Aufsatz(gedruckt)1985

Strategische Verteidigungsinitiative (SDI): Kriegsführung oder Kriegsverhinderung?

In: Aus Politik und Zeitgeschichte: APuZ, Heft B. 14-15, S. 3-14

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Abstract

"Die amerikanische Strategische Verteidigungsinitiative (Strategic Defense Initiative, SDI) steht im Mittelpunkt der neuen Genfer Abrüstungsverhandlungen und zunehmend auch des Interesses der öffentlichen sicherheitspolitischen Diskussion. Irreführende Schlagworte vom 'Krieg der Sterne' und von der 'Militarisierung des Weltraums', der embryonale Stand der SDI-Forschung und die erst in Umrissen absehbaren Chancen und Risiken der amerikanischen Initiative öffnen Spekulationen, Desinformationen und Polemik Tür und Tor. Der Beitrag stützt sich auf die bisher bekanntgewordenen Fakten und Überlegungen und versucht, zu einer Versachlichung der Diskussion dieses Themas beizutragen. SDI ist der Versuch, Möglichkeiten der Nutzung neuartiger Technologien für eine strategische Abwehr zu erforschen. Gedacht ist an ein mehrschichtiges, nicht-nukleares, reaktives Defensivsystem gegen ballistische Nuklearraketen als die am bedrohlichsten empfundenen Offensivwaffen der Sowjetunion. SDI wird mit sehr unterschiedlichen, z.T. anfechtbaren und kontraproduktiven, aber auch stichhaltigen und überzeugenden Argumenten begründet. Im Mittelpunkt steht hierbei SDI als Reaktion auf entsprechende sowjetische Aktivitäten. In der öffentlichen Diskussion wird häufig übersehen, daß der Weltraum längst militärisch genutzt wird. Dieses Rad läßt sich nicht mehr zurückdrehen. SDI ist derzeit ein reines Forschungsprogramm. Forschungen zur erweiterten militärischen Nutzung des Weltraums werden auf beiden Seiten betrieben; sie sind nicht verboten und sie sind nicht zu verhindern. Hätte man sich in Westeuropa in den vergangenen zwei Jahren weniger von Wunschdenken, als vielmehr von dieser Tatsache leiten lassen, wäre ein gemeinsame westeuropäische Haltung zum SDI-Forschungsprogramm vermutlich längst gefunden. Fest steht: Nur bei einer Beteiligung der Westeuropäer an den SDI-Forschungen ist ein angemessener technologischer Nutzen zu erzielen und nur bei einer Beteiligung können westeurpäische Interessen eingebracht und berücksichtigt werden. Strategische Abwehrsysteme werden vermutlich von beiden Seiten aufgebaut, wenn sie den eigenen Sicherheitsinteressen dienen, technologisch machbar und kosten-nutzen-effektiv finanzierbar sind. Eine Bewertung der möglichen politischen und strategischen Auswirkungen ist ein schwieriger und dornenreicher Analyseprozeß. Dieser Prozeß muß jetzt in Gang gesetzt werden. Westeuropa sollte hierbei realistisch und pragmatisch vorgehen und zwischen übertriebener Euphorie und Europessimismus zu einer sachbezogenen Position finden. Vieles deutet darauf hin, daß wir am Anfang einer tiefgreifenden militärischen Umwälzung durch die Nutzung einer neuen Dimension stehen. Diese Perspektive mag manchen erschrecken; man sollte sich aber langfristig auf ihre Realisierung einstellen, sofern es nicht zu entsprechenden Rüstungsbegrenzungsvereinbarungen kommt." (Autorenreferat)

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