiedlich. Bei der Berechnung des Bruttoinlandsprodukt ging Schwarzer von Originalzahlen der SZS der DDR aus und rechnete diese zum BIP hoch. Die Umrechnung in der preislichen Bewertung von Mark der DDR in DM erfolgte dann mit Hilfe der genannten Wechselkurssurrogate.
Themen
Datentabellen im Recherche- und Downloadsystem HISTAT (Thema Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung):
Die Datentabellen sind nach folgenden Themen gegliedert:
A. Supplement 1: Statistik des Gesellschaftlichen Gesamtprodukts und des Nationaleinkommens der DDR 1949 bis 1989 in vergleichbaren Preisen (Angaben jeweils in Mio. Mark der DDR);
B. Supplement 1: Statistik des Gesellschaftlichen Gesamtprodukts und des Nationaleinkommens der DDR 1949 bis 1989 in jeweiligen Preisen (Angaben jeweils in Mio. Mark der DDR);
C. Supplement 2: Zum Umrechnungsverhältnis der Mark der DDR zu konvertiblen Währungen;
D. Supplement 3: Leitwährung, Statistischer Koeffizient, Währungsstruktur im Außenhandel;
E. - G. Ausgewählte Tabellen aus dem Textteil: Produktivitätsvergleich, Bevölkerung, Arbeitskräftepotential, Subventionen und Verschuldung, Intervalutarischer Produktivitätsvergleich.
GESIS
In: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte: Economic history yearbook, Band 36, Heft 2
ISSN: 2196-6842
In: Quellen und Forschungen zur historischen Statistik von Deutschland 11
In: Sozialwissenschaftliche Informationen: Sowi, Band 20, Heft 3, S. 172-178
ISSN: 0932-3244
In ihrem Aufsatz erläutern die Autoren die Entstehung von Grenzen als Ergebnis der geschichtlich gewachsenen Abgrenzung von Wirtschaftsräumen im Prozeß der europäischen Integration seit Ende des elften Jahrhunderts. Anschließend gehen die Verfasser auf den Zusammenhang zwischen Wirtschafts- und Kulturraumgrenzen ein und schätzen daraufhin die Wirkung politisch gesetzter Grenzen ab. Die verschiedenen Grenztypen (wirtschaftliche, kulturelle und politisch gesetzte Grenzen) werden im letzten Kapitel am Beispiel Deutschlands im 20. Jahrhundert in Europa identifiziert. Dabei kommen die Autoren zum Resultat, daß Grenzen in der Vergangenheit meist Wirtschafts- beziehungsweise Kulturraumgrenzen waren. Politisch gesetzte Grenzen ignorieren oft wirtschaftliche und kulturelle Zusammengehörigkeiten. "Das Ergebnis sind die derzeitigen Minderheitenprobleme in Europa, welche nach der Schwächung totalitärer Regime massiv ausbrechen." (ICC)
Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanzierten Projekte verfolgen insgesamt das Ziel, Datenhandbücher bereitzustellen, welche hinreichend flächendeckend die historischen Geld- und Währungsverhältnisse des jeweiligen Untersuchungszeitraumes in Form von Langzeitreihen abdecken. Die Erforschung der Geld- und Wechselkurse begann 1983 im Rahmen des Schwerpunktprogramms der DFG "Historische Statistik von Deutschland". Das Ergebnis waren zwei Publikationen zu den Geld- und Wechselkursen in Deutschland und im Ostseeraum (Schneider, J.; Schwarzer, O., (Hrsg.), 1990: Statistik der Geld- und Wechselkurse in Deutschland. Quellen u. Forsch. z. hist. Stat. v. Dtld. 11; St. Katharinen: Scripta Mercaturae und Schneider, J. Schwarzer, O. Schnelzer, P. (Hrsg.), 1993: Statistik der Geld- und Wechselkurse in Deutschland und im Ostseeraum (18. und 19. Jahrhundert). Quellen u. Forsch. z. hist. Stat. v. Dtld. 12; St. Katharinen: Scripta Mercaturae). Das Projekt wurde auf die übrigen Länder Europas, auf Amerika, Asien, Australien, Afrika und Dänemark ausgedehnt und die Resultate in den mehrbändigem Werk 'Währungen der Welt' veröffentlicht. Mit den Bänden I bis XI 'Währungen der Welt' sind die Bausteine auf dem Weg zur Erfassung der internationalen Beziehungen des Zahlungsverkehrs der sich entwickelnden Weltwirtschaft seit 1695 abgeschlossen. Sie sind ein Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte, welche flächendeckend die jeweilige Bedeutung der einzelnen Regionen der Erde berücksichtigt, wie sie sich durch die Entwicklung der Wechselkurse als brauchbarem Indikator für die internationale Kommunikation darstellen.
GESIS