Mit Szenen der Gewalt legt Reinhold Görling, Professor für Medienwissenschaft mit kulturwissenschaftlicher Orientierung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, nun erstmals eine Monografie zum Verhältnis von Film und Folter vor. Auf gestrafften zweihundert Seiten zieht er Resümee über ein Thema, das er selbst gemeinsam mit anderen jahrelang in sehr umfangreicher Weise befragt hat. Dabei schafft er es, die aus interdisziplinärer Zusammenarbeit gezogenen Erkenntnisse in eine Rekapitulation des modernen Films, der laut Serge Daney mit der Folterszene in Roma, città aperta anfängt, einzubauen. "Wiederkehr der Folter" heißt das von der Volkswagen-Stiftung im Zeitraum zwischen 2009 und 2011 geförderte Projekt, das Görling gemeinsam mit dem Juristen Karsten Altenhain und dem Psychiater Johannes Kruse ins Leben gerufen hat. Daraus ging nicht nur ein gemeinsam herausgegebener Band gleichen Namens hervor (Göttingen: V&R Press 2013), sondern auch zwei weitere Publikationen: Die Verletzbarkeit des Menschen. Folter und Politik der Affekte (München: Fink 2011) und Folterbilder und –narrationen. Verhältnisse zwischen Fiktion und Wirklichkeit (gemeinsam mit Julia Bee, Johannes Kruse und Elke Mühlheimer, Göttingen: V&R Press 2013). Gerade die beiden letztgenannten Titel deuten in die Richtung von Potentialen der ästhetischen Darstellung und Narrativierung von Folter. Es handelt sich demnach um ein biopolitisch-psychologisches Phänomen im Spiegel kulturtechnischer Methoden. Der Folter-Begriff, den Görling hier beschreibt, erschließt sich vor allem vor dem Hintergrund dieser interdisziplinären Zusammenarbeit. Zweck der Folter ist eine Form der Auslöschung, das Trauma der aufgeplatzten Leerstelle wird zentral. Deshalb macht es Sinn, den Folter-Begriff von seinen Rändern her zu schildern, ausgehend von den Szenarien, in denen sie stattfindet. Damit sind zunächst die äußeren Umstände gemeint: Krieg, staatliche Gewaltregime, Terrorismus, Gefängnis, Konzentrationslager. Doch Folter als Handlung entspringt nicht nur diesen Zusammenhängen, sie selbst zersetzt und generiert Verhältnisse neu, indem sie in eine Wechselwirkung mit ihrem Schauplatz tritt. Sie bedingt einen Ort hin zu einer Szene der Gewalt, die wiederum in einer klaren Zuweisung der Rollen besteht: Opfer sind jene, denen der Platz in der Gesellschaft entzogen werden soll. Folter schafft demnach ein Setting, das auf Entortung angelegt ist, das also weder einem Innen noch einem Außen entspricht, und zugleich in der extremen Nähe der körperlichen Verletzung für eine größtmögliche Distanzierung kühl berechnete Sorge trägt. "Macht muss etwas zirkulieren lassen, das nicht selbst sprechen kann, etwas, dem der Ort verweigert wird" (S. 115). Mit Szenen der Gewalt macht Görling dieses Verständnis der Folter als Akt der Repräsentation nun nochmal speziell hinsichtlich des Films deutlich, indem er die audiovisuelle Interpretation von Folter als eine Politik der Affekte deutet, die aus der Reproduktion spezifischer Szenarien resultiert. Der (Un)Ort der Folter wird über die Verbildlichung in seiner Hybridität gedoppelt bzw. die den Ort entziehende Handlung verstärkt die Macht des Bildes als Schauplatz, als Medium des Szenarios. "Gewalt reduziert Leben auf reine Objekthaftigkeit. Es ist richtig, dass Macht und Gewalt sich in den anderen einschreiben, aber in einem Gefüge der Macht müssen die Bilder der so markierten Körper der anderen auch zirkulieren. Es ist exakt das Bild, das die Unsichtbarkeit sichtbar macht: als Bild dessen, das in einem Gefüge der Macht keinen Platz hat." (S. 115) Demnach ist es die dem Bild eigene Ambiguität, in der Sehen immer auch Nicht-Sehen bedeutet, die der gesellschaftlichen Grenzüberschreitung der Folter entspricht. Das Kino versteht Görling dabei als Mittel des Austauschs, geprägt "von der Diskontinuität […], die der Tod ist" (S. 8). Als Reaktion auf reale Bedrohungen werden hier Phantasmen der Grausamkeit entworfen, die ihrerseits manchmal wieder als Vorlage für neue Gräuel dienen. Beispielgebend hierfür sei die Kongruenz gewisser Einstellungen aus Pasolinis Salò mit den berüchtigt gewordenen Private-Torture-Porn-Aufnahmen aus Abu Ghraib. "[D]as Kino ist mithin nicht nur zeitlich nachgeordneter Teil dieser Bewegung, es legt selbst Spuren, die wir wiederum verfolgen." (S. 9f.) Auch die Einteilung des Buches entspricht dieser Bewegung der Wechselwirkung. In beinah exakt chronologischer Reihenfolge durchsucht Görling die Geschichte des modernen Films nach Bildern dieser entortenden Gewalt, der "extremste[n] Form der Einschreibung" (S. 115). Dabei geht es ihm um die Analyse des Folterszenarios im Spiegel der Filmkunst, aber weniger in seiner zeitlichen Entwicklung, als in der Ausformung unterschiedlicher Aspekte und Merkmale. So wird nicht nur eine ästhetische Genese der Grausamkeit in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erfasst, sondern auch der Wandel der gesellschaftlichen Positionierung in Bezug auf das Phänomen und seine Komplexität reflektiert. Wie schon erwähnt, beginnt Görling seine Studie bei Rossellini. Im zugehörigen Kapitel "Hinter offenen Türen" (S. 19) wird die Rahmenhandlung der Folter in doppeltem Sinn analysiert: einerseits die gesellschaftliche Voraussetzung der Ausgrenzung, andererseits die Fragmentierung der Bilder durch den bereits angedeuteten Einblick durch Türrahmen in Roma, città aperta. Es sind detaillierte Schilderungen, Analysen an szenischen Miniaturen, die die Darstellungsmethoden der Folter in ihren Fraktalen zeigt. Auch wenn im Folgenden anhand von Salò (Pasolini), 1984 (Orwell und Radford) und Was Wo (Beckett) der Selbstzweck der Folter ("The object of torture is torture", S. 57) entlang ihrer Überrepräsentation entlarvt wird, bleibt Görlings Blick stets dem lupenvergrößerten Fragment verpflichtet, zielgerichtet auf die überlappende Wirkung der Szene der Gewalt. So attestiert er den Bildern in La jetée (Marker) und Hunger (McQueen) die Fähigkeit einer nachgerichteten Zeugenschaft ("Bilder wie Geständnisse", S. 95): "Schon die Bilder ohne Gedächtnis und Zukunft werden montiert mit Spuren und Zeichen." (S. 103) Im letzten Kapitel, "Besessenheit: Szenen und Bilder" (S. 145) widmet sich Görling den neuesten Produktionen zum Thema (Bigelow, Morris und Oppenheimer), nebenbei auch die ersten, die er eindeutig kritisiert (vor allem Bigelow). Hauptsächlich werden hier die Aspekte der Selbstbezüglichkeit des Affekts, sowie dessen Inbezugsetzen zur Unmöglichkeit der Erfahrung herausgearbeitet und die Szenarios mit den vorgehenden verglichen. In einer Welt der "sich vervielfältigenden Rezeptionszusammenhänge" (S. 170) müssen die Bilder geradezu auf das Ungesehene verweisen. Dies wird möglich, weil im Modell des Szenarios das Bild selbst zum Akteur in einem Netzwerk von aufeinander verweisenden Handlungsfragmenten wird, die zusammen mehr ergeben als die Summe ihrer Teile (Theorie nach Diana Taylor, vgl. S. 151). So führt die Einschreibung klandestiner Folterhandlungen in das öffentliche Bewusstsein zu Rissen im gesellschaftlichen Leben: das Wissen um die im Geheimen stattfindende Handlung ist selbst Teil der Folter, weil sie für die grausame Ubiquität sorgt, ohne die sie an Bedrohung verlöre. Und "[d]ie Kamera hat den Effekt, dass diese Umwandlung des Ortes zur Bühne an fast jedem beliebigen Ort geschehen kann." (S. 186) Hier wird deutlich, dass die genaue Hinterfragung der Schauplätze im Grunde von Beginn an die Frage nach der Schaulust in diesen Szenarios mitstellt. Einziger Nachteil der Publikation bleibt der Eindruck einer nachlässigen Redaktion. Hinsichtlich der thematischen Komplexität sind die doch eher zahlreichen formalen Fehler und Ungenauigkeiten aber durchaus nachzusehen. Alles in allem eine gelungene Studie, die der Überladung des Begriffs im gegenwärtigen Diskurs eklektisch aber detailgenau und in stichprobenartigen wie umfassenden Analysen begegnet.
Anfang des Jahres 2011 bot sich in den arabischen Ländern ein unerwartetes und für deutsche Medien scheinbar schwer zu deutendes Bild. Dem Empfinden der Verfasserin nach verfolgte die deutsche Öffentlichkeit scheinbar ungläubig die Bewegungen der Menschenmassen, die in zahlreichen arabischen Ländern auf die Straßen gingen, um den Sturz des Regimes und Demokratie einzufordern. Dieses Bild passte nur schlecht in das bisherige der arabisch-islamischen Welt, in dem Demokratisierungsprozesse in arabischen Ländern tendenziell seltener thematisiert wurden. Wiederholt wurde in den Medien die Frage laut, wer hinter diesen Volksaufständen stehe, und die Beobachter vor Ort wurden scheinbar nicht müde zu beteuern, dass es nicht die Islamisten seien, die die Proteste vorantrieben, sondern das Volk selbst. Der nichtmuslimische Beobachter dieser Ereignisse scheint zur Erklärung der Ereignisse dem eigenen schematischen Denken verhaftet geblieben zu sein. Und so folgte auf die Feststellung, dass die Proteste nicht religiös begründet seien, die logische Schlussfolgerung, dass sie dann nur säkular sein könnten. Es finden sich Zeitungsartikel, in denen von "Märtyrer-Begräbnissen" die Rede ist. So zum Beispiel in faz. net 2011. Doch wie war diese Einsicht wiederum mit der Erkenntnis zu vereinbaren, dass die getöteten arabischen Demonstranten von ihren Mitmenschen als Märtyrer betrauert wurden? Schließlich ist der Märtyrer nach islamischem Verständnis spätestens seit dem 11. September ein im Deutschen geläufiger Begriff, jedoch meist eher verengt auf die Bedeutung des Selbstmordattentäters. Und wie ließen sich nun für den deutschen Betrachter die Märtyrer des 11. September mit den Märtyrern auf dem "MaidÁn at-TaÎrÐr" in Kairo zusammenbringen? Um Aufklärung über die Bedeutung diesen islamischen Terminus bemüht, liegt für den deutschen Sprachkundigen der Griff zu einem soliden Nachschlagewerk nahe: dem Brockhaus. In der Ausgabe des Brockhaus mit dem Themenschwerpunkt Religionen lässt sich die folgende Erläuterung zum Eintrag des Märtyrers nach islamischem Verständnis lesen: "Im Verständnis des Islam [sic] gilt als Märtyrer (arabisch Schahid, »Zeuge«), wer im Bemühen um dessen Verbreitung (Dschihad) den Tod findet. Ein solcher Muslim geht unmittelbar ins Paradies ein." (Brockhaus Religionen; Eintrag "Märtyrer"). Diese Definiton lässt die Vielgestaltigkeit des islamischen Märtyrerbegriffs außer Acht und stellt somit nur einen historischen Ausschnitt der möglichen Bedeutung dieses Begriffs dar. Dieses partielle Fehlverständnis ist allerdings nicht leicht zu erkennen, da auch renommierte deutsche Zeitungen einer Untersuchung zufolge zu großen Teilen den islamischen Terminus ÊihÁd mit "Heiliger Kampf" oder "Krieg" übersetzen und sich die Fehleinordnung des Märtyrers als ´Kämpfers für den Glauben` somit logisch in die Fehlrezeption des ÊihÁd als heiligem Krieg einfügt. Auf eine solche und ähnliche partielle Fehlrezeption islamischer Termini ist bereits in wissenschaftlichen Untersuchungen hingewiesen worden, wobei deren Schwerpunkt auf die Darstellung des Islams in den Medien gelegt wurde. Im Fortlauf dieser Arbeit wird aus praktischen Gründen im Allgemeinen nur von Übersetzern gesprochen werden, dieser Begriff schließt aber die Dolmetscher und natürlich die Femininform der Übersetzerin und Dolmetscherin mit ein. Desweiteren wird versucht, im Text geschlechterneutrale Formulierungen zu verwenden. Ist dies nicht möglich, wird mit dem Ziel der besseren Lesbarkeit die männliche Formulierung gewählt, ohne dass damit dem Grundsatz der Geschlechtergerechtigkeit widersprochen werden soll. Diese Arbeit nimmt nun konkret die partielle Fehlrezeption des islamischen Märtyrers zum Anlass, aus einem übersetzungswissenschaftlichen Blickwinkel danach zu fragen, welche praktischen Konsequenzen aus dieser Einsicht gezogen werden können, also ob beziehungsweise wie Übersetzer oder Dolmetscher dieser Tendenz zur Fehlwahrnehmung islamischer Termini in ihrer Tätigkeit entgegenwirken können. Dieser praktische Ansatz lässt sich nur in wenigen wissenschaftlichen Arbeiten finden. Haggag geht davon aus, dass Übersetzern im "arabisch - deutschen Kulturdialog" die Aufgabe zukomme, dem Empfänger der Übersetzung den kulturspezifischen Begriffsapparat, wozu er die islamischen Termini zählt, anhand des damit verbundenen menschlichen Wissens und der Erfahrung zu vermitteln. Anhand des Terminus ÊihÁd veranschaulicht Haggag dessen Fehlrezeption und entwickelt Lösungsansätze für eine möglichst adäquate Übersetzung des Begriffs. In Anlehnung an diese Untersuchung soll in der vorliegenden Arbeit anhand eines markanten Beispiels untersucht werden, wie gewisse islamische Termini sprachwissenschaftlich verortet werden können und wie sie in diachroner und synchroner Sprachbetrachtung verwendet wurden und werden. Schlussfolgernd aus dieser detaillierten Verortung der Termini sollen Übersetzungsvarianten vorgestellt und diskutiert werden. Untersuchungen des dänischen Geheimdienstes zufolge werden in den westlichen Medien "religiöse Begriffe wie Dschihad, Märtyrer und Dschihadist verwendet, um den Terrorismus zu definieren." (Cücük 2008). Diese Begrifflichkeiten können also als grundlegend im sprachlichen Austausch und Miteinander zwischen `westlichen` und arabisch-islamischen Gesellschaften angesehen werden. Bei dem Begriff Märtyrer handelt es sich um eine Übersetzung des arabischen Lexems šahÐd. Anders als für den Terminus ÊihÁd, konnte für den Terminus šahÐd bisher keine ausführliche Untersuchung zu dessen Bedeutung im Arabischen und Rezeption im Deutschen gefunden werden. Es bietet sich deshalb an, anhand dieses Terminus einen Übersetzungsvorgang nachzuvollziehen, der das mentale Konzept des Zeichens im Arabischen zu berücksichtigen versucht und auf die Frage abzielt, welche möglichen Äquivalente angesichts der erarbeiteten Erkenntnisse im Deutschen in Frage kommen. Welche Übersetzungsvarianten können dazu beitragen, die Unklarheiten in der Verwendung der Termini zu beseitigen? Inwiefern kann eine sensiblere Übersetzung der Termini ins Deutsche dazu beitragen, dass dem deutschen Empfänger die Deutung des islamischen Märtyrers leichter fällt, sei es im Rahmen der Umbrüche in den arabischen Ländern im Jahr 2011 oder in anderen Kontexten? Die historische Dimension der Termini ist in die Betrachtungen mit einzubeziehen, da eine möglichst weitreichende Erfassung der semantischen Komponenten der arabischen Zeichen angestrebt wird. Zu diesem Zweck wird das Auftreten der Termini in Koran und Sunna betrachtet, womit eine historische Kontextualisierung gewährleistet werden kann. Zudem soll die Möglichkeit divergierender Koranauslegungen und Auffassungsunterschiede in Bezug auf die Termini zwischen Sunniten und Schiiten in Betracht gezogen werden. Zur Untersuchung der Verwendung der Termini im aktuellen Diskurs wird ein konkreter Ereignisrahmen in den Blick genommen. Der politische Umbruch in Ägypten zu Beginn dieses Jahres, der im Arabischen als "×aurat Ìamsa wa Ýašrīn yanÁyir", also "Revolution des 25. Januar" bezeichnet wird, bietet sich deshalb als Untersuchungszeitraum an, weil im Arabischen die Termini šahÐd, šahÁda und istišhÁd in diesem Kontext häufig verwendet wurden. Analysiert werden Ausgaben zweier Zeitungsmedien unterschiedlicher politischer Ausrichtung: regierungsnah und unabhängig. Im Anschluss an die Erfassung der möglichen Bedeutung der Termini im Arabischen sollen diese Erkenntnisse als Grundlage einer komparativ ausgerichteten Abwägung möglicher deutscher Äquivalente dienen. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt auf der Rezeptionsleistung des Übersetzers bezüglich der Termini im Arabischen. Denn es wird von einem deutschsprachigen Übersetzer ausgegangen, für den die zu erbringende Verstehensleistung und die damit einhergehende "Erschließung neuer Sinnhorizonte" vermutlich deutlich mehr Kräfte bindet als die anschließende Entscheidung für eine deutsche Entsprechung. Zudem könnte die partielle Fehldarstellung islamischer Termini in den deutschen Medien mit dem nicht hinlänglich vollzogenen Verstehensprozess zusammenzuhängen, was eine Konzentration auf diesen Teil der Übersetzungsleistung abermals rechtfertigt. Nach der Darstellung der Handlungsoptionen eines Übersetzers, sollen exemplarische Übersetzungen einiger Textstellen, die als repräsentativ für eine gewisse Verwendung angesehenen werden, durchgeführt werden. Diese Übersetzungsbeispiele schließen somit den im Rahmen dieser Arbeit und an diesen islamischen Termini exemplarisch vollzogenen Übersetzungsprozess ab.
Celem artykułu jest analiza wpływu strachu przed nowymi zagrożeniami w dziedzinie bezpieczeństwa na rozwój polskich Wojsk Specjalnych oraz Wojsk Obrony Terytorialnej. Została ona przeprowadzona chronologicznie z uwzględnieniem zmian, jakie zachodzą w Siłach Zbrojnych RP. W artykule wskazano zasadnicze efekty osiągnięte w rozwoju obydwu formacji, a które zostały wywołane w odpowiedzi na strach i poczucie zagrożenia. Wspomina się również o wyzwaniach, jakie ciągle stoją przed Wojskami Specjalnymi i Wojskami Obrony Terytorialnej. Przyjęto, że pojawiające się w ostatnich 20 latach zagrożenia wywołujące uczucie strachu wśród jednostek i całych społeczeństw spowodowały podjęcie przez polski rząd decyzji dotyczących szczególnego rozwoju dwóch rodzajów sił zbrojnych – Wojsk Specjalnych i Wojsk Obrony terytorialnej. Analizy dokonano w oparciu o dostępne źródła i literaturę przedmiotu oraz obserwację uczestniczącą. ; The aim of this article is to analyse the impact of a fear of new threats in the field of security for the development of the Polish Special Forces and the Territorial Defence Forces. The study was conducted in a chronological order taking into account the changes still taking place in the armed forces of the Republic of Poland. The article indicates the main results achieved in the development of both formations and brought by fear and threat. It also points out to the challenges still faced by Special Forces and the Territorial Defence Forces. It has been assumed that the threats of the last 20 years, causing a sense of fear among individuals and entire societies, prompted the Polish Government to make decisions regarding detailed development plans for two types of armed forces – Special Forces and the Territorial Defence Forces. The analysis was based on the available sources and literature on the subject, as well as participant observation. ; Nach den Anschlägen vom 11. September wurde der Nahe Osten zum Zentrum der amerikanischen Militärkampagnen. Nach Afghanistan im Jahr 2001 entschieden sich die USA, in den Irak einzumarschieren und Saddam Hussein zu stürzen, um das Land zu demokratisieren. Im Jahr 2021 leidet der Irak noch immer an einer ganzen Reihe von gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, aber auch politischen und sicherheitsbezogenen Problemen, da fremde Einflussnahmen und Terroranschläge Teil des Alltags der Menschen im Irak geworden sind. Im Zuge des arabischen Frühlings kam es zu massiven Demonstrationen in Syrien und Ägypten, die erstens zu Bürger- und Stellvertreterkriegen und zur Ausbreitung terroristischer Gruppen führten, und zweitens die Wiedereinsetzung der Diktatur und zahlreiche Sicherheitsprobleme zur Folge hatten. Der libanesische Fall ist noch komplexer. Die Instabilität des Staates und das vorherrschende Sektierertum und das Privatstaat-Phänomen (einschließlich zweier großer Flüchtlingswellen von Palästinensern und Syrern) sowie ein aggressiver Nachbar im Süden und die konstante Fremdeingriffe machen das nationale Sicherheitskonzept in der Bevölkerung und der politischen Führung umstritten, so dass keine konkrete nationale Sicherheitsstrategie erarbeitet werden kann. Angesichts der aktuellen Wirtschaftskrise kommt eine neue Dimension der nationalen Sicherheit hinzu, obwohl der Staat bereits damit zu kämpfen hat, seinen Pflichten gegenüber der Bevölkerung nachzukommen. Anhand dieser Fallstudien versucht der Text, die Sichtweise der beiden Staaten auf die nationale Sicherheit und die jeweils vorhandenen Probleme zu erörtern, um Empfehlungen für langfristige und nachhaltige Reaktionen auf einige der Herausforderungen zu geben. ; В статье проанализировано влияние страха перед лицом новых угроз в области без- опасности, его влияние на развитие Войск специального назначения и Войск тер- риториальной обороны Польши. Анализ проведен на хронологической основе с учетом изменений, происходящих в Вооруженных силах Польши. В статье указаны основные эффекты, которые были достигнуты в развитии этих видов войск и которые были ответом на чувства страха и угрозы. В работе также упоминаются проблемы, с которыми до сих пор сталкиваются Войска специального назначения и Войска тер- риториальной обороны. Предполагается, что угрозы, возникшие в последние 20 лет вызывающие чувство страха у отдельных людей и целых обществ, вынудили поль- ское правительство принять решения о специальном развитии двух типов воору- женных сил – Войск специального назначения и Войск территориальной обороны. Анализ был основан на доступных источниках, научной литературе и личных наблю- дениях.
Seit mehreren Wochen überrascht China westliche Diplomaten, Journalisten und Experten mit beständigen Signalen internationaler Kooperationsbereitschaft. In ihren Reaktionen auf die Anschläge in den USA vom 11. September verhält sich die chinesische Führung im Wesentlichen so, als wollte sie genau das verwirklichen, was sich hoffnungsvolle Vertreter einer westlichen "Engagement"- Politik, also einer konstruktiven Einbindung Chinas in die internationale Staatengemeinschaft, seit langen Jahren gewünscht haben: die Qualifikation der VR China zu einem verantwortungsbewussten, verbindlichen und kompromissfähigen Partner.
In this paper the author introduces the fight against anarchism at the end of the 19th century as a security dispositive. An analysis of the emergence of the dispositive of the Black International conspiracy and the rise of new modes of governance in the wake of the fight against violent anarchism in the Netherlands is presented as a bottom-up process of securitization, enabled by two remarkable episodes of anarchist activities in the Netherlands in 1894 and 1895-1898. Regional prosecutors and Police commissioners capitalized on this (foreign) anarchist threat to instigate large-scale police reforms in terms of bureaucratization, standardization and centralization. New technologies of imagination, imported from abroad, helped to advance these processes of securitization and modernization.
Im Juni dieses Jahres bekundeten die in Afghanistan engagierten Staaten auf der Pariser Konferenz ihre Absicht, der Kabuler Regierung die volle Verantwortung für den Aufbau des Landes zu übertragen. Diese Politik erscheint zwar alternativlos, führt angesichts der schwindenden Unterstützung, die die afghanische Regierung in der eigenen Bevölkerung genießt, jedoch in eine durchaus problematische Situation. Einerseits gilt es nun, die Kapazitäten der Kabuler Führung trotz ihres mangelnden Ansehens zu stärken, andererseits müssen aber auch die nationalen Kontrollorgane ausgebaut werden, mit denen sich Korruption und Misswirtschaft eindämmen lassen. Gleichzeitig bedeutet eine Stärkung der afghanischen Regierung nicht, dass das Engagement der internationalen Staatengemeinschaft reduziert werden kann, im Gegenteil: Der Ausbau von Streitkräften und Polizei muss - vor allem in Zusammenarbeit mit den USA - entschlossener als bisher vorangetrieben, die Koordination ziviler und militärischer Maßnahmen nachhaltig verbessert werden. Flankenschutz sollte diese Politik durch eine pragmatische Kooperation mit Iran erhalten: Die Europäer sollten versuchen, bei der Bekämpfung des Drogenhandels und der Rückführung von Flüchtlingen mit Teheran zusammenzuarbeiten - unter Hintanstellung des Konfliktes um das iranische Nuklearprogramm. Pakistan wiederum gilt es in seinen Bemühen zu unterstützen, die Kontrolle über die westlichen Landesteile wiederzuerlangen, ohne dass Nato oder USA dabei selbst direkt eingreifen. Insgesamt haben sich beim Wiederaufbau in Afghanistan zahlreiche Erwartungen als überzogen erwiesen. Die internationale Gemeinschaft sollte ihre Zielsetzungen entsprechend reduzieren und ein besseres Gespür dafür entwickeln, was der Bevölkerung des Landes zuzumuten ist
Die Apokalypse, im Prinzip das finale Ereignis schlechthin, wiederholt sich seit den Darstellungen des biblischenJüngsten Gerichts in Kunst und Literatur durch die Jahrhunderte hindurch. Seit der Erfindung des Mediums Film finden sich in der Populärkultur unzählbare Beispiele für diesen Topos, wobei es sich meistens um Fiktionen einer postapokalyptischen Welt handelt, in der sich eine Minderheit von Überlebenden bewähren muss. Nicht immer wird dem Zuseher erläutert, in welcher Weise sich die Katastrophe abgespielt hat. Darstellungen des biblischen Weltgerichts wurden im Laufe der Zeit ersetzt durch Naturkatastrophen, Kometeneinschläge, Desaster als Folge von technischem Fortschritt und menschlicher Hybris und natürlich nukleare Katastrophenszenarien. Angesichts dieser Fülle an Weltuntergängen ist es kein Wunder, dass die kulturwissenschaftlichen Arbeiten zu diesem Topos zunehmen. Seit etwa 10 Jahren gibt es auch geradezu eine Sintflut an Seminar- und Masterarbeiten zur Apokalypse, in letzter Zeit speziell zur Spielart der Zombieapokalypse. Der vorliegende Band widmet sich der Apokalypse im Film und stellt das Ergebnis einer 2013 in Marburg stattgefundenen, internationalen Konferenz mit dem Titel Melancholia: Imaging the End of the World dar. In fünf Teilen versuchen die AutorInnen, häufig ausgehend von Melancholia von Lars von Trier das Phänomen des Weltuntergangs im Film vom Stummfilm bis in die Gegenwart zu umspannen. Dabei soll versucht werden, den Ursachen und Hintergründen von sozialen Ängste und Massenphobien analytisch näherzukommen. Es soll ein breites Spektrum an Problematiken und historischen Momenten, die sich mit Visionen des Weltuntergangs in Film, Fernsehen und digitalen Medien beschäftigen, angeboten werden. Die Einleitung verweist bereits auf die biblische Herkunft des Weltgerichts und der Apokalypse als ein judäo-christliches Erbe, dessen Bedrohungsszenario in der Moderne durch die Hauptgefahr des technologischen Fortschritts und der damit einhergehenden menschlichen Hybris ersetzt wird. Aus dem Trauma von 9/11, so die Autorinnen in der Einleitung, entstand das Genre des amerikanischen Desasterfilms, der sich mit der traumatischen Erfahrung von Terrorismus und der explosionsartigen Entwicklung von Technologie, Krieg und ökologischer Zerstörung beschäftigt. Aufschlussreich in diesem Zusammenhang ist der Beitrag von Peter Krämer "The Legacy of Dr. Strangelove", der die Rezeptionsgeschichte von Kubricks überaus erfolgreichem Film über die nukleare Katastrophe nachzeichnet. Krämer zeigt, welch großen Einfluss Dr. Strangelove auf Regisseure wie James Cameron und Filme wie Avatar oder Gravity ausgeübt hat (wenn auch hier indirekt über Kubricks 2001). Die AutorInnen des Bandes betrachten diese Themen aus einer Vielzahl von theoretischen Disziplinen und Interessen, etwa aus der Perspektive von Gender, Hegemonie, Postkapitalismus und natürlich Neoliberalismus. Circa ab hier beschleicht einen der Verdacht, die Analyse bereits aus einem anderen historischen Kontext zu betrachten. Im Angesicht einer zutiefst unsicheren globalen Situation, von Brexit, Trump und Fake News blickt man fast wehmütig auf die Zeiten der Neoliberalismuskritik. Ist das Ende der Menschheit gleich das Ende der Welt? Der Beitrag von Philip Hammond und Hugh Ortega Breton diskutiert das populärkulturelle Phänomen einer sogenannten Öko-Apokalypse. Die Autoren hinterfragen, wie der Umwelt-Diskurs und die Populärkultur Gruppen repräsentieren und wie Eliten eine Öko-Apokalypse im politischen Diskurs instrumentalisieren. Žižek und Badiou folgend charakterisieren sie Umweltschutz als "neues Opium für die Massen": "Nothing better than a touch of ecology and catastrophe to unite the social classes." Sie argumentieren mit Erik Swyngedouw, dass Environmentalismus postpolitisch sei und einen Prozess der Depolitisierung eingeleitet habe. Visionen der Öko-Apokalypse seien symptomatisch für eine postpolitische Einstellung, innerhalb derer die Dringlichkeit einer Klimakatastrophe die demokratische Debatte darüber, wie eine mögliche Zukunft gestaltet sein könnte, beendet. Um ihre Thesen zu untermauern, werden The Day after Tomorrow und The Age of Stupid herangezogen, beides Filme, die zwar Darstellungen der Katastrophe des Klimawandels zeigen und zweifelsohne der Populärkultur angehören, aber nicht gerade dazu taugen, um sich fundiert mit einem ökologischen Diskurs auseinanderzusetzen. Die hässliche Prägung des "Climate-Porn" ist geschaffen. Die hier diskutierten Probleme sind spannend und scheinen von hochsensibler Natur. Angesichts der Tatsache, dass in der Zwischenzeit Klimawandelleugner die größte Wirtschaftsmacht der Welt übernommen haben, wird einem bei dieser Diskussion mehr als mulmig. Auch der Begriff der Elite wird im Beitrag von Hammond und Breton nicht näher definiert. Da aber Rechtspopulisten diesen Terminus manipulativ als Kampfvokabel verwenden, um sich von Politikern, die liberale Demokratien repräsentieren, abzugrenzen, sollte man damit etwas vorsichtiger hantieren. Auch die konstruierte Dichotomie von sozial versus ökologisch erscheint nicht ganz up to date. Der Stand der Diskussion um das Ende der Welt scheint den historischen Ereignissen rund um die Präsidentschaftswahlen in den USA und den Brexit nachzuhinken: denn seit der Neoliberalismus von Rechtsaußen überholt wurde, seit Klimawandel-Leugner die Geschicke des Planeten lenken, kann man mit der Behauptung, das Evozieren ökologischer Katastrophen fungiere nur als Ersatz für politische Visionen, nicht mehr viel anfangen. In der geisteswissenschaftlichen Diskussion über die Katastrophe manifestieren sich weiterhin die althergebrachten Dichotomien Natur-Kultur oder ökologisch-sozial. Der Mensch betrachtet sich dabei immer als außerhalb seiner Umwelt ohne sich dessen bewusst zu sein. Ökologen und Umweltschützer prognostizieren deswegen ein baldiges Ende des Anthropozäns (was die Humanities gar nicht gerne hören, gilt ihnen doch der Mensch als Nabel der Welt). Einen Dualismus von sozial gerechter Politik versus ökologische Verantwortung aufrecht zu erhalten, erscheint angesichts der politischen Tatsachen nicht realistisch. Der verzweifelte Kampf der Native Americans bei Standing Rock gegen die Ölpipeline durch ihre Reservate, hat gezeigt, dass es nichts weiter braucht, als mit bescheidenen Mitteln des zivilen Ungehorsams für das Recht auf sauberes Wasser einzutreten, um als Terrorist behandelt zu werden. Dass es dabei auch um Bürgerrechte und gesellschaftliche Probleme geht, und die Verteidigung ökologischer Ressourcen eine der politisch und gesellschaftlich relevantesten Themen unserer Zeit ist, ist evident. Es steht außer Frage, dass Menschen- und Umweltrechte eng miteinander verwoben sind. Was bietet der Band noch? Frederick Wasser bezieht sich ebenso auf von Triers Melancholia und liefert eine Analyse des Helden in der Risikogesellschaft. Wasser geht weiter über Spielbergs E.T. und Jurassic Park bis zu Emmerichs Desasterfilmen. Er zieht den Schluss, dass alle diese Filme ein Kämpfen im Angesicht der Katastrophe präsentieren und ein Narrativ des neoliberalen Überlebenskampfes anbieten. Wasser wirft die Frage auf, ob dieses Narrativ der Risk-society eine Antwort auf das unterdrückte Schuldgefühl des Neoliberalismus ist. Charles-Antoine Courcoux betrachtet etwa Emmerichs 2012 aus einer Gender-Perspektive und benennt in seinem Beitrag die Politik, die der Katastrophe in 2012 unterliegt, mit dem Neologismus 'ecomasculinist'. Der weiße amerikanische Mann der Mittelklasse ist die Leitfigur der Weltordnung. Im 12. Kapitel des Bandes tauchen endlich Zombies auf. Zombies repräsentieren die logische Folgerung einer kapitalistischen Gesellschaft, doch da die Zombiethematik schon ziemlich abgefrühstückt ist, findet sich hier leider nichts wirklich Neues. Interessant ist der Beitrag "Opposing Thatcherism" im letzten Kapitel des Bandes. Die Autorin beschäftigt sich nicht mit populärkulturellen Filmen, sondern etwa mit Derek Jarmans The Last of England und mit Peter Greenaways A TV Dante. Jarmans Film zeigt, wie stark apokalyptisches Denken in den Diskurs über die Moderne eingebettet ist und wie der Wechsel vom religiösen Denken über den Weltuntergang hin zu einem säkularen verläuft. Sehr spannend ist die Analyse der intermedialen Bezüge etwa zu T.S. Eliots The Waste Land in Jarmans experimentellem Film. Der Band scheint ein grundsätzliches Problem aktueller akademischer Studien mit Bezug zum Tagesgeschehen sichtbar zu machen: Wann immer sich eine akademische Arbeit auf tagespolitisches Geschehen konzentriert, droht die Analyse dem schnellen zeitgeschichtlichen Wandel hinterherzuhinken. Die Ereignisse überholen in kürzester Zeit das Ergebnis der Studie. Es bleibt zu beobachten, wie die Filmindustrie auf die zunehmende Unsicherheit der Weltordnung reagiert. Eine Tendenz scheint sich schon abzuzeichnen: Mit zunehmendem politischem Chaos und realen Bedrohungsszenarien schwindet die populärkulturelle Lust am Desaster. Das Auf- und Abschwellen des Interesses an Katastrophenszenarien zeigt wie oberflächlich die Auseinandersetzung damit ist. An der ökologischen Bedrohung der Existenzgrundlagen hat sich in der Zwischenzeit ja nichts geändert, diese hat sich lediglich stetig intensiviert, in manchen Regionen der Erde sogar rapide. Der Guardian brachte kürzlich einen Artikel, in dem bemerkt wurde, dass ein möglicher Atomkrieg wieder absolut denkbar sei. Der Topos des Weltuntergangs hat einen neuen Aufschwung erhalten und sogar eine nukleare Bedrohung erscheint wieder hochaktuell und keinesfalls als rhetorische Finte, um die Masse in Hysterie zu versetzen. Die Ignoranz, mit der Wohlstandsrevoluzzer der Ersten Welt über ökologische Probleme, die sie nur peripher betreffen, hinweggehen, erinnert an Karl Kraus' Diktum: "Der Zustand, in dem wir leben, ist der wahre Weltuntergang: der stabile."
Das Buch widmet sich den Argumenten zeitgenössischer muslimischer Denker zum Thema Krieg und Frieden und behandelt die konfessionelle, geografische und ideologische Diversität islamischer Friedensethik. Ein Teil der Beiträge wurde verfasst von unterschiedlichen Gruppierungen und Gelehrten, die sowohl die sunnitischen als auch die schiitischen Zweige des Islams repräsentieren, und es gibt Beiträge zu den unterschiedlichen Einstellungen gegenüber Gewalt, ausgehend von Pazifismus und Traditionalismus hin zu Fundamentalismus und Dschihadismus. Die Beiträger sind Wissenschaftler aus verschiedenen Ländern, u.a. Indonesien, Pakistan, dem Iran, der Türkei, Deutschland, dem Vereinigten Königreich, den USA und Belgien. Die Kapitel des Buches behandeln das Thema aus unterschiedlichen disziplinären Perspektiven wie Theologie, Philosophie, Religions-, Kultur- und Politikwissenschaft. Das Buch ist in drei Teile gegliedert: a) Methodik und Theorie islamischer Friedensethik, b) Jus ad bellum und c) Jus in bello. Mit Beiträgen von: Dirk Ansorge, Abdessamad Belhaj, Seyed Hassan Eslami, Oliver Leaman, Simona E. Merati, Najia Mukhtar, Charles M. Ramsey, Sybille Reinke de Buitrago, Yahya Sabbaghchi, Heydar Shadi, Bianka Speidl und Asfa Widiyanto. ; Heydar Shadi (ed.) ; Gesehen am 15.10.2020
Die Einteilung der Friedenserziehung in Maßnahmen bei Situationen relativer Ruhe, bei nicht mit Waffen ausgetragenen Spannungen und im Umfeld bewaffneter Konflikte wird um den Kontext Hybridkrieg gegen den (gegenwärtig besonders islamistischen) Terror ergänzt. Für dieses Aufgabenfeld werden folgende Aktivitäten in den Blick genommen: Reformulierung der islamischen Theologie im Sinne einer die Barmherzigkeit Gottes hervorhebenden Deutung, auf Friedensbau gerichteter islamischer Religionsunterricht, sozialpädagogische Prävention der Rekrutierung in Terrorgruppen, pädagogische Maßnahmen zur Verhinderung von "Gegenterror", Friedenserziehung in den Ursprungsregionen des Terrors. (DIPF/Orig.) ; The segmentation of peace education into measures to be taken in contexts of relative tranquility, measures to be taken in contexts of tension without armed fighting and measures for contexts of armed conflict is complemented by measures for the category of hybrid war against (today mainly Islamist) terrorism. For the latter task the following procedures are explicated: a reformulation of Islamic theology underlining the meaning of the mercy of God, peace oriented Islamic religious education in schools, social work measures preventing recruitment for terrorist groups, educational activities to prevent "counter-terrorism" and peace education in regions where terrorism originates. (DIPF/Orig.)
Der Sprengstoff PETN ist äußerst schwer zu detektieren. Ein verbesserter anti-PETN-Antikörper wurde durch Anwendung des Bioisosterie-Konzepts entwickelt. Diese polyklonalen IgGs sind sehr selektiv und sensitiv. Die Nachweisgrenze des ELISAs beträgt 0,15 µg/L. Der Messbereich des Immunoassays liegt zwischen 1 und 1000 µg/L. Die Antikörper sind recht pH-stabil als auch robust gegen Lösungsmittelzusätze. Für die Umweltanalytik von TNT wurde eine HPLC-kompatible Affinitätssäule mit porösem Glas als Trägermaterial hergestellt. Um die anti-TNT-Antikörper selektiv aus den TNT-Seren zu isolieren, wurde eine Trennung an einer Dinitrophenyl-Affinitätssäule durchgeführt. Zur Optimierung der Kopplungsmethode wurden orangefarbene Dabsyl-Proteine synthetisiert und auf der Oberfläche gebunden. Die Färbung wurde als Indikator für die Ligandendichte verwendet. Wegen der hohen Affinitätskonstanten der anti-TNT-IgGs lässt sich TNT nicht reversibel von der TNT-Affinitätssäule eluieren. Daher wurde eine neuartige Elutionsmethode entwickelt, die thermische Online-Elution. Die maximale Kapazität einer TNT- Affinitätssäule betrug 650 ng TNT bzw. 10 µg/mL Säulenvolumen. Um die Ligandendichte der TNT-Affinitätssäulen zu bestimmen, wurde ein neues Verfahren entwickelt, da die spektroskopischen Proteinbestimmungsmethoden nicht geeignet waren. Zur Proteinbestimmung wurde eine HPLC-Trennung der Aminosäuren Tyr und Phe ohne vorherige Derivatisierung entwickelt. Die Proteinhydrolysezeit wurde durch Einsatz einer Mikrowelle von 22 h auf 30 min verkürzt. Zur internen Kalibrierung wurden HTyr und FPhe verwendet. Die Nachweisgrenze bei 215 nm ist sowohl für Tyr als auch für Phe 0,05 µM (~ 10 µg/L). Dieses neue Verfahren, das als Aromatische Aminosäureanalyse (AAAA) bezeichnet werden kann, wurde zur Proteinbestimmung von homogenen Proben mit NIST-BSA validiert, wobei die Nachweisgrenze für Proteine 16 mg/L (~ 300 ng BSA) ist. Die relative Standardabweichung incl. der Hydrolysestufe beträgt 5%. ; The explosive Pentaerythritol tetranitrate (PETN) is extremely difficult to detect. An improved antibody against PETN was developed by using the bioisosteric concept. These polyclonal antibodies are highly selective and sensitive. The limit of detection (LOD) of the ELISA was determined to be 0.15 µg/L. The dynamic range of the assay was found to be between 1 and 1000 µg/L. The antibodies are sufficiently pH-stable and resistant to solvent additives. An HPLC-compatible TNT-affinity column with porous glass as support material was prepared for the environmental analysis. In order to isolate the anti-TNT antibodies of the TNT sera a separation was carried out on a dinitrophenyl-affinity column. To optimize the immobilization method, orange-coloured dabsyl proteins were synthesized and bound to the surface. The colour intensity was found to be an indicator for the immobilization rate. In consequence of the high affinity constants of the anti-TNT antibodies, TNT can''t elute by a typical acidic elution step. Therefore, a novel separation approach, the thermal online-elution was developed. The maximum capacity of an affinity column was 650 ng TNT or 10 µg/mL of column volume. To quantify the immobilization rate of proteins, a new method has been developed, because the usual protein determination methods were unsuitable. Therefore an HPLC separation method of Tyr and Phe was developed without prior derivatization. Two internal standard compounds, HTyr and FPhe, were used for calibration. The LOD was estimated to be 0.05 µM (~ 10 µg/L) for Tyr and Phe at 215 nm. The protein hydrolysis time was reduced from 22 h to 30 min using microwave technique. This procedure, that was termed aromatic amino acid analysis (AAAA), has been validated for protein determination of homogeneous samples with NIST-BSA. The LOD for proteins was calculated to be below 16 mg/L (~ 300 ng BSA absolute). The relative standard deviation, including the hydrolysis step, is 5%.
Ausgehend von der These, Luftverkehr finde am Boden statt, entwickelt die am Institut für Kulturwissenschaft verteidigte Dissertation eine spezifische Geopolitik des Luftverkehrs. Der Luftverkehr wird dabei über seine Operationen am Boden und an Flughäfen untersucht. Der genaue Blick auf die technischen Details bei der Implementierung dieser Anlagen in machthistorisch entscheidenden Momenten des 20. Jahrhunderts ermöglicht eine Revision geopolitischen Denkens und eröffnet einen innovativen Zugang für eine Genealogie der Globalisierung. Die Dissertation analysiert die Bewegungen in der Luft auf ihre stets lokalen und immanent territorialen Dimensionen – und widerlegt so den vermeintlichen und häufig wiederholten Anspruch an den Luftverkehr, er sei das globale, raumvernichtende Verkehrssystem par excellence (Carl Schmitt, Paul Virilio, Martin Heidegger). Die Dissertation ist auch ein Beitrag zur Genealogie von Medientheorie, insofern sie unter Rückgriff auf Harold A. Innis die Übertragung nicht von Zeichen, sondern von Personen und Gütern zum Gegenstand hat. Historisch geht sie von der Kriegslogistik der USA im Zweiten Weltkrieg aus. Sie bezieht heterogene Quellen ein: politische Programme und Debatten, internationale Beziehungen; philosophische, juridische, ökonomische und urbanistische Diskurse; ingenieurstechnische Entwicklungen und militärische Doktrinen. Sie nimmt den Leser mit auf eine Reise über alle Meere und Kontinente mit Fokus auf Saudi-Arabien, Zentral- und Südafrika, Brasilien und den Nahen Osten, untersucht Ereignisse von den 1930er bis 1970er Jahren und endet mit einem Epilog zu den Anschlägen vom 9. September 2011. ; This dissertation develops a specific geopolitics of aviation, taking an original perspective as it starts with the assumption that air travel happens on the ground. The focus is on a thorough examination of the technical details for implementing the facilities of airports at moments decisive for the distribution of power in the 20th century. Geopolitical discourses are revised to enable an original understanding for the genealogy of globalisation. The dissertation analyses movements in the air with view on their immanent local and territorial dimensions. It breaks with the overcome understanding of aviation as a traffic system that is global and that destroys space as no other (Carl Schmitt, Paul Virilio, Martin Heidegger). The dissertation was disputed at the Institute for Cultural Studies. It is also a contribution to the genealogy of media theory, following in the footsteps of Harold A. Innis, as it focuses on the neglected transmission of goods and people instead of signs and codes. Starting point is the US military logistics in World War II. The heterogeneous material under review includes political programmes and debates; international relations; philosophical, juridical and economic discourses; urbanism, engineering and military doctrines. It takes the reader on a journey around the world, with focus on Saudi-Arabia, Central and Southern Africa, Brazil and the Near East, taking into account events from the 1930s to 1970s, and concluding with an epilogue on the events of 9/11.
The objective of this thesis is to explore the relationship between the performance of Indonesia's civilian regimes in security sector reform and the military's response to these reforms. The period of investigation spanned the entire process of democratic transition from the resignation of President Soeharto and the collapse of his authoritarian New Order regime in May 1998 to the end of the presidency of Megawati Soekarnoputri in October 2004. With the subsequent presidency of Susilo Bambang Yudhoyono, Indonesia entered a period of political consolidation. By that time, a lengthy process of constitutional change had come to an end and ushered in a new presidential political system which has been rated by Freedom House and other democracy indices as the most democratic in Southeast Asia. Yet, this study shows that democratic consolidation is still incomplete. By the end of the transition process the military as the former authoritarian regime's major pillar had regrouped and rescued many of its erstwhile privileges and reserved domains into the Era Reformasi. This thesis examines the reasons why military reform in Indonesia was only partial and why military influence resurged in the post-Soeharto years. The thesis departs from the theoretical transition literature by combining actor-oriented, structural and cultural perspectives. Empirically, the study rests on extensive interviews, newspaper analysis, internet research and analysis of websites, publicly accessible documents, statistics and scientific literature. The study explores for each of the three transitional civilian presidencies between 1998 and 2004 (Habibie, Abdurrahman Wahid and Megawati Soekarnoputri) military responses to civilian reform in areas such as prosecution of human rights violations by the military and the investigation of corruption cases (KKN --Kolusi, Korupsi, Nepotisme) involving the former President Soeharto and his cronies, as well as separatism and Islamic radicalism. The study demonstrates that even though the armed forces were in retreat after the end of the New Order regime and discredited in large parts of the public due to flagrant human rights violations and severe military repression in the Soeharto era, the TNI managed to remain a major power factor in the Indonesian political system. The Megawati presidency confirmed the second hypothesis formulated at the outset of the study: The less reform policies of the democratic civilian regimes threatened the vested interests of the Indonesian military, the more likely it was that the military behaved cooperatively towards the respective regimes. However, while this brought back political stability to the country, it also shut doors to further military reform. By the end of her presidency, the military had regrouped and regained a position which, although less powerful than in the Soeharto era, was far more influential than the armed forces in a full-fledged (Western) democracy. Finally, the study also confirms the hypothesis that the combination of historical and cultural factors and the civilian regimes' poor performance was conducive to the Indonesian military's resistance to reform. It was amply demonstrated that the ideological underpinnings of the TNI still resonated strongly with the integralistic and organicist conception of statehood which became the main characteristic of the 1945 State Constitution. Indonesian organicism was closely linked to seemingly traditional Javanese notions of power and kingship, which also attributed an elevated role to the ksatria, the warriors. These notions of statehood, which combined conservative Western influences with Javanese tradition, were inculcated into the collective memory of the armed forces through the soldier's oath, military doctrines such as the Sapta Marga and at all levels of officers training. They fell on fertile ground as until today a majority of the TNI officer corps is of Javanese descent. More importantly, however, many of the organicist and integralistic notions of statehood are shared not only by the military, but also by wide sections of the public. Especially Megawati Soekarnoputri shared these ideas which she adopted from her father, Indonesia's first president, Soekarno, but they are also highly popular in her party, the Partai Demokrasi Indonesia Perjuangan (PDI-P) and many other nationalist forces in the country. With these cognitive predispositions in wide sections of the Indonesian political class, the military and the public, it may be explained why the military influence on Indonesian politics is so resilient. It also does not bode well for military reform, which after the stalemate reached under the Megawati presidency will proceed only very slowly in the future. ; Die vorliegende Dissertation beschäftigt sich im Rahmen der politikwissenschaftlichen Transitionsforschung mit der Problematik der zivilmilitärischen Beziehungen und deren Einfluss auf den Demokratisierungsprozess in Indonesien. Der Untersuchungszeitraum umfasst die politischen und gesellschaftlichen Prozesse seit dem Zusammenbruch des autoritären Regimes im Jahre 1998 bis hin zum Ende der Präsidentschaft von Megawati Sukarnoputri im Oktober 2004. Ausgangspunkt der politischen Transition in Indonesien waren der Rücktritt Suhartos und der damit verbundene Zusammenbruch der autoritären "Neuen Ordnung" im Jahre 1998. Im Zuge des sich daran anschließenden Demokratisierungsprozesses wurden von den Zivilregierungen der Folgejahre mehrfach Versuche einer Reformierung des indonesischen Sicherheitssektors vorgenommen. Das Widererstarken des Militärs in den letzten Jahren lässt jedoch erkennen, dass speziell im Bereich des Sicherheitssektors bislang nur partiell Reformen durchgesetzt werden konnten. Am Ende des Transitionsprozesses hat es das Militär, welches die wichtigste Stütze des autoritären Vorgänger-Regimes war, geschafft, sich zu reorganisieren und eine Vielzahl seiner alten Privilegien in die Reformasi-Ära zu überführen. Obwohl Indonesien mit der Präsidentschaft von Susilo Bambang Yudhoyono im Jahre 2004 in die Phase der demokratischen Konsolidierung eingetreten ist und das neue demokratische System von verschiedenen Demokratie-Indizes durchaus positiv bewertet wurde, muss in Anbetracht der gegenwärtigen Einflussmöglichkeiten des Militärs auf zivil-politische Prozesse davon ausgegangen werden, dass der Konsolidierungsprozess in Indonesien noch nicht abgeschlossen ist. Ausgehend von der Frage, warum der Einfluss der Streitkräfte in der post-Suharto-Ära wieder zugenommen hat, wird untersucht, was die Gründe für die lediglich partielle Reformierung des Militärs in Indonesien waren. Diesbezüglich werden die Reformvorhaben im Bereich des indonesischen Sicherheitssektors und die Reaktionen des Militärs auf diese in den drei Präsidentschaftsperioden der indonesischen Transitionszeit zwischen 1998 und 2004 in welcher Habibie, Abdurrahman Wahid und Megawati Soekarnoputri regierten, analysiert. In allen drei untersuchten Regierungsphasen wurden Reformvorhaben im Bereich des Sicherheitssektors angestoßen. Diese bezogen sich unter anderem auf die Strafverfolgung von Menschenrechtsverletzungen, die Untersuchung von Korruptionsfällen im Umfeld des ehemaligen Präsidenten Suharto und den Umgang mit separatistischen und militanten islamischen Gruppierungen. Die theoretische Fundierung der Dissertation bilden politikwissenschaftliche Transitionstheorien, anhand welcher durch die Kombination von akteurszentrierten, strukturalistischen und kulturalistischen Ansätzen eine multiperspektivische Herangehensweise intendiert wird. Empirisch beruht die Studie auf umfangreichen Interviews, Internetrecherchen und der Analyse von Zeitungsartikeln, Internetseiten, öffentlich zugänglichen Dokumenten, Statistiken und fachwissenschaftlicher Literatur. Die Ausgangsthese der vorliegenden Arbeit lautet, dass das Militär in Indonesien nach wie vor einen bedeutenden Machtfaktor innerhalb des politischen Systems darstellt. Trotz des Rückzuges der Streitkräfte infolge des Endes der "Neuen Ordnung" und ihrer Diskreditierung in weiten Teilen der Öffentlichkeit aufgrund von Menschenrechtsverletzungen und militärischen Repressionen während der Suharto-Ära, hat es das Militär geschafft, einige zentrale Einflusssphären in die Phase der demokratischen Konsolidierung zu überführen und sich als fester Bestandteil des neuen politischen Systems zu etablieren. Die unzureichende Entmachtung der Streitkräfte kann sowohl auf interne als auch auf externe Einflussfaktoren zurückgeführt werden. So wurde das Wiedererstarken des Militärs durch die Schwäche der zivilen Regierungen und die Machtkämpfe innerhalb der politischen Elite, welche diese zur Kooperation mit militärischen Kräften veranlasste, begünstigt. Darüber hinaus hat aber auch der nachlassende externe Druck, der auf einen Bedeutungszuwachs des Militärs im Rahmen der internationalen und nationalen Terrorismusbekämpfung zurückzuführen ist, zu einem Wiedererstarken der Streitkräfte beigetragen. Die Terroranschläge in den USA und Europa und insbesondere jene in Indonesien selbst, lenkten die Aufmerksamkeit zunehmend auf Strategien der Terrorismusbekämpfung. Demzufolge wurde das Militär, welches als wesentlicher Akteur des "Krieges gegen den Terrorismus" innerhalb Indonesiens betrachtet wurde, auch von internationalen Mächten wie den USA rehabilitiert, was zu einem Nachlassen des Reformdrucks im Bereich des Sicherheitssektors führte. Zudem können für jede der drei untersuchten Regierungsphasen spezifische Problemkonstellationen herausgestellt werden, die das Verhalten von Zivilregierung und Militär hinsichtlich der Reformierung des Sicherheitssektors beeinflusst haben. Zusammenfassend lässt sich mit diesen empirischen Befunden nachweisen, dass die Reformverweigerung des indonesischen Militärs letztendlich durch eine Kombination aus historischen und kulturellen Faktoren und unzureichender Regierungsperformanz begünstigt wurde.
When crises develop, people are confronted with difficulties beyond those experienced in normal everyday activities. Due to the perceived threats inherent to such situations, familiar behaviors may prove ineffective, and such attempts can pose dangerous and unpredictable risks. Crises are extreme situations, occurring at the very edges of human experience. Oral communication in such situations cannot be casual; the seriousness of the situation demands exceptional communicative performance on the part of the participants. Therefore, certainties about everyday communication conventions are called into question. The following work examines conversations during which the participants were involved in an extreme situation. In this particular crisis, a politically motivated kidnapping, the personal involvement of the interlocutors is substantial. A clear and present fear of the situation escalating and the possibility of a failure to anticipate the resulting reactions from the other party(ies) characterize the communicative acts of those involved. Recorded telephone calls during the occupation of the West German Embassy in Stockholm by members of the Red Army Faction (RAF) on April 24, 1975 comprise the basis for this analysis. One of the occupiers speaks with various interlocutors located in an adjacent embassy building. These interlocutors are relatives of the hostages, the Swedish Minister of Justice, and a German official charged with leading the negotiations. In this study, the communicative processes of the crisis are reconstructed. In order to show how the interlocutors attempt to reach their goals in this tense situation with the resources available to them, as well as what they in fact achieve, ethnographic methods of analysis have been employed. This study shows how, despite strong conflicting interests and motives, a shared reality is built through the actions of the interlocutors. The interaction between two key figures in the early stages of the crisis can even be characterized as a form of coalition building. An explanation as to why this collaboration is not retained in the subsequent course of the events, however, leading to an escalation of the situation, is also presented. Furthermore, the following work sets forth qualities needed to interactively build a coalition in a precarious crisis situation, which has arisen between parties characterized by diametrically opposed aims.
Seit dem Zweiten Weltkrieg waren niemals so viele Menschen auf der Flucht wie heute. Nachdem geflüchtete Menschen in Deutschland zunächst bereitwillig willkommen geheißen wurden (wenn auch nicht von allen), hat sich die Stimmung inzwischen verändert: Mittlerweile werden sie vielmehr auch als Bedrohung und Belastung (für das deutsche Bildungs- und Ausbildungssystem, aber auch den Mietmarkt) gesehen, während gleichzeitig recht floskelhaft auf die Bedeutung von Bildung für die "Integration" verwiesen wird. In diesem Jahrbuch werden vor allem drei Aspekte der Debatte diskutiert: Erstens wird aus unterschiedlichen Perspektiven untersucht, wie Pädagogik Krieg, Terror und Gewaltverhältnisse historisch und gegenwärtig thematisiert(e) und wie sie – beispielsweise durch die Reflexion der Professionalitätsverständnisse von Bildnerinnen und Bildnern oder durch themenbezogene Inhalte und Methoden – versucht(e) wirksam zu werden. Zweitens werden Flucht und Migration im Spiegel (rassismus-)kritischer Forschung thematisiert. Dabei geht es sowohl um die Rekonstruktion der Mechanismen von Diskriminierungen in ihren vielschichtigen Wirkungsweisen als auch um konkrete Überlegungen zur pädagogischen Arbeit mit Geflüchteten. Als dritter Aspekt wird die pädagogische Auseinandersetzung mit Entwicklungen einer neuen Rechten in den Fokus gerückt, die ihre Programme als Antwort der "Mehrheitsgesellschaft" auf die Folgen von Krieg und Terror inszeniert. (DIPF/Orig.)
Vortrag von Sina Marie Nietz bei Festo am 24.10.2019 (verschriftlichte Form)Der Titel dieses Vortrags beinhaltet mehrere "Riesenbegriffe": Globalisierung und Digitalisierung, zwei Begriffe, die heutzutage geradezu inflationär genutzt werden und dabei ganz unterschiedliche Prozesse und Entwicklungen beschreiben. Autonomer Individualverkehr, Pflege-Roboter, softwaregesteuerte Kundenkorrespondenz und Social Media, Big-Data-Ökonomie, Clever-Bots, Industrie 4.0. Die Digitalisierung hat ökonomische, kulturelle und politische Auswirkungen auf allen gesellschaftlichen Ebenen. Die zunehmenden technischen Möglichkeiten vor allem durch KI zwingen uns auch zu einer Auseinandersetzung mit ethischen Fragen und unseren bisherigen Konzepten von Intelligenz. Was zeichnet menschliches Handeln aus? Wie unterscheidet sich menschliche, natürliche Intelligenz von Künstlicher? Die Frage, was menschliches Handeln und menschliche Intelligenz von Maschinen unterscheidet, wird aus einem Alltagsverständnis heraus häufig mit Emotionen wie Empathie, Mitgefühl, Einfühlungsvermögen, Mitmenschlichkeit beantwortet. All diese Begriffe wollen wir nun zunächst einmal unter "emotionaler Intelligenz" zusammenfassen, bevor wir uns zu einem späteren Zeitpunkt näher damit auseinandersetzen werden.Globalisierung – ein weiterer überaus komplexer Begriff, der genutzt wird, um ganz unterschiedliche Prozesse zu beschreiben. Globalisierung meint die Verflechtung von Handelsbeziehungen und Kommunikationstechnologien sowie den Anstieg von Mobilität. Globalisierung umfasst zunehmende transnationale Abhängigkeiten in Form von losen Abkommen, Verträgen und Gesetzen. Globalisierung bedeutet auch, dass Organisationen wie NGOs, transnationale Institutionen, Konzerne und Staaten über Ländergrenzen hinweg agieren und kooperieren. Globalisierung meint jedoch auch globale Herausforderungen wie internationalen Terrorismus und vor allem die Klimakatastrophe. In dieser Zeit zunehmender Verflechtungen und internationaler Abhängigkeiten lassen sich gleichzeitig nationalistische Tendenzen beobachten, die der zunehmenden Öffnung gesellschaftliche Abschottung entgegenzusetzen versuchen. Die Frage nach Öffnung oder Abschottung polarisiert und spaltet. In der Wissenschaft wird von einer neuen gesellschaftlichen Konfliktlinie, einer cleavage gesprochen. Die cleavage zwischen Öffnung und Abschottung, zwischen Kosmopoliten und Nationalisten, zwischen Rollkoffer und Rasenmäher.Die Ergebnisse der letzten Europawahlen im Mai 2019 haben jene cleavage eindeutig widergespiegelt. Die etablierten Parteien, allen voran CDU/CSU und SPD, haben erneut massiv Wählerstimmen eingebüßt. Wohingegen auf der einen Seite der neuen gesellschaftlichen Konfliktlinie die AfD mit ihrem Abschottungskurs und auf der anderen Seite die Grünen, die klare Kante für Kosmopolitismus verkörpern, Stimmenzuwächse verzeichnen konnten. Auch in anderen europäischen Ländern sahen die Wahlergebnisse programmatisch vergleichbarer Parteien ähnlich aus.Bereits seit der Wirtschafts- bzw. "Eurokrise" erhalten rechtspopulistische Parteien zunehmend Zuspruch in ganz Europa. Deutschland war mit der AfD in dieser Hinsicht ein Nachzügler. Der Begriff "Rechtspopulismus" ist dabei nicht ganz unproblematisch. Zum einen dient er als sogenannter "battle term", um gegnerische Parteien oder PolitikerInnen zu degradieren. Zum anderen findet er keine einheitliche Verwendung, sondern wird genutzt, um einen Politikstil, eine rhetorische Strategie, eine Mobilisierungsstrategie oder eine politische Ideologie zu bezeichnen. Des Weiteren bildet sich zunehmend der Konsens heraus, dass mit dem Begriff auch die Gefahr der Verharmlosung in Bezug auf Parteien oder Personen einhergeht, die ihrer politischen Gesinnung nach eigentlich als rechtsradikal bis rechtsextrem einzuordnen sind. Trotz dieser Schwierigkeiten hat sich in den vergangenen Jahren durch zahlreiche Publikationen ein wissenschaftlicher Konsens geformt. Im Folgenden soll die Definition von Rechtspopulismus nach Jan Werner Müller, einem der federführenden Populismusforscher in Deutschland, umrissen werden. Populismus leitet sich von dem lateinischen Wort "populus", zu deutsch "Volk", ab. Der Bezug auf das Volk ist für jede Form des Populismus essenziell. In der Logik des Populismus stehen "dem Volk" die "korrupten Eliten", das Establishment gegenüber ("Altparteien", "Eurokraten"…). Es ist prinzipiell variabel, wer zu den Eliten zählt. In diesem Zusammenhang wird häufig das vermeintliche Paradoxon Donald Trump angeführt. Dieser zählt aufgrund seines Vermögens definitiv zu einer finanziellen Elite, kann sich jedoch aufgrund seines Mangels an Politikerfahrung als Politikaußenseiter, als "Mann aus dem Volk" und Sprachrohr des Volkes darstellen.Jan Werner-Müller zufolge sind RechtspopulistInnen immer anti-elitär, doch nicht jeder, der Eliten kritisiert, ist auch automatisch ein Rechtspopulist. Es muss immer noch ein zweites Kriterium gegeben sein, nämlich das des Anti-Pluralismus. In einer pluralistischen Gesellschaft konkurrieren zahlreiche verschiedene Organisationen, gesellschaftliche Gruppierungen und Parteien um wirtschaftliche und politische Macht. Es herrscht außerdem Vielfalt in Form von Meinungen und unterschiedlichen Lebensentwürfen. Rechtspopulismus lehnt diese Vielfalt ab. Es findet demnach nicht nur eine Abgrenzung nach oben zu "den Eliten", sondern auch nach unten ("Sozialschmarotzer") bzw. außen ("der Fremde", "der Islam", "die Flüchtlinge", Homosexuelle) statt. Rechtspopulistische Repräsentanten behaupten, ein homogen gedachtes "wahres Volk" mit einem einheitlichen Volkswillen zu vertreten. So wird ein moralischer Alleinvertretungsanspruch postuliert. Da der homogen konstruierte Volkswille in der Logik des Rechtspopulismus a priori feststeht und RechtspopulistInnen diesen repräsentieren, bedarf es keiner anderen Parteien oder Vertreter. Daraus ergibt sich jedoch ein Logikproblem, wenn sie dann bei Wahlen nicht die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinen können. So betrug der Stimmenanteil der AfD bei der Bundestagswahl 2017 12,6%. Um diese Differenz "erklären" zu können, werden verschwörungstheoretische Erklärungsmuster wie das einer "schweigenden Mehrheit" herangezogen. Es werden gezielt Zweifel am politischen System, an den Medien ("Lügenpresse") und der Wissenschaft gesät. Es wird auf vermeintliche Fehler im System und die angebliche Unterdrückung des "eigentlichen Volkswillens" verwiesen. So schaffen RechtspopulistInnen eine Parallelwelt der "alternativen Fakten" und tragen zur Spaltung der Gesellschaft bei.Betrachtet man die verschiedenen rechtspopulistischen Parteien und Bewegungen in Europa, stößt man auf Unterschiede in deren Inhalten und Strategien. So hat Geert Wilders in den Niederlanden beispielsweise immer eine sehr liberale Gesellschaftspolitik vertreten, etwa in Form liberaler Abtreibungsgesetze und der Befürwortung gleichgeschlechtlicher Ehen. In Polen fährt die PiS-Partei hingegen einen katholisch geprägten konservativen Kurs hinsichtlich gesellschaftspolitischer Themen, wie auch die FPÖ in Österreich. Als gemeinsame Klammer dient allen rechtspopulistischen Parteien ihre ablehnende bis feindliche Haltung gegenüber Migration und "dem Islam". Die ausgrenzende Gesinnung bildet demnach das Kernelement rechtspopulistischer Ideologien. Das bedeutet, dass es keinen Rechtspopulismus ohne Feindbilder gibt.Und damit wären wir bei der ersten These meines heutigen Vortrags: Feindbilder sind das Kernelement von Rechtspopulismus. Rechtspopulistische Parteien greifen gezielt xenophobe Vorurteile, Stereotype und Emotionen wie Angst und Hass auf, schüren diese und verbreiten sie so. Wir werden gleich noch darauf zu sprechen kommen, wie sie dies genau machen. Vorurteile sind eine effektive Strategie, um Ungleichheit oder die Entstehung von Ungleichheit zu legitimieren. Hier dockt der Populismus perfekt an die bereits vorhandene Ungleichheitsideologie unserer meritokratischen Leistungsgesellschaft an. Unsere freie Marktwirtschaft basiert auf der Annahme der Notwendigkeit von Ungleichheit und legitimiert diese durch unterschiedliche Mechanismen. Stichworte in diesem Kontext lauten: survival of the fittest, Leistungsprinzip, Konkurrenzdruck in Zeiten von Outsourcing von Arbeitsplätzen und Zeitarbeit, Selbstoptimierung, Humankapital.Ich würde Sie an dieser Stelle gerne zu einem kurzen Exkurs in die Kognitionswissenschaft einladen, um die Bedeutung von Vorurteilen und Stereotypen für das menschliche Denken und Handeln näher zu erläutern. Der menschliche Verstand benötigt Kategorien zum Denken, zum Einordnen und Verarbeiten von Sinneseindrücken und Informationen. Andernfalls würde der Prozess der Informationsverarbeitung viel zu viel Zeit beanspruchen und wir wären nicht handlungsfähig. Wir ordnen unsere Eindrücke also bestimmten, vorgefertigten Kategorien zu. Innerhalb einer Kategorie erhält nun alles dieselbe Vorstellungs- bzw. Gefühlstönung. Der Grad der Verallgemeinerung hängt mit dem Wissen über die einzuordnende Information zusammen. Auf die rechtspopulistischen Ausgrenzungsstrategien bezogen ergibt sich Folgendes: Es wird das Feindbild "Islam" konstruiert und mit Eigenschaften wie "Gewalt" und "Terror" verknüpft. Dabei wird nicht zwischen verschiedenen Strömungen und Glaubensrichtungen unterschieden, sondern alles zu einem homogenen Gebräu innerhalb derselben Kategorie umgerührt. Individuen, die aufgrund von Herkunft, Religionszugehörigkeit, Ethnie etc. dieser Gruppe zugezählt werden, werden als Teil der Feindgruppe gedacht, nicht als Individuen. Sie werden objektiviert und entmenschlicht. Das Leiden des Einzelnen geht in der Masse unter und Empathie wird verhindert. Einzelne Ausnahmen werden als solche anerkannt, um das Gesamtbild, bzw. die gebildeten Kategorien, aufrechterhalten zu können. Und damit sind wir bei der zweiten These angelangt: Die Verallgemeinerung rechtspopulistischer Ausgrenzungsstrategien verhindert Empathie.Die einfache Zweiteilung des Freund-Feind-Denkens geht mit einer enormen Reduktion von Komplexität einher - ein attraktives Angebot in Zeiten zunehmender Komplexität und Undurchschaubarkeit (Stichwort Globalisierung). Doch wie werden diese Feindbilder nun genau erzeugt und aufrechterhalten? Hierzu bedienen sich rechtspopulistische Akteure unterschiedlicher rhetorischen Strategien.Rechtspopulistische Sprache ist zumeist eine reduktionistische und sehr bildhafte Sprache. Es werden häufig Metaphern verwendet, die Träger einer Botschaft sind. So ist der im Kontext der Migrationsbewegungen ab 2015 oft verwendete Begriff "Flüchtlingswelle" kein neutraler Begriff. Die Zusammensetzung der beiden Worte "Flüchtlinge" und "Welle" impliziert eine unaufhaltsame Naturgewalt, gegenüber der es sich durch Bauen eines Dammes abzuschotten gilt. Zudem finden auch biologistische Metaphern wie "Flüchtlingsschwärme" ihren Einzug in rechtspopulistische Narrative. Die Entlehnung nationalsozialistisch geprägter Begriffe wie beispielsweise "völkisch" durch Akteure der AfD hat nicht nur einmal zu medialer Aufmerksamkeit geführt. Weitere häufig verwendete rhetorische Strategien und Stilmittel sind Wiederholungen, Wortneuschöpfungen, Tabubrüche, kalkulierte Ambivalenz und auch die eingangs erwähnten Verschwörungstheorien. Ich möchte diese Stilmittel nicht im Einzelnen näher ausführen. Aber ich möchte auf die Beziehung zwischen Rechtspopulismus und Medien aufmerksam machen. Es gab in den vergangenen Monaten zahlreiche Beispiele für Tabubrüche seitens der AfD, die nach und nach zu einer Diskursverschiebung geführt hat, die mit einer Normalisierung von Gewalt in der Sprache im öffentlichen Diskurs einhergeht.Medien und Populismus folgen ähnlichen Kommunikationsstrategien wie beispielsweise Personalisierung, Emotionalisierung, Dramatisierung und Komplexitätsreduktion. Trotz der grundlegend feindlichen Einstellung rechtspopulistischer Parteien gegenüber der "Lügenpresse" gehen Populismus und Massenmedien eine Art Symbiose ein. Die Massenmedien sind auf Schlagzeilen angewiesen und die PopulistInnen auf mediale Aufmerksamkeit. Eine besondere Rolle spielen insbesondere seit dem letzten US-Wahlkampf soziale Medien wie Twitter. Trump bezeichnete sich einmal selbst als den "Hemingway der 140 Zeichen". Durch seine kurzen Tweets in einer einfach gehaltenen Sprache vermittelt er Nahbarkeit und inszeniert sich als Sprachrohr des Volkes. Immer in Abgrenzung zu der abgehobenen, korrupten Politikelite mit ihrer "political correctness". Es scheint, als würden "gefühlte Wahrheiten" schwerer wiegen als Fakten, so wird häufig vom Anbruch des postfaktischen Zeitalters gesprochen. Das Leugnen wissenschaftlicher Erkenntnisse bei gleichzeitiger Fokussierung auf "alternative" und "gefühlte Wahrheiten" birgt die Gefahr einer zunehmenden Parallelwelt der Fakten.Durch Echokammern und Filterblasen verfestigen sich eigene Einstellungen und die politische Meinung. Die neue Rechte hat sich zudem die Funktionsweise von Algorithmen und Bots zunutze gemacht und wirkt dadurch in Sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter, aber auch in Foren und Blogs unheimlich präsent. Medien sind hier keine Einrichtungen im Sinne von Organisationseinheiten mit besonderen Rechten, Sach- und Personalmitteln, sondern Räume und Kanäle. Dialogroboter sind zugleich Werkzeug und Medium einer neuen Kommunikationswelt. In den Massenmedien kann man eine stetige Zunahme von dialogischer Kommunikation beobachten. Dialogroboter werden funktional wie Massenmedien eingesetzt, funktionieren strukturell aber nach den Prinzipien interpersoneller Kommunikation.Kehren wir zu den beiden Ausgangsthesen zurück. Erstens: Feindbilder sind ein Kernelement von Rechtspopulismus. Zweitens: Die Verallgemeinerung von Feindbildern verhindert Empathie. Nun stellt sich die Frage nach möglichen Lösungsansätzen. Wie kann der dargelegten Objektivierung von Menschen durch Feindbilder entgegengewirkt werden? Welche Gegenstrategien gibt es? Häufig werden sehr allgemeine Handlungsempfehlungen ausgesprochen oder die Ausführungen zu möglichen Lösungen sehr kurz gehalten, sodass der politikwissenschaftliche Diskurs bisweilen in Bezug auf die Gegenstrategien ungenau und schwammig bleibt.Ich möchte Ihnen heute einen spezifischen Ansatz vorstellen, der darauf abzielt, Empathie als Teil emotionaler Intelligenz zu stärken, um rechtspopulistischen Feindbildern präventiv zu begegnen. Die gezielte Schulung von Empathie als Teil emotionaler Intelligenz. Das Konzept der emotionalen Intelligenz (EQ) kam in den 1990er Jahren auf, federführend unter den Sozialpsychologen John D. Mayer und Peter Salovey. Das gleichnamige Buch veröffentlichte 1995 Daniel Goleman. Bereits damals wurde Empathie als eine "Schlüsselkompetenz" emotionaler Intelligenz gefasst. Hier wurde zum einen der Versuch unternommen, auf die Bedeutung von Gefühlen beim Erreichen beruflicher Ziele und des eigenen Lebensglücks zu verweisen, zum anderen EQ messbar zu machen, sodass bald darauf zahlreiche EQ-Tests folgten. Der Versuch, Intelligenz anhand von Testsituationen oder ähnlichen Verfahren messbar zu machen, geht jedoch mit einigen Aspekten einher, die es kritisch zu betrachten gilt. Vor allem stellt sich, wie auch bei den klassischen IQ-Tests (auf denen im Übrigen unser heutiges Verständnis von Intelligenz beruht) die Frage, ob tatsächlich das gemessen wird, was gemessen werden soll. In einer Leistungsgesellschaft, die dem Diktat der Transparenz und Messbarkeit (PISA, Evaluationen etc.) unterworfen ist, haben es schlecht messbare emotionale Kompetenzen wie Empathie schwer.Die zunehmenden Abhängigkeiten im Kontext der Globalisierung weisen eigentlich in Richtung Kooperation. Die vorherrschende Ideologie unserer Gesellschaft basiert jedoch nach wie vor auf dem Konkurrenzprinzip. Die meritokratische Leistungs- und Wettbewerbsideologie des freien Marktes hat ein empathiefeindliches Umfeld geschaffen. Zudem lässt die Hyperindividualisierung Empathie unwahrscheinlicher werden. Das Wachstum des "Ichs" als Instanz der Nicht-Ähnlichkeit führt zur Kultivierung eines Bewusstseins für Differenzen anstatt für Gemeinsamkeiten. Je mehr wir uns auf die Unterschiede konzentrieren, desto schwieriger werden empathische Empfindungen und Handlungen, da diese eine Identifikation mit dem Anderen voraussetzen. Des Weiteren hat insbesondere im Bildungsdiskurs viele Jahre lang eine einseitige Fokussierung auf Rationalität stattgefunden. Diese impliziert eine künstliche Trennung zwischen Emotionalität und Rationalität. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass verschiedene gesellschaftliche, politische, aber vor allem auch ökonomische Faktoren wie die neoliberale Konkurrenz- und Wettbewerbsideologie, das Diktat der Messbarkeit, die Hyperindividualisierung sowie die einseitige Fokussierung auf Rationalität der Etablierung von Empathie als Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts im Weg standen und noch immer stehen. Doch was bedeutet Empathie eigentlich konkret in einem wissenschaftlichen Verständnis? Empathie stammt von dem griechischen Wort "Pathos", zu deutsch "Leidenschaft". Umgangssprachlich ist mit Empathie die Fähigkeit des Sich-in-jemand-Einfühlens oder Hineinversetzens gemeint. Empathie hat eine kognitive (Wahrnehmung der Interessen des Anderen) und eine affektive (dabei entstehende Gefühle) Komponente. Die Entstehung von Empathie erfolgt in drei Schritten: Soziale Perspektivenübernahme, Identifikation, Empathie. Die Übernahme einer anderen Perspektive erlernen wir bereits im Kleinkindalter. Zunächst anhand der Übernahme räumlicher Perspektiven. Durch den zweiten Schritt, die Identifikation mit einer anderen Person oder einem anderen Lebewesen, entsteht das Potenzial für die empathische Einfühlung in jene Person oder jenes Lebewesen. Aus dieser empathischen Empfindung kann wiederum ein gewisses Aktionspotenzial entstehen, wenn beispielsweise eine Ungerechtigkeit Empörung auslöst und zur Aktion gegen jene Ungerechtigkeit führt.Wir kommen nun zu der dritten These meines Vortrags: Empathie kann gezielt gelehrt und gelernt werden. Jüngste wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass Empathie eine erlernbare Fähigkeit ist. Die deutsche Neurowissenschaftlerin und Psychologin Tania Singer hat im Rahmen einer großangelegten Untersuchung, dem "ReSource-Projekt" am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften die Wirkung von Meditation auf das Verhalten und die damit verbundenen Veränderungen im Gehirn untersucht. Die Idee, die hinter diesem Forschungsprojekt steht, war die Suche nach einer Möglichkeit, gezielt soziale Fähigkeiten wie Mitgefühl, Empathie und die "Theory of Mind" zu fördern. Die Untersuchung ging über einen Zeitraum von elf Monaten und bestand aus unterschiedlichen Modulen. Im "Präsenzmodul" lag der Schwerpunkt vor allem auf der Achtsamkeit gegenüber geistigen und körperlichen Prozessen. Das Modul "Perspektive" konzentrierte sich auf sozio-kognitive Fähigkeiten, insbesondere die Perspektivenübernahme. Ein drittes Modul "Affekte" sollte den konstruktiven Umgang mit schwierigen Emotionen sowie die Kultivierung positiver Emotionen schulen. Die Probanden führten die entsprechenden Übungen täglich mit ihren zugeordneten Partnern durch Telefonate oder Videoanrufe aus.Das Team um Tania Singer konnte nach den drei Monaten mithilfe von Gehirnscans eine tatsächliche Verbesserung der Kompetenzen der TeilnehmerInnen feststellen, die mit struktureller Gehirnplastizität in den spezifischen neuronalen Netzwerken einhergingen. Das sozio-affektive Modul konnte so tatsächlich zur Verbesserung der Fähigkeit des Mitgefühls beitragen. Das sozio-kognitive Modul hingegen hat die Fähigkeit verbessert, sich gedanklich in die Perspektive eines anderen zu versetzen. Die Studie hat gezeigt, dass Empathie und Mitgefühl erlernbare Kompetenzen sind, die durch entsprechende Übungen gezielt gefördert werden können. Dazu bedarf es jedoch zunächst einer Anerkennung von Empathie als einer erlernbaren Kompetenz.Fassen wir zusammen: Rechtspopulismus agiert immer über Feindbilder. Diese Feindbilder basieren auf der Konstruktion einer homogenen Feindgruppe. Durch Verallgemeinerung werden den Individuen innerhalb dieser Feindgruppe Subjektivität und Individualität abgesprochen und so die Entstehung von Empathie verhindert. Die rechtspopulistische Ungleichheitslogik schließt an die Ungleichheitslogiken unserer kapitalistischen Gesellschaftsordnung an. Die Wettbewerbs- und Konkurrenzideologie hat ein empathiefeindliches Umfeld geschaffen. Zudem hat sich die Bildung zu lange einseitig auf Rationalität konzentriert. Daher gilt es, Empathie als eine soziale und emotionale Fähigkeit mit kognitiven Anteilen im bildungswissenschaftlichen Diskurs zu verankern. So können rechtspopulistische Differenzierungskategorien wie Nationalität oder Religion sowie die Verallgemeinerungen zugunsten einer Fokussierung auf Gemeinsamkeiten und Mitmenschlichkeit überwunden werden. Um in einer vernetzten, globalisierten Welt intelligent handeln zu können, nützt ein Rückzug in nationalistische Freund-Feind-Denkweisen nicht. Vielmehr gilt es, auf Kooperation und Empathie zu setzen, auch wenn diese nicht immer messbar ist. Vielen Dank.Literatur- und Quellenverzeichnis:Allport, Gordon W. (1971): Die Natur des Vorurteils. Köln: Kiepenheuer & Witsch. Bischof-Köhler, Doris (1989): Spiegelbild und Empathie. Die Anfänge der sozialen Kognition. Hans Huber: Berlin, Stuttgart, Toronto.Decker, Frank (2017): Populismus in Westeuropa. Theoretische Einordnung und vergleichende Perspektiven. In: Diendorfer, Gertraud u.a. (Hrsg.) (2017): Populismus – Gleichheit – Differenz. Herausforderungen für die politische Bildung. Schwalbach/Ts.: Wochenschau Wissenschaft, S. 11-28.Holtmann, Everhard (2018): Völkische Feindbilder, Ursprünge und Erscheinungsformen des Rechtspopulismus in Deutschland. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung.Mudde, Cas / Kaltwasser, Cristóbal Rovira (2017): Populism. A Very Short Introduction. New York: Oxford University Press.Müller, Jan-Werner (2016): Was ist Populismus? Ein Essay. Berlin: Edition Suhrkamp.ReSource-Projekt: https://www.resource-project.org/ [10.09.2019]Wodak, Ruth (2016): Politik mit der Angst. Zur Wirkung rechtspopulistischer Diskurse. Wien/Hamburg: Edition Konturen.