Der Autor untersucht Francis Fukuyamas Werk "The End of History" und Samuel P. Huntingtons "The Clash of Civilizations" bezüglich ihrer Prognose eines Endes der Geschichte. Diese telelogische Sicht der Dinge ist offensichtlich von Hegel und Marx entliehen. Fukuyama behauptet, dass mit dem Ende des Kalten Krieges und dem Zusammenbruch der Sowjetunion die liberale Demokratie sich gegenüber Kommunismus und Sozialismus durchgesetzt hätte und nun die universale Form der politischen Herrschaft werden würde. Die politische Ideengeschichte der Menschheit sei abgeschlossen. Die Art der marxistischen Interpretation der Geschichte wäre richtig, die Marxisten hätten sich nur im Ziel geirrt. Huntington dagegen prognostiziert das Ende der großen politischen Ideologien und ein Widererstarken der Religion. Er glaubt, dass Muslime, Chinesen und Inder nach dem Zusammenbruch der SU den westlichen Liberalismus nicht übernehmen werden. Auch hält er die westliche nicht für eine universalisierbare Zivilisation. Fukuyama argumentiert demokratisch-expansionistisch, Huntington kulturell-defensiv. Der Autor resümiert: "Fukuyama denkt noch in den Kategorien des 'Kalten Krieges': es kann nur einen geben. Huntington, weiß, dass es diesen Sieger nicht geben wird." Abschließend analysiert der Autor die us-amerikanische Außenpolitik auf Thesen von Fukuyama und Huntington hin. (ICB)
In: Geschichte, Politik und ihre Didaktik: Zeitschrift für historisch-politische Bildung ; Beiträge und Nachrichten für die Unterrichtspraxis, Volume 34, Issue 3-4, p. 204-214
"Schulbücher sind zeitgebunden. Sie spiegeln aber nicht nur die gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten wider, sondern sind ein Instrument der Beeinflussung. Sie sind zwar nur eine Komponente bei der Herausbildung des Geschichtsbildes von Jugendlichen, und durch die zunehmende Medienvielfalt verringert sich noch ihre prägende Kraft; aber trotzdem sind sie ein wichtiges Medium bei der Vermittlung von Kenntnissen und von Einstellungen, die oft unterschwellig wirksam werden. Am Beispiel der ersten polnischen Teilung (1772) und der Trockenlegung der Bruchgebiete an Oder, Warthe und Netze zur Regierungszeit Friedrichs des Großen werden Schulbuchdarstellungen aus der Zeit des Kaiserreichs, der Weimarer Republik, des Dritten Reichs und der DDR untersucht. Dabei wird die Abhängigkeit von der jeweiligen Zeitströmung und den vorherrschenden politischen Auffassungen, z. T. sogar von der Tagespolitik, deutlich; es zeigen sich aber auch übergreifende Tendenzen. Den Abschluß bildet die Anregung an den Leser, unter bestimmten Fragestellungen die Geschichtsbücher der Bundesrepublik Deutschland kritisch zu betrachten und damit selbständig den in diesem Beitrag aufgezeigten Weg der Schulbuchanalyse weiterzugehen." (Autorenreferat)
Die Verfasserin zeichnet die Geschichte des Begriffs "Entartung" und des korrespondierenden Begriffs "Normalität" beginnend mit dem "Allgemeinen Handwörterbuch der philosophischen Wissenschaften" von 1833 nach. Zu den von ihr herangezogenen Texten zählen Nordaus "Entartung" von 1892, Weiningers "Geschlecht und Charakter" von 1903, Rüdins "Die Rolle der Homosexuellen im Lebensprozeß der Rasse" von 1904, die Schriften Thomas Manns und schließlich - im Zentrum der Kritik der Verfasserin - Knußmanns "Vergleichende Biologie des Menschen" von 1996, ein Lehrbuch der Anthropologie und Humangenetik, das "ganz in der Tradition des biologisch fundierten Normalismus" steht. Für die Verfasserin übernimmt der Begriff der Normalität mit seiner Nähe zum Alltagsdiskurs die Funktion eines Scharniers, das "wissenschaftliches Spezialwissen an allgemeinere Vorstellungswelten anschließt". (ICE)
"Auf einer Weltkarte ist Europa kaum zu sehen" - so lautet der erste Satz eines Essays zur europäischen Geschichte, den der französische Historiker Fernand Braudel in den 1980er-Jahren verfasste und der erst kurz nach seinem Tod veröffentlicht wurde. Braudel beschränkt sich nicht darauf, jene geographische Ausgangsposition des Kontinents weiter zu erläutern, die in den vergangenen Jahrhunderten den Schauplatz vielfältiger europäischer Geschichte bildete. Vielmehr zeigt er, wie sehr Europa beständig "über seine räumlichen Grenzen hinausgegriffen" habe. Braudels Europa ist auch im ausgehenden 20. Jahrhundert noch fast überall, obwohl der Kontinent mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs und im Zuge der Dekolonisation vermeintlich in seine alten Grenzen zurückverwiesen worden war.
Die Autorin würdigt die Verdienste des Psychologen und Therapeuten Helm Stierlin, indem sie gedankliche Assoziationen zum Geschichten-Erzählen allgemein und zu einigen Geschichten von Menschen, die Geschichten erzählen, vorträgt. Sie verknüpft ihre Reflexionen über das Erzählen von menschlichen Geschichten in psychologischen und literarischen Systemen - z.B. bei Thomas Mann - mit eigenen Erfahrungen über die Erinnerung und Mitteilung von Erlebtem. Sie geht ferner auf die Bedeutung der Herkunftsgeschichte Sigmund Freuds für seine spätere Theorie der kindlichen Sexualität ein. Sie erwähnt in diesem Zusammenhang ihre Tätigkeit im Bereich der systemischen Familientherapie und betont, dass Helm Stierlin wesentlich dazu beigetragen hat, dass "die Geschichte der individualistischen Psychoanalyse neu- und umgeschrieben wurde zu einer Geschichte der Familien." (ICI)
Der Beitrag skizziert die Philosophiegeschichte Ungarns, die sich in erster Linie als eine Rezeptionsgeschichte präsentiert, da es sich hier in den meisten Fällen um eine Übernahme und eine Rezeption der großen westlichen Denkrichtungen und um den Versuch handelt, sie einzubürgern. In dem ersten Abschnitt erörtert der Autor zunächst die Entwicklung des institutionellen Systems der ungarischen Philosophie. Dabei wird aufgezeigt, dass die fremden philosophischen Vorbilder in jeder Periode der Entwicklung eine ausschlaggebende Rolle spielen. Der zweite Abschnitt präsentiert einen zusammenfassenden Überblick über die verschiedenen philosophischen Strömungen vom Cartesianismus bis zur Postmoderne, die in der ungarischen Philosophiegeschichte zu finden sind. Der dritte Abschnitt wirft abschließend einen Blick auf die bedeutendsten ungarischen philosophischen Arbeiten, die mit den damaligen Strömungen eng verbunden sind und so deren kreative Adaptationen bzw. Vorläuferwerke darstellen. (ICG2)
Die vorliegende Sammelrezension zur Forschung über die Neue Frauenbewegung (NFB) faßt die wichtigsten empirischen Veröffentlichungen der letzten Jahre im Bereich der internationalen Frauenbewegung und globalen Geschlechterpolitik zusammen. Die Autorin konstatiert zunächst, dass es eine Vielzahl von "Geschichten" über die NFB wie Betroffenenberichte, die pauschalen Beispiele der GegnerInnen und die Projektionen in den Medien gibt. Sie verdichten sich zu "Metaerzählungen" der NFB, die sie zum positiven oder negativen Mythos erheben. Die vorherrschende Binnensicht führt dazu, dass der gesellschaftliche Kontext und die Ursachen der NFB eher diffus bleiben und die kritische Auseinandersetzung mit ihrer Entwicklung vernachlässigt wird. Gegenwärtig ist die NFB zum Teil lokal, national und global entwickelt und vernetzt. Der internationale Horizont bildet einen Rahmen, der Impulse, Austausch und Unterstützung vermittelt. (ICA)
In: Geschichte, Politik und ihre Didaktik: Zeitschrift für historisch-politische Bildung ; Beiträge und Nachrichten für die Unterrichtspraxis, Volume 21, Issue 3-4, p. 175-185