Damit eine kritische Sozialwissenschaft ihrem emanzipatorischen Anspruch genügen kann, muß sie eine emanzipatorische Theorie entwickeln, die von den Beherrschten selbst als Ausdruck ihrer Situation und ihrer Wünsche anerkannt wird und Methoden finden, die dahin führen, daß die Beherrschten zu einer handlungsfähigen und veränderungswilligen Gruppe werden. Der Verf. diskutiert unter diesem Aspekt verschiedene Forschungsansätze und geht zunächst auf die nomologischen Sozial- und Verhaltenswissenschaften ein. Deren Theorien vergrößern die Verfügungsgewalt über Menschen, womit die Möglichkeit einer Herrschaft über Menschen steigt, da sie die soziale Wirklichkeit als eine sich ständig gesetzmäßig reproduzierende bzw. reproduzierbare Faktenwelt und nicht als theraphiebedürftige Welt menschlicher Handlungen thematisiert. Die Methoden einer nach sozialen Gesetzmäßigkeiten suchenden empirischen Sozialforschung müssen gewährleisten, daß die Versuchsperson aus der Forschungssituation in der gleichen Verfassung wieder entlassen werden, wie sie hereingekommen sind. Ein solches Wissenschaftsprogramm ist jedoch nicht realisierbar, da es an der Veränderung des Untersuchungsgegenstandes in der Untersuchung und an der Möglichkeit des Antwortens der Untersuchungsobjekte auf die Resultate der Untersuchung scheitert. Hierin liegt die Chance einer emanzipatorischen empirischen Sozialforschung, die solche Forschungsprozesse als Lernsituationen verstehen muß. Als Beispiel dafür stellt der Verf. die Methoden der Human-Relations-Bewegung und die der community-self-surveys dar, bei der die Erforschten am Forschungsprozeß selbst teilnehmen und sich dadurch verändern. (JM)
Die in der vorliegenden Arbeit dargestellten Berufswahltheorien gehen von der Unveränderbarkeit der Berufswelt aus, der sich das Individuum anpassen soll. Die klassische und die neotechnische Berufswahltheorie kann u.a. wegen ihrer problematischen Eignungs- und Neigungsbegriffe sowie ihrer einseitigen Interessenausrichtung der Komplexität der Berufswahl in der Industriegesellschaft nicht gerecht werden. Psychologische Theorien überbetonen persönliche Faktoren. Dieser Mangel wird in der allokationstheoretischen Berufswahltheorie überwinden. Für die abschließend in Ansätzen skizzierte emanzipatorische Berufswahltheorie enthalten entscheidungstheoretische und interaktionistische Theorien wichtige Grundlagen. Die sich an die vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut des DGB entworfene arbeitsorientierte Einzelwirtschaftslehre anlehnende emanzipatorische Berufswahltheorie geht davon aus, daß die Arbeits- und Berufswelt im Interesse der Berufswählenden und der lohnabhängig Arbeitenden verändert werden muß. (JM2)
Die Darstellung verschiedener Theorien der Berufswahl zeigt, daß die herrschenden Theorien von einer Konzeption ausgehen, nach der die Struktur der Berufswelt als gegeben angesehen wrd, sich demnach das Individium, das einen Beruf sucht, sich diesen Strukturen anpassen muß. Die emanzipatorischen Berufswahltheorie beschreibt nicht lediglich vorgegebene Strukturen- und betrachtet diese damit impliziert als unveränderbar-, sondern zeigt Wege und Handlungsweisen auf, wie bestehende Strukturen im Interesse benachteiligter Gruppen verändert werden können. Sie lehnt sich an die vom Sozialwissenschaftlichen Institut. (WSI) des DGB erarbeiteten arbeitsorientierten Einzelwirtschaftslehre an, die die Durchsetzung der Interessen der abhängig Beschäftigten in den verschiedenen Gesellschaftsbereichen zum Ziel hat. Unter den gesamtwirtschtlichen Rahmenbedingungen muß die Annahme, daß die Berufs- und Arbeitswelt durch die in ihr arbeitenden Personen entscheidend verändert werden kann, als 'Realutopie' angesehen werden, die jedoch zur Orientierung des persönlichen und des gewerkschaftlichen Handels eine wichtige Funktion hat. (IAB)
"Auf der Basis von Funktion und Problematik der traditionellen Arbeitszeitstrukturen einschließlich der vorhandenen Teilzeitarbeit werden Ansätze für eine offensive gewerkschaftliche Strategie zur Gestaltung und Steuerung der Teilzeitarbeit und zur Überwindung dieses Beschäftigungsverhältnisses als Rationalisierungs- und Marginalisierungsinstrument entwickelt. Ausgangspunkt der Überlegungen ist der Widerspruch zwischen dem theoretisch abzuleitenden, emanzipatorischen Bedarf an Teilzeitarbeit und der empirisch festzustellenden, diskriminierenden Realität dieses Beschäftigungsverhältnisses. Dieser Widerspruch kann nur überwunden werden in einer umfassenden gewerkschaftlichen Arbeitszeitpolitik, deren erste Priorität die kollektiv-verträgliche einheitliche Arbeitszeitverkürzung ist; sie muß aber auch gleichzeitig denjenigen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen einen Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit einräumen, für die die einheitliche Arbeitzeitnorm im Erwerbsbereich objektiv diskriminierende Wirkungen hat." (Autorenreferat)
"'Emanzipatorische Kunsttherapie' hat zum Ziel, die Betroffenen zu bemächtigen, ihnen kreative Mittel an die Hand zu geben, die eigenen Ressourcen zu entdecken. Anhand einer Fallgeschichte einer alkoholabhängigen Frau wird durch biographische Daten belegt, wie soziale Anpassungsleistungen und andere Bewältigungsversuche den Weg in den Alkoholabusus bestimmten. Anhand der Bilder, die in der Kunsttherapie entstanden sind, werden die therapeutischen Fortschritte sichtbar. Eine unsichere Perspektive hinterläßt diese klinische Arbeit, solange nicht im ambulanten Bereich eine frauenspezifische, kreative Arbeit fortgesetzt werden kann. Frauen brauchen Freiräume, um ihre destruktiven Bewältigungsversuche hinter sich zu lassen und neue, emanzipative Schritte zu wagen." (Autorenreferat)
"Anlass für die aktuelle Aufmerksamkeit, die Familie und Familienpolitik erfahren, ist vor allem, dass die Konsequenzen des demografischen Wandels realisiert werden. Demgegenüber findet die Gleichstellungspolitik derzeit wenig Beachtung. Der Siebte Familienbericht der Bundesregierung versucht erstmals, diese beiden Politikbereiche systematisch miteinander zu verbinden. Er argumentiert, dass das Modernisierungsdefizit der Familienpolitik in Deutschland fatale Folgen habe. Die Beibehaltung traditionell gerahmter Geschlechterverhältnisse führe bei sich gleichzeitig verändernden gesellschaftlichen Bedingungen zu erheblichen Problemen im Familienleben und verhindere nicht zuletzt auch die Realisierung von Kinderwünschen. Deswegen fokussiert der Bericht auf die Umsetzung des Zweiverdienermodells, das Fürsorge im Lebenslauf für beide Geschlechter einschließt. Die Operationalisierbarkeit dieses Modells wird in verschiedenen Szenarien durchgespielt. Gleichwohl haben die hier sichtbaren emanzipatorischen Ansätze der Familienpolitik auch Grenzen und machen eine eigenständige Gleichstellungspolitik nicht überflüssig." (Autorenreferat)
Psychosomatische Medizin als akademische Disziplin hat in den vergangenen Jahrzehnten eine ambivalente Entwicklung durchlaufen: Sie erlebte einen erfolgreichen Institutionalisierungs- und Professionalisierungsprozess, währenddessen verblassten allerdings die ursprünglich entscheidenden Fragen nach dem Zusammenhang von psychischen Konflikten und körperlichen Krankheiten an der Schnittstelle von Körper, Psyche und Gesellschaft, während der Bedarf nach psychosomatischen Behandlungsmethoden stetig steigt. Im vorliegenden Beitrag wird diese Entwicklung nachgezeichnet und der entsprechende Diskurs in der Zeitschrift für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie diskutiert.
Der Autor versteht den Begriff der emanzipatorischen Telekommunikation als 'aktive und passive Nutzung elektronischer Medien ... zum Zwecke einer allseitigen Ausweitung von Selbstbestimmung und Partizipation' bzw Verminderung von Fremdbestimmung und ungleichen Lebenschancen. 'Wegen der Abhängigkeit der technologischen Entwicklung von politischen und ökonomischen Interessen hält er eine demokratische Verfassung als Rahmen für die Nutzung neuer elektronischer Medien für notwendig. Ihre Einführung stellt er aus ökonomischen Gründen als unumgänglich dar und beschreibt mögliche Folgen für die Wirtschaft. Er zeigt verschiedene technologische Möglichkeiten und deren Realisierbarkeit auf und vertritt die Meinung, daß sie unter gegebenen Voraussetzungen keine erhöhte emanzipatorische Kommunikation bedeuten, wenn man darunter 'die Transformation kommunikativer Prozesse ... in ein Mehr an demokratischer Teilhabe und sozialen Chancen' versteht. Genauer erläutert er diese Vermutung am Beispiel des Kabelfernsehens unter Berücksichtigung der Auswirkung privater Medien und öffentlicher Monopole. Er fordert gesetzliche Regelung der Verwendungsmöglichkeiten von Breitbandsystemen für Private und für den Staat. Abschließend stellt er fest, daß emanzipatorische Kommunikation nur zustandekommen könnte, wenn sich der Zuschauer von der Konsumentenrolle löst und zur aktiven Kommunikation mit anderen Teilnehmern zur Selbsthilfe bei alltäglichen Anforderungen übergeht oder an der Programmkonzeption beteiligt wird und es nicht zu finanziellen oder kooperationsmäßigen Hindernissen in Bezug auf die Presse kommt sowie demokratische Beeinflussung stattfindet. (HD)
Die sachorientierten Politik-Unterrichtsmodelle, die auf Vermittlung von Fachwissen abzielen, kontroverse Diskussionen weitgehend ausklammern und das Bild einer homogenen Politikwissenschaft vorspiegeln, werden unter dem Einfluß der Curriculumtheorie von lernzielorientierten Modellen abgelöst. Aber selbst bei emanzipatorischen Zielsetzungen verhindern "das Theoriedefizit der kritischen Politikdidaktik bezüglich des Entwurfs emanzipatorischer Lernstrategien und die ersatzweise unkritische Adaption nur relativ fortschrittlicher Modelle die Realisierung der die Didaktik leitenden Interessen". Die mangelnde Praktikabilität der meisten vorstrukturierten Unterrichtsmodelle kann nur aufgehoben und das Ziel praktizierter demokratischer Erziehung nur erreicht werden, wenn die Lehrer in die Ausarbeitung der Curricula einbezogen und den Schülern reale Selbst- und Mitbestimmungsmöglichkeiten eingeräumt werden, so daß an derem artikulierten Bedürfnissen und über die Weckung ihres emanzipatorischen Interesses der Politikunterricht ansetzen kann. Im Gegensatz zu geschlossenen Curricula, die nach hierarchischen Prinzipien strukturiert sind, bieten sich für einen solchen Unterricht offene Currucila an, die auf eine frühzeitige Festlegung der Lernsituation und der Art der Nutzung von Lernmaterialien verzichten, durch die grundsätzliche Unabgeschlossenheit der Lernprozesse die Fremdbestimmungen auf ein notwendiges und erträgliches Maß reduzieren und die Rolle des Lehrers auf die eines Moderators, Informators und Beraters beschränken. Versuche mit offenen Curricula gibt es sporadisch als Einzelversuche. Eine Sammlung, Koordination und Auswertung wäre nötig, um die Aufhebung der Trennung von Erkenntnisfortschritt und praktischer Veränderung im Politikunterricht voranzutreiben. (HM)
Street newspapers belong to one of the most prominent innovations regarding the politics of poverty. The stigmatism & mistrust associated with poverty & those who accept aid has real social consequences & can result in feelings of shame, depression, & withdrawal from society, & thus can be seen to infringe on the social rights of the poor. Three different approaches have been hypothesized for the improvement of social rights; the development of social movements, the portrayal of the suffering of others to the nonsuffering in order to effect change in the social framework, & the expansion of solidarity through portrayal of the similarities between the suffering & nonsuffering. The role & effect of six street newspaper projects in Germany are discussed, & while the potential exists for these papers to support the broadening of social rights for the poor, they accomplish this on only a very limited scale. No enduring mobilization can be expected from the newspapers as the other conditions for such a movement are missing. However, this medium is suited to establishing moral & political solidarity. 16 References. L. Kehl
"Die schon seit den 70ern zu beobachtenden Entwicklungen hin zur praktischen Philosophie und zur Ethik sind grundsätzlich begrüßenswerte Versuche, die gesellschaftspolitische Sterilität der akademischen Philosophie zu überwinden, gehen aber nicht weit genug. Zum einen wird die 'Ethik' als ein Spezialfach aus der Philosophie ausgesondert, zum anderen bleibt sie aber sowohl im Rahmen dieser Fachgebietsaufteilung als auch durch ihren Anspruch auf 'Wahrheit' dem traditionellen Ansatz der Philosophie verhaftet. Die Trennung zwischen einer theoretischen und praktischen Philosophie ist grundsätzlich aufzugeben, da alle Philosophie politisch ist." (Autorenreferat)