Es wird die Wandlung von Inhalten, Stil und Adressaten konservativer Politik in der Spätphase des Kaiserreichs bis zum Kapp-Putsch beschrieben und der Stellenwert proto-faschistischer Bewegungen erörtert. Im Mittelpunkt steht die Deutsch-Konservative Partei und der Bund der Landwirte (BdL). Die Arbeit stützte sich u.a. auf Dokumente der Zentralen Staatsarchive der DDR sowie zeitgenössisches Pressematerial. Beschrieben wurden die nationalistisch-alldeutschen Verformungstendenzen im Konservatismus, die Verbindung mit einem in seiner Stoßrichtung veränderten Antisemitismus, das Aufleben des Anti-Gouvernementalismus, die Forderung nach Sammlung der nationalen Opposition, Gründung der Deutschen Vaterlandspartei und schließlich die parteipolitische Neuorientierung 1918, die zur Gründung der Deutschnationalen Volkspartei führte. Kennzeichnend für diese Entwicklung war die initiative Rolle des BdL. Die Vaterlandspartei interpretierte Stegmann insofern als Proto-Faschismus, als die NSDAP einzelne Formen ihres politischen Stils, ihrer Ideologie sowie ihrer machtpolitischen Programmatik in sich aufnahm, sie aber durch Einschmelzung neuer Versatzstücke und vollends durch die Instrumentalisierung antikapitalistischer, massenwirksamer Parolen veränderte, wohingegen die Vaterlandspartei, ungeachtet ihrer eigenen mittelständischen Basis, doch noch stärker dem Typus der Honoratiorenpolitik zuzurechnen blieb. (HRS)
Bei dem vorliegenden Beitrag handelt es sich um eine Replik im Rahmen einer wissenschaftlichen Kontroverse um das Verhältnis von Nationalsozialismus und Großindustrie vor 1933, die seit 1973 zwischen dem Autor und Henry A. Turner im Gange ist. Den Hintergrund bildet dabei die weltanschaulich begründete Diskussion der Historiographie um den Primat von Wirtschaft und Politik im Dritten Reich. Mit Hilfe der Forschungsergebnisse anderer Faschismushistoriographen versucht der Autor zunächst, seinem Kritiker Turner die Unhaltbarkeit von dessen Thesen nachzuweisen. Zum anderen versucht er unter Offenlegung seines eigenen Quellengebrauchs aufzuzeigen, daß Turner sich mit den inhaltlichen Positionen des Autors überhaupt nicht auseinandergesetzt hat. Turner habe sich darauf beschränkt, einen ihm unbequemen Forschungsansatz dadurch abzuqualifizieren, daß er Mißdeutung der Quellen und Sekundärliteratur sowie zu schmale Quellenbasis unterstellt habe. Nachdem er diese Kritik für in einzelnen Punkten gerechtfertigt erklärt hat, gelangt der Autor zu dem Resultat, daß die Strukturgeschichte der Endphase der Weimarer Republik der weiterführenden Analyse bedarf, ehe der spezifische Beitrag der Großindustrie und besonders der Schwerindustrie zum Prozeß der Machtergreifung genauer bestimmt ist. (SK)
Die Arbeit bemüht sich, am Beispiel der sozialökonomischen Option der deutschen Großunternehmer die gesellschaftlichen Hintergründe für den Aufstieg des Nationalsozialismus aufzuhellen. Dabei soll Geschichte als Sozialgeschichte, nicht als mit sozialen 'Fakten' verbrämte Geistesgeschichte interpretiert werden. Der Autor stützte sich auf Quellen aus dem Bundesarchiv Koblenz, dem Historischen Archiv der Gutehoffnungshütte, dem Deutschen Zentralarchiv Potsdam und dessen Abteilung Merseburg, sowie auf Akten des Internationalen Militärgerichtshofes Nürnberg. Zuerst wurden die Verbindungen zwischen der NSDAP und den überkommenen Machteliten, vor allem der nationalen Rechten in den zwanziger Jahren aufgezeigt. Im Mittelpunkt stand die politische Haltung der Großindustriellen (Ruhrindustrie) und die gegenseitigen Annährerungs- bzw. Beeinflussungsversuche von Großindustrie und NSDAP. In diesem Zusammenhang wurde ausführlich auf Entstehung und Aktivitäten der "Arbeitsstelle Schacht" und des "Keppler-Kreises" eingegangen: in ihnen war nicht nur die Keimzelle für wichtige Grundsatzentscheidungen nationalsozialistischer Wirtschaftspolitik zu suchen, sie entsprachen auch der seit 1931 praktizierten "Umarmungsstrategie" der konservativen Führungsschichten. (HRS)
Der Autor untersucht die Agitations- und Organisationsformen der konservativen Machteliten zwischen 1910 und 1918 und stellt ihre Verbindungslinien zur Entstehung der NSDAP heraus. Dargestellt werden die verschiedenen Organisationsgründungen seit den 70er Jahren wie z.B. der Centralverband Deutscher Industrieller und der Bund der Landwirte, der Radikalisierungsprozeß dieser von vorindustriell-ständisch-autoritären Leitbildern geprägten Verbände in den Jahren 1910 bis 1914 und schließlich die Gründung der präfaschistischen "Deutschen Vaterlandspartei" im Herbst 1917, die als Reaktion auf die Ankündigung der preußischen Wahlrechtsvorlage und der Friedensresolution des Reichstags erfolgte. Die Vaterlandspartei wurde von der Schwerindustrie finanziert und stellte den geglückten Versuch einer rechten Massenbewegung im Kaiserreich dar. Sie gliederte sich eine "Abteilung für Werbung und nationalpolitische Aufklärung der Arbeiter" an, mit der sie sich um die "nationale" Agitation unter den Arbeitern bemühte, mit dem Ziel auf manipulatorischem Wege von sozial und politisch emanzipatorischen Bewegungen abzulenken. Im Februar 1918 ging aus der Vaterlandspartei die alldeutsche, antisemitische, mittelständische und wirtschaftsfriedliche "Deutsche Arbeiter- und Angestellten-Partei" hervor, die eine "norddeutsche Variante" der späteren Deutschen Arbeiterpartei bzw. der frühen NSDAP bildete. (WJ)
Der vorliegende Beitrag unternimmt den Versuch, die Beziehung des mittelständischen Gewerbes zum Nationalsozialismus in einer begrenzten Region - dem Gau Ost-Hannover, speziell dem Stadt- und Landkreis Lüneburg - bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zu verfolgen. Als entscheidend für den Erfolg der NSDAP wird dabei die Krisensituation von 1929 angesehen. Weiter wird gefragt, ob und in welcher Weise das mittelständische Gewerbe gemäß den propagandistischen Erklärungen der Nationalsozialisten von der Wirtschaftspolitik nach 1933 begünstigt wurde. Die Quellenlage machte es erforderlich, die Untersuchung auf Handwerk und Kleinindustrie zu konzentrieren. (KF)
In: Industrielle Gesellschaft und politisches System : Beiträge zur politischen Sozialgeschichte ; Festschrift für Fritz Fischer zum siebzigsten Geburtstag, S. 297-313