Nach Auffassung des Verfassers kann die Inhaltsanalyse einen Beitrag zur qualitativen psychologischen Forschung leisten. Die Inhaltsanalyse-live Methode, in der vom Material (Text) auf soziale Realität geschlossen wird - hat mit dem Niedergang des Behaviourismus in den Sozialwissenschaften an Bedeutung gewonnen. In der psychologischen Forschung führte sie eher ein Schattendasein, ihre Beschränkung auf eine rein qualitative Analyse scheint in eine Sackgasse geraten zu sein. Drei Grundtechniken einer qualitativen Inhaltsanalyse werden beschrieben - Zusammenfassung, Kontextanalyse, Strukturierung - und anhand von Ablaufmodellen erläutert. Anhand zweier Interviewausschnitte wird das Vorgehen der qualitativen Inhaltsangabe, in der auch quantitative Schritte eingebaut sein können, verdeutlicht.
Der Verfasser arbeitet zunächst die Grundgedanken eines inhaltsanalytischen Arbeitens mit Texten heraus. Er gibt einen Überblick über die Geschichte der Inhaltsanalyse als systematisches, regelgeleitetes Vorgehen, grenzt Grundbegriffe ab und stellt Verfahren der Inhaltsanalyse vor. Im folgenden werden drei Grundtechniken qualitativer Inhaltsanalyse beschrieben, die auf Grundformen des Interpretierens beruhen: die zusammenfassende qualitative Inhaltsanalyse (Abstraktion), die explizierende qualitative Inhaltsanalyse (unter Einbeziehung zusätzlichen Materials) und die strukturierende qualitative Inhaltsanalyse. Die qualitative Inhaltsanalyse wird sodann in den Kontext anderer textanalytischer Verfahren eingeordnet. Abschließend werden auf Möglichkeiten der Computerunterstützung bei der qualitativen Inhaltsanalyse hingewiesen. (ICE2)
Der Beitrag behandelt die Geschichte, gegenwärtige Situation sowie Methodologie des qualitativen Experiments. Als die große Zeit des qualitativen Experiments kann die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts gesehen werden, denn in dieser Zeit konstituierten sich die Würzburger Denkpsychologie und die Gestaltpsychologie durch den explorativen Gebrauch des Experiments. Als Beispiel gelten W. Köhlers Schimpansenexperimente, Wertheimers Experimente zur Scheinbewegung und Gedankenexperimente, sowie spätere Experimente zur Sozial- und Tierpsychologie. Anschließend an diese geschichtliche Darstellung der qualitativen Experimente analysiert der Beitrag die Methodologie am Beispiel von Köhlers Schimpansenexperimenten. Darauf aufbauend untersucht der Autor das Verhältnis von Experiment und Beobachtung, indem er zwischen einer aktiven und rezeptiven Herangehensweise des Forschers unterscheidet. Vor diesem Hintergrund geht der Beitrag auf die Grundregeln der explorativen qualitativen Sozialforschung ein, welche weitgehend mit Köhlers Vorgehen übereinstimmen. Abschließend stellt der Beitrag experimentelle Strategien dar und geht kurz auf alternative Formen des Experiments ein. Der Beitrag kommt zu dem Ergebnis, dass das explorative oder qualitative Experiment in der derzeitigen Forschungspraxis wenig genutzt wird, aber durch klassische Studien der deutschen Psychologie wichtige Möglichkeiten für Psychologen und Sozialwissenschaftler bietet, Sachverhalte in ihrem Arbeitsgebiet zu erkunden und aufzuklären. (ICG)
Im letzten Jahrzehnt wurden in en Sozialwissenschaften neue computergestützte Methoden zur Analyse qualitativer Daten entwickelt, die eine schnelle, zuverlässige und methodisch kontrollierte Auswertung ermöglichen. Basistechniken des analytischen Vorgehens sind die Segmentierung und Codierung von Textpassagen und darauf aufbauende Verfahren des Text-Retrievals. Die speziell für solche Analysen entwickelten EDV-Programme werden auch als QDA-Software bezeichnet (Qualitative Data Analysis). Heute offerieren diese Programme nicht nur die Basistechniken, sondern recht komplexe inhaltsanalytische Verfahren zur Suche nach dem gleichzeitigen Vorkommen von Kategorien oder der Nähe von Kategorien im Text. Die in den Daten vorhandenen Strukturen und Relationen lassen sich in Form visueller Repräsentationen darstellen. (orig.).
Der Artikel gibt einen Überblick über die bislang vorliegende qualitative Forschung zum freiwilligen bzw. bürgerschaftlichen Engagement im deutschsprachigen Raum. Zunächst beschäftigt sich der Artikel mit der Frage, worin das besondere Potenzial qualitativer Forschung im Bereich der Engagementforschung liegt. Anschließend werden verschiedene inhaltliche Bereiche in den Blick genommen: Forschung zum Motivwandel freiwilligen Engagements, informelles Lernen und Bildung sozialen Kapitals, qualitative Forschung zum bürgerschaftlichem Engagement in Ostdeutschland sowie bürgerschaftliches Engagement von Senioren. Abschließend widmet sich der Artikel Forschungsdesiderata. (ICB2)
Die Gliederung des Beitrags orientiert sich an Fragen, denen sich Sozialwissenschaftler stellen müssen, wenn sie abwägen, ob das Interview ein geeignetes Instrument im Rahmen eines geplanten Forschungsvorhabens darstellt. Thematisiert werden aber nicht nur die Voraussetzungen für den Einsatz des qualitativen Interviews in politikwissenschaftlichen Untersuchungen, sondern es geht auch um methodische Folgewirkungen sowie Chancen und Restriktionen bezogen auf Forschungsergebnisse. Der Schwerpunkt der Ausführungen liegt auf dem Einsatz des qualitativen Interviews, den Bedingungen für die Erhebung sowie den Maßstäben der Auswertung. Die Ausführungen zur qualitativen Systematik erfordern bezogen auf alle drei Aspekte - Konzeption, Erhebung, Auswertung - immer wieder eine Abgrenzung gegenüber quantitativen Untersuchungsdesigns. Im Aufbau dieses Beitrags werden daher zunächst quantitative und qualitative Interviewforschung hinsichtlich signifikanter Unterscheidungskriterien knapp umrissen. Dargestellt werden methodische Grundüberlegungen für das qualitative Interview sowie in darauf folgenden Schritten konkrete Durchführungsmodalitäten und Qualitätsstandards für die systematische empirische Verwendung des qualitativen Interviews. Im abschließenden Fazit werden die Anwendungsperspektiven des qualitativen Interviews sowohl bezogen auf erste Forschungsarbeiten im Graduierungsprozess als auch bezogen auf die politische Wissenschaft insgesamt resümiert. (ICA2)
"Netzwerkanalysen legen ihren Schwerpunkt auf die Betrachtung von Akteurskonstellationen, von denen in der Governance- und Policyforschung angenommen wird, dass sie für den politischen Prozess und die Ergebnisse von Politik wichtig sind. Als Metapher oder analytische Kategorie kennzeichnet der Begriff 'Netzwerke' das Phänomen, dass politische Prozesse nicht nur in den dafür explizit vorgesehenen Organisationen und Institutionen, sondern auch oft in zu ihnen quer liegenden (informellen) Netzwerken und/ oder Seilschaften stattfinden und die über die Grenzen des politisch-administrativen Systems hinaus gehen können. Ihnen wird daher ein eigenständiger Status als politikfeldrelevante Einheiten zugesprochen. Das Netzwerkkonzept ist vor allem deshalb attraktiv, weil es zwischen Mikro- und Makroebene angesiedelt ist und als relationale Perspektive einen Ansatz bietet, um den Mechanismen, Regeln und Bedingungen von politischen Prozessen auf die Spur zu kommen. Es eignet sich sowohl dazu, die Strukturbezogenheit der Individualebene zu beleuchten, als auch dazu, die in der Individualebene begründeten Erklärungspotenziale für die strukturelle Perspektive fruchtbar zu machen. Eine qualitative Netzwerkanalyse interessiert sich vor allem für die Entstehung, Stabilisierung und Transformation von politikfeldrelevanten Netzwerken. Andererseits kann sie insbesondere darüber Aufschluss geben, in welchem Verhältnis Netzwerke, Interaktionen und subjektive Bedeutungszuschreibungen stehen und welche Konsequenzen dies für die Formulierung von konkreten Policies hat. Sie unterscheidet sich damit von der quantitativen Netzwerkanalyse, die die Beziehungen zwischen den Netzwerkmitgliedern meist als Austauschbeziehungen konzipiert und vor allem die ressourcenförmige Ausstattung der Mitglieder der Netzwerke oder die Häufigkeit ihres Aufeinandertreffens in den Vordergrund stellt. Für die Auswertung der Daten steht der interpretativen Netzwerkanalyse prinzipiell die gesamte Palette der sinnverstehenden und -rekonstruierenden Methodiken zur Verfügung. Wie für die meisten qualitativen Verfahren gibt es hier kein festes Regelwerk, nach der die Datenanalyse abläuft. Der Begriff 'qualitative Netzwerkanalyse' ist daher als Überschrift zur Bündelung von verschiedenen methodischen Zugängen zu verstehen, die je nach Fragestellung variieren, aber alle dem interpretativen Paradigma zuzuordnen sind. Typische Fragen und Perspektiven, die den Forschungsprozess zu einem Ziel hin organisieren, sind Fragen nach der Inklusion/ Exklusion von Akteuren, nach der Dimensionalität der Beziehungen zwischen den Akteuren, auf denen die Netzwerke beruhen und schließlich Fragen nach den in den Netzwerken relevanten Deutungsmustern und daraus abzuleitenden Interaktionspotenzialen und -ergebnissen. Die grundlegende Vorstellung ist, dass Netzwerke als Individuen verbindende und so Handlung strukturierende Gebilde fungieren." (Autorenreferat)
Der Beitrag beschäftigt sich im Rahmen des Handbuchs zur Internationalen Politik mit den qualitativen Methoden. Einleitend skizziert der Beitrag den Diskurs um quantitative versus qualitative Methoden innerhalb der Disziplin der Internationalen Beziehungen sowie die Durchsetzung qualitativer Verfahren auch in der Politikwissenschaft in den 1970er Jahren. Im Anschluss daran beschreibt der Beitrag die methodische Entwicklung und geht auf die Merkmale und Vorzüge qualitativer Verfahren anhand von zwei ausgewählter Methoden ein: (1) Das qualitative Experteninterview - hier erläutert der Beitrag das Interview, die Auswertung, aber auch die Vorbereitung und Durchführung des Interviews. (2) Hier beschreibt der Beitrag die Methode der Diskursanalyse als hermeneutisches Verfahren, das sich auf die Interpretation von Texten konzentriert. Des Weiteren geht der Beitrag auf die kritische Diskursanalyse ein Die besonderen Vorzüge der jeweiligen Verfahren werden mit Akzenten im Gesamtthema "Internationale Beziehungen" verbunden. (ICB2)
Der Beitrag stellt die qualitative Inhaltsanalyse als eine grundlegende Methode der empirischen gesellschaftswissenschaftlichen Forschung vor. Dabei soll vor allem deutlich werden, was das Qualitative an der qualitativen Inhaltsanalyse ausmacht. Die unvermeidlichen Abgrenzungen zur quantitativen Analyse bleiben dabei weitgehend implizit. Als einleitende Definition wird vorgeschlagen: Von einer (wissenschaftlichen) Inhaltsanalyse lässt sich nur dann sprechen, wenn zumindest die folgenden minimalen Voraussetzungen erfüllt sind: (1) Gegenstand der Analyse ist ein Text oder eine Menge von Texten. (2) Dem Text (oder der Textmenge) wird zumindest ein Prädikat (eine Eigenschaft) zugeschrieben und dieses Prädikat bezieht sich wenigstens teilweise auf den Inhalt (oder die Inhalte) des Textes (oder der Textmenge). (3) Die Zuschreibung des Prädikates (oder der Prädikate) folgt methodisch expliziten oder explizierbaren Schritten. Am Beispiel der "Emser Depesche" von 1870 wirkt zeigt, wie Bismarck durch unscheinbare Änderungen von Texten erhebliche Wirkungen - den deutsch-französischen Krieg von 1870/71 - ausgelöst hat. Die Politikwissenschaft kann nun dieses Lehrbuchbeispiel aus ganz verschiedenen Blickwinkeln betrachten; aus der Perspektive dieser Darstellung lehrt es vor allem, warum die Insistenz der qualitativen Inhaltsanalyse auf der individuellen Bedeutungsgestalt von Texten nur eine Diplomaten wohlbekannte Tatsache methodisch diszipliniert. So gesehen ist die qualitative Inhaltsanalyse gerade für die Politikwissenschaft die Methode der Wahl, weil gerade sie über die Sprache der Diplomatie mit der Relevanz feinsinniger sprachlicher Konstrukte vertraut ist. (ICA2)
Die Möglichkeiten der qualitativen Marktforschung reichen weit über die gegenwärtige Praxis hinaus. Dass ihre Chancen nur zum kleinen Teil genutzt werden, liegt z.T. an den auftraggebenden Institutionen, die in der Privatwirtschaft unter Kosten- und Zeitdruck zur Standardisierung drängen und im akademischen Bereich den Mainstream als sicherer ansehen als das Explorieren und Experimentieren, z.T. aber auch an den Forschungstreibenden selbst, die sich den Anforderungen beugen und meinen, sich Extras und Grundlagenforschung nicht leisten zu können. Die qualitative Marktforschung ist jedoch durch Pionierarbeit entstanden, entgegen vieler Widerstände, in einer dialogischen Verschränkung von Praxis und Theorie, die aus der Praxis entsteht, wie es die klassischen psychologischen und sozialwissenschaftlichen Untersuchungen gezeigt haben, nur jetzt auf den alltäglichen Umgang von Menschen mit Waren, Dienstleistungen und Kommunikation angewendet werden. Es ist ein akademischer Fehler, die Empirie zugunsten theoretischer Spekulationen zu vernachlässigen, wie es ein Fehler der Empirie ist, nicht nach Struktur und Theorie in der Welt der Erscheinungen zu suchen. Dass durch die dialogische Verbindung beider Bereiche die eigentliche Aufgabe von Forschung, nämlich das Forschen als Herausfinden und Entdecken wieder stärker in den Blick gerät, ist ein Ansporn, den man auch von den klassischen Untersuchungen erhalten kann.
Der Beitrag widmet sich dem qualitativen Verfahren der Hermeneutik in den Sozialwissenschaften. Zunächst werden die Unterschiede zwischen Verstehen und Fremdverstehen in Alltag und Wissenschaft dargestellt, um schließlich auf die Besonderheiten des sozialwissenschaftlichen Verstehens einzugehen. "Sozialwissenschaftliches Verstehen soll dazu dienen, gesellschaftliche Wirklichkeit(en) angemessen und stimmig, zuverlässig, gültig und überprüfbar zu rekonstruieren. Sozialwissenschaftliches Verstehen zielt, anders als andere artifizielle Verstehensformen auf die Erkenntnis des Typischen, und zwar sowohl des typischen Handelns als auch des mit diesem zusammenhängenden typischen Wissens, wie schließlich auch des typischen alltäglichen Verstehens. (...) Das hier vorgestellte interpretative Vorgehen ist mithin ein Interaktionsverstehen in grundsätzlicher (zeitlicher) Distanz zum Interaktionsgeschehen selber. D. h., daß das Verstehen des Sozialwissenschaftlers sich nicht auf eine aktuelle, lebendige Umwelt, sondern auf das erfahrungsgesättigte und kompetente Imaginieren einer Mit- oder Vorwelt bezieht. Sein Verstehen geschieht in einer besonderen Einstellung, die sich einerseits auf die allgemeinen Bedingungen und Verfahren sowohl alltäglicher als auch wissenschaftlicher Auslegungen und andererseits auf 'alle Probleme der Vernunft - der Vernunft in allen ihren Sondergestalten richtet'. Das aber impliziert eine Einstellung des prinzipiellen Zweifels an sozialen Selbstverständlichkeiten, eine Einstellung, die man als ,methodischen Skeptizismus' oder, etwas pointiert, auch als 'künstliche Dummheit' bezeichnen könnte. Die herkömmliche sozialwissenschaftliche Forschungspraxis klärt hingegen nicht, zumindest nicht genügend, wie ihr Wissen und Erkenntnis über die Lebenswelt des Anderen überhaupt möglich ist. Die herkömmliche Forschungspraxis setzt vielmehr ihre Gegenstände, ohne Rechenschaft darüber zu geben, wie sie sich konstituieren. Sie perpetuiert somit unreflektiert den 'gesunden Menschenverstand' des Alltags im sogenannten 'Fachverstand' der Sozialwissenschaften. Der Unterschied zwischen 'verstehenden' und 'nichtverstehenden' Verfahren besteht demnach also keineswegs darin, daß es die letzteren mit 'nackten Tatsachen' zu tun hätten, sondern eher darin, wie reflektiert bzw. unreflektiert von Beginn an die einzelnen Deutungsschritte absolviert werden." (FR2)
Der vorliegende Beitrag skizziert den Prozess qualitativer Forschung. Dabei werden die in den einzelnen Schritten anstehenden Entscheidungsnotwendigkeiten und -möglichkeiten mit den jeweiligen möglichen Alternativen idealtypisch in folgenden Stationen nachgezeichnet: (1) der qualitative Forschungsprozess als Abfolge von Entscheidungen; (2) theoretische Vorannahmen und Untersuchungsgegenstand; (3) Entscheidung für die Fragestellung und ihre Eingrenzung; (4) Annäherung an das Forschungsfeld; (5) Entscheidung für die Methode(n) der Datensammlung; (6) Fixierung der Daten; (7) Interpretation von Daten; (8) Geltungsbegründung, Verallgemeinerung und Darstellung; (9) Forschung als sozialer und kommunikativer Prozess. Eine zweite Funktion dieses Kapitels ist die systematische Vorbereitung der Einzeldarstellungen unterschiedlicher Methoden in Kapitel sechs des Buches "Handbuch qualitative Sozialforschung. Grundlagen, Konzepte, Methoden und Anwendungen" (Flick, u.a., 1991). Damit die Darstellung nicht zu abstrakt-methodologisch gerät, wird das Beispiel einer Untersuchung zu subjektiven Vertrauenstheorien von Beratern aus sozialpsychiatrischen Diensten (Flick, 1989) zur Veranschaulichung herangezogen. (ICD2)