Soziologie im Zwielicht: ostdeutsche Soziologie nach 1945
In: Wissenschaft im geteilten Deutschland: Restauration oder Neubeginn nach 1945?, S. 45-56
Der Verfasser berichtet im vorliegenden Aufsatz über die Entwicklung der ostdeutschen Soziologie in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg. Dem Autor zufolge wurden seit 1945 zunächst vier Soziologierichtungen wirksam: eine Strömung, die dort und auf die Weise ungebrochen fortzusetzen forderte, wo man 1933 aufhören mußte; eine erklärt antifaschistische Richtung sozialwissenschaftlicher Aktivitäten; eine dritte, unmittelbar auf soziologische Perspektive zielende und auf Veröffentlichungen gerichtete Strömung; viertens die marxistisch bestimmte Sozialwissenschaft, aus der sich seit 1947 die marxistisch-leninistische, letztlich alles vereinnahmende Richtung entwickelte. Der Autor zeigt auf, daß Soziologie in den Ruf einer bürgerlichen Wissenschaft per se gelangte und zunehmend vernachlässigt wurde; darüber hinaus wechselten bedeutende Soziologen in den Westen über. Diese Vorgänge und die ersten Versuche einer Rehabilitation der Soziologie in der DDR beschreibt der Verfasser exemplarisch an der Entwicklung der Nachkriegssoziologie an der Universität Leipzig. (ICC)