Der Artikel gibt Einblick in die praktische Tätigkeit einer Beratungsstelle des Berliner Krisendienstes. Nach einer kurzen Begriffbestimmung zeigt der Autor an Hand zweier Beispiele Interventionsmöglichkeiten bei akuten Krisen, die in psychiatrische Notfälle übergegangen sind bzw. im Begriff sind, überzugehen. Dabei legt er insbesondere Wert darauf, neben einer Inhaltsebene die Prozessebene der Krisenintervention zu betrachten. Vereinbarte Rahmenbedingungen zwischen den Beratern eröffnen Möglichkeiten, bei Interventionen vor Ort handlungsfähig zu bleiben.
In diesem Beitrag werden ausgewählte Ergebnisse aus der wissenschaftlichen Begleitforschung des Berliner Krisendienstes (BKD) zur Beschreibung der Inanspruchnahme des Dienstes und seiner Nutzer vorgestellt und diskutiert. Neben Ergebnissen zur quantitativen Nutzung und Auslastung des BKD werden seine Nutzer hinsichtlich ihrer soziodemographischen Merkmale, ihrer Zustandsbilder und psychiatrischen Diagnosen abgebildet, um insbesondere die schweren Krisen und Notfälle, mit denen der BKD konfrontiert wird, genauer betrachten zu können. Einige von den Mitarbeitern angewandte Methoden der Krisenintervention werden vorgestellt und hinsichtlich der Differenzierung ihrer Anwendung faktorenanalytisch untersucht. Die Daten zum allgemeinen Ergebnis der Beratung und der speziellen Beeinflussung der Suizidalität von Klienten werden aufgezeigt. Aus den Ergebnissen der Begleitforschung kann insgesamt abgeleitet werden, dass der BKD kurze Zeit nach seiner Installation von vielen Menschen in vielfältigen Krisensituationen genutzt wird. Unter den Nutzern sind häufig Menschen in ernsten und teils schwerwiegenden Krisen bzw. Notfällen, ihnen wird von den Mitarbeitern ein breit gefächertes psychotherapeutisches, beratendes bzw. psychosozial unterstützendes Angebot an Interventionen gemacht. Weitere Untersuchungen, die den Prozess der Intervention konkret abbilden, sollten künftig angestrebt werden.
Die institutionelle Struktur des Berliner Krisendienstes wird zunächst kurz beschrieben. Anschließend werden die wichtigsten Teiluntersuchungen der Evaluationsstudie gekennzeichnet. Es wird argumentiert, dass eine solche Einrichtung immer als Teil eines Versorgungssystems gesehen werden muss und dass ein einfaches Evaluationsdesign, das sich nur auf die Institution beschränkt, deshalb kaum möglich ist.
Krisenarbeit ist ohne Kooperation und Vernetzung nicht denkbar. Mit dem Artikel verbinden wir das Anliegen, die Voraussetzungen und Bedingungen für Kooperation und Vernetzung im Zusammenhang mit einer definierten Aufgabe – der ambulanten Krisenarbeit im regionalen und stadtweiten Verbund – zu diskutieren. Die empirische Grundlage für diese Diskussion bietet der Fragebogen "Krisenarbeit in Berlin", der die Wahrnehmung des Berliner Krisendienstes durch ausgewählte psychosoziale und medizinische Institutionen erfasst. Der dokumentierte Forschungsprozess selbst wird als qualitatives Datenmaterial analysiert. Dieser Forschungszugang bietet die Möglichkeit, die quantitativen Fragebogenergebnisse vor diesem Hintergrund einzuordnen. Drei Etablierungsgrade von Kooperation mit dem Berliner Krisendienst sind identifiziert worden. Entlang eines heuristischen Modells über förderliche und hinderliche Bedingungen für Kooperation wird dieses ausgewählte Ergebnis der Fragebogenuntersuchung erörtert. Nicht nur die Chancen von Kooperation werden ausgeleuchtet, sondern auch Grenzen von Kooperation und Vernetzung aufgezeigt. Die Frage, welche Etablierungsgrade von Kooperation zwischen dem Berliner Krisendienst und anderen Anbietern der psychosozialen und medizinischen Versorgung für welche Problemfelder als notwendig erachtet werden, ist nicht von der Forschung zu beantworten, sondern auf fachlicher und gesundheits- und sozialpolitischer Ebene zu diskutieren.
"Die Bilder der Massenflucht von etwa 1,5 Millionen Ruandern im April 1994 aus ihrer Heimat in die Nachbarländer Zaire und Tansania sind immer noch präsent: Endlose, erschöpfte Menschenschlangen, die den mit Leichen angefüllten Grenzfluß zu Tansania überqueren und schließlich in einer hügeligen, spärlich besiedelten Landschaft angehalten werden, wo sie kampieren und mit Nothilfe versorgt werden sollen. Daraus entstanden die eng beieinander liegenden Flüchtlingslager für ca. 500.000 Personen in Ngara und Karagwe, die bis zu ihrer gewaltsamen Räumung im Dezember 1996 mehr Fragen an die Konzeption der Flüchtlingshilfe stellen würden, als daß sie Antworten bereithielten. Schon 1995 wurden die Lager von den Regierungen der Geberländer als nicht mehr tragbar angesehen, denn für die ruandischen Flüchtlinge in Zaire und Tansania mußten zusammen mehr als 2 Mio. Dollar pro Tag ausgegeben werden. Man hatte von Beginn an einen 'camp approach'jverfolgt: Eine große Zahl von Menschen wird auf einer kleinen, abgegrenzten Fläche zusammengehalten und ihre Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Dies dient zwar der effizienten Logistik, der Registrierung und schnellen Versorgung mit Nahrungsmitteln und Medikamenten, die in der ersten Phase der Nothilfe eine hohe Priorität haben. Je länger die Situation andauert und je mehr sich der gesundheitliche Zustand der Flüchtlinge verbessert, um so stärker machen sich jedoch negative Entwicklungen bemerkbar. Umweltschäden, Verslumung, Beschäftigungslosigkeit und vieles mehr. Es gibt über die Nothilfe hinaus keine Entwicklungsperspektiven. Die Erfindung des abgegrenzten Lagers, in dem Flüchtlinge als passive Empfänger von Hilfsleistungen gelten, erweist sich als Illusion, weil sie die Handlungsfähigkeit und die vielfältige soziale und wirtschaftliche Interaktion der Flüchtlinge mit ihrer Umgebung außer acht läßt. Derartige Lager müssen deshalb in ihrem Entwurf von vornherein auf eine möglichst kurze Zeitspanne und damit auf eine baldige Rückkehr der Flüchtlinge in ihre Heimat angelegt sein. Dabei bleibt anzumerken, daß Lager die Politisierung der Flüchtlinge, die von vielen als das entscheidende Hindernis für eine freiwillige Rückkehr angesehen wurde, geradezu in idealer Weise fördern. In Zaire, aber auch in Tansania, wurden die Flüchtlinge in der Regel nach ihren Herkunftsgemeinden gruppiert, so daß oftmals auch die alten lokalen Autoritäten in der neuen Umgebung ihre Macht behielten. Die Diskussion über die Bedingungen der Rückkehr und die Fluchtursachen erhalten bei diesem Konzept dann ein zweitrangiges Gewicht." (Textauszug)
Zusammenfassung Hintergrund Die Konfrontation mit medizinischen Extremsituationen gehört für die Notfallmediziner*innen und Notfallpflegenden der zentralen Notaufnahmen zum beruflichen Alltag. Für die betroffenen Patient*innen und deren Angehörige wie auch für das behandelnde medizinische Personal ist das resultierende Belastungspotenzial hoch, bis hin zur potenziellen Traumatisierung.
Ziel der Arbeit Die vorliegende Arbeit untersucht erstmalig die Struktur der klinischen Krisenintervention (KKI) in der klinischen Akut- und Notfallmedizin an deutschen Universitätskliniken. Es werden neben einer Ist-Stand-Evaluation auch Bedarfe und Indikationen aufgezeigt, um prospektiv mögliche Entwicklungen für das wichtige Themenfeld ableiten zu können.
Ergebnisse Die Rücklaufquote lag mit 30 von 36 angefragten Einrichtungen bei 83 %. Die Ergebnisse zeichnen erwartungsgemäß kein homogenes Bild zur aktuellen Situation strukturierter klinischer Krisenintervention in deutschen Notaufnahmen. 23 % (n = 7) der Einrichtungen haben kein strukturiertes Angebot zur Unterstützung in krisenhaften Situationen. Dies wird im Wesentlichen durch das Fehlen eines tragfähigen Konzepts, einhergehend mit knappen finanziellen und personellen Ressourcen, begründet. 86 % der Einrichtungen ohne KKI sehen eine strukturierte Krisenintervention in ihrem Bereich als notwendig an. Der größte Bedarf einer zusätzlichen Krisenintervention wird bei Tod bzw. einer schweren Verletzung im Kindesalter beziffert. 77 % (n = 23) der befragten Einrichtungen gaben an, ein strukturiertes Unterstützungsangebot zu haben, welches sich in knapp der Hälfte durch eine komplett eigenständige Organisationsstruktur unter Einbindung im Wesentlichen von Seelsorger*innen und Psycholog*innen auszeichnet.
Diskussion Aufgrund bislang fehlender Qualitätsstandards und Leitlinien für die klinische Krisenintervention ergibt sich die Notwendigkeit für die Kliniken, entsprechende Strukturen eigenständig zu erarbeiten. Umso wichtiger erscheint es, dass weiter an der Qualität, einer standardisierten Ausbildung und auch einer Erweiterung der individuellen Verfügbarkeiten in den Häusern gearbeitet wird.
This article studies the military-industrial-surveillance complex at Europe's borders as a machine that functions alongside and in response to the so-called refugee crisis, but that in itself is not in crisis at all. Following philosopher Maurizio Lazzarato's definition of machinic systems, I conceptualize the machine as anapparatus that does not depend on techne perse, but as aseries of intertwined discursive/semiotic as well as non-discursive/material elements. When viewed through the lens of machine theory, the reduction of refugees to calculable formula and neatly arranged data packets cannot be seen as an isolated, purely discursive matter. It is part of a large machinic assemblage in which economic, judicial, social and technological components work together, producing material, immobilizing, de-subjectifying, as well as oftentimes lethal consequences for the human beings involved. Only after carefully studying the workings of this refugee machine, I argue, will it become possible to uncover possible modes of resistance against this controlling and objectifying system. In order to analyse the military-industrial-surveillance complex at Europe's borders as a machinic system, I turn to two art-house documentary films which do exactly that. Nathalie Loubeyre's Flow Mechanics (2016) and Morgan Knibbe's Those Who Feel the Fire Burning(2014) will be read as forms of machine analysis that are very much in line with Lazzarato's machine theory, as they map intertwining parts of a large refugee-controlling system at work in Southern European countries.
This article analyzes the strategy, criteria & evolution of NATO's enlargement towards the Western Balkans, a topic largely neglected in the research literature thus far. Based on an in-depth discussion of the specific design of NATO's enlargement process, particularly the criteria for accession & the socialization strategy, the author investigates the process up to the present, including the recent accession of Albania & Croatia. He presents the state of affairs for individual countries, including Serbia & Kosovo, & draws conclusions for the future. The author argues that a paradigm change from crisis management to integration has been taking place since 1999. Secondly, he maintains that the war in Georgia in 2008 has triggered a shift of priorities with regard to the Western Balkans. And thirdly, he expects NATO's enlargement strategy in the Western Balkans to slow down in the medium-term, due to the grave structural impediments faced by almost all the successor states of the former Yugoslavia. Adapted from the source document.