Buch(elektronisch)2020

Pandemie-Leugnung und extreme Rechte in Nordrhein-Westfalen

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Abstract

Die Covid-19-Pandemie und die zu ihrer Eindämmung getroffenen Maßnahmen haben die wirtschaftlichen und kulturellen Aktivitäten und das gesellschaftliche Leben in der Bundesrepublik Deutschland nachhaltig beeinträchtigt. Neben der Sorge um die Gesundheit sind erhebliche Auswirkungen auf die ökonomische Existenz vieler Betriebe, das Einkommen abhängig Beschäftigter, die Situation von Kindern, Jugendlichen und älteren Menschen sowie hinsichtlich der Einschränkung von Grundrechten zu verzeichnen. Zum Teil sind die von den Regierungen in Bund und Land sowie den Verwaltungen erlassenen Maßnahmen auf dem Rechtsweg überprüft und aufgehoben worden. An vielen Stellen wurde auch Protest gegen die beschlossenen Maßnahmen organisiert. Das sichtbarste Protestgeschehen auf den Straßen und Plätzen wurde von einer inzwischen als Bewegung auftretenden Vielzahl von Einzelpersonen, Gruppen, Netzwerken und Parteien organisiert, die sich selbst als "Freiheitsbewegung", als "Querdenker" oder auch als "Corona-Rebellen" bezeichnen. Sie kritisieren nicht einzelne Maßnahmen, sondern argumentieren entlang der zentralen Behauptung, dass die Covid-19-Pandemie nicht gefährlicher sei als eine Virusgrippe (Influenza). Damit leugnen sie die spezifischen Gefahren der Pandemie. Aus diesem Grund bezeichnen wir diese Bewegung als Pandemie-Leugner*innen. In dieser Bewegung gibt es eine Vielzahl von Erzählungen darüber, was der tatsächliche Grund für die Maßnahmen der Regierung sind, denn der eigenen Bewertung nach rechtfertigt die von Covid-19 ausgehende Gefahr solche weitreichenden Maßnahmen nicht. Ein großer Teil der Redner*innen, Teilnehmer*innen und dieser Bewegung verbundenen Medien folgt zur Erklärung Verschwörungserzählungen, deren antisemitischer Gehalt vielfach evident ist; insofern geht es weniger um die konkret beschlossenen Maßnahmen und deren (vermeintliche) Unverhältnismäßigkeit, sondern um weitreichende politische Zwecke. Im politischen Raum und in den Medien hat es früh Vermutungen darüber gegeben, dass die Aktivitäten der verschwörungserzählenden Pandemie-Leugner*innen auch Akteur*innen der populistischen bzw. extremen Rechten anziehen könnten bzw. diese Bewegung einen solchen Charakter habe oder annehmen könne (Crolly 2020; Frigelj et al. 2020). Das vorliegende Kurzgutachten nimmt solche Überlegungen als Ausgangspunkt und fragt mit Blick auf Nordrhein-Westfalen zentral danach, ob diese Proteste durch Akteur*innen der extremen Rechten initiiert und gesteuert werden oder ob die extreme Rechte die von Gruppen wie Querdenken durchgeführten Proteste zu instrumentalisieren versucht. Für eine angemessene Beurteilung dieser Frage bedarf es der Beschreibung und Analyse mehrerer Dimensionen; hierzu sind quantitativer Umfang und Dynamik der Proteste ebenso zu untersuchen wie die im Rahmen der Protestversammlungen sichtbar werdenden Akteur*innen und Milieus. Darüber hinaus geht es um die Darstellung und Analyse der Positionierung der verschiedenen Strömungen der extremen Rechten gegenüber der Covid-19-Pandemie bzw. den staatlicherseits zu deren Einhegung beschlossenen Maßnahmen. Schließlich werden die im Rahmen der Protestversammlungen dargebotenen Erklärungen und zentralen Begriffe einer kontextualisierenden Darstellung unterzogen; dieser Auseinandersetzung mit Struktur und Inhalt aktueller Verschwörungserzählungen folgt ein Fazit, das die zentralen Ergebnisse der Untersuchung zusammenfasst. Zu diesem Zweck haben Forscher*innen des Forschungsschwerpunktes Rechtsextremismus/Neonazismus der Hochschule Düsseldorf im Zeitraum 1. Juli bis 30. September 2020 eine umfangreiche Datenerhebung durchgeführt (Kapitel 2). Diese erlaubt es, den Umfang der Proteste in Nordrhein-Westfalen für das gesamte Bundesland, aber auch für die Regierungsbezirke in Grundzügen abzubilden (Kapitel 3). Es folgt die exemplarische Darstellung des Protestgeschehens in der Landeshauptstadt Düsseldorf (Kapitel 4). Auf der Grundlage der erhobenen Daten werden sodann relevante Gruppen und Strukturen vorgestellt, die die Proteste organisieren bzw. an ihrer Durchführung mitwirken (Kapitel 5). Im Anschluss an eine Darstellung der Positionierung und der Aktivitäten verschiedener Akteur*innen der populistischen/extremen Rechten (Kapitel 6) werden die relevantesten Verschwörungserzählungen und Schlagworte aufgegriffen, die im Rahmen des Protestgeschehens relevant gesetzt wurden (Kapitel 8) sowie durch das Geschehen mobilisierte Milieus skizziert (Kapitel 9). Das Kurzgutachten endet mit einem zusammenfassenden Fazit.

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