Pflegende Angehörige in Deutschland: Wer pflegt, wo, für wen und wie?
In: Zeitschrift für Sozialreform: ZSR = Journal of social policy research, Band 65, Heft 2, S. 175-203
ISSN: 2366-0295
Abstract
Pflegende Familienangehörige sind das Rückgrat des deutschen Pflegesystems. Bisher ist jedoch wenig darüber bekannt, welche Personen sich für oder gegen die Übernahme von Hilfe- oder Pflegetätigkeiten entscheiden sowie darüber, wie Pflegearrangements ausgestaltet sind. Unter Verwendung von Daten aus der Innovationsstichprobe des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP-IS 2016) schließen wir diese Forschungslücken. Ein Vergleich zwischen Personen, die mindestens eine hilfe- oder pflegebedürftige Person kennen und entschieden haben, diese (i) zu pflegen beziehungsweise (ii) nicht zu pflegen, zeigt, dass Hilfe- oder Pflegetätigkeiten signifikant häufiger von Menschen im höheren Alter, von Frauen sowie von Verheirateten übernommen werden, während signifikante Gruppenunterschiede hinsichtlich Bildungsabschluss, Erwerbsstatus und Einkommen nicht bestehen. Entscheidungen für die (Nicht-) Übernahme von Hilfe- oder Pflegetätigkeiten hängen vor allem davon ab, wer die hilfe- oder pflegebedürftige Person ist, wo diese lebt und welche Pflegebedarfe sie hat. Unsere Ergebnisse zu den Pflegearrangements zeigen, dass im eigenen Haushalt am häufigsten die (Ehe-)Partner/-innen und außerhalb des eigenen Haushalts die (Schwieger-)Eltern gepflegt werden. Die Pflege im eigenen Haushalt ist mit Abstand am zeitintensivsten; zugleich erhalten diese Pflegepersonen am seltensten Unterstützung durch andere Personen. In einem institutionellen Kontext helfen Pflegepersonen häufig Menschen mit hohen Pflegebedarfen, erhalten zugleich aber auch am häufigsten Unterstützung durch Andere.