Aufsatz(gedruckt)1992

Neubeginn in der ostdeutschen Geschichtswissenschaft: Bilanz nach dem Zusammenbruch der DDR

In: Aus Politik und Zeitgeschichte: APuZ, Heft B 17/18, S. 3-13

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Abstract

"Fragen des Umbruchs und Neubeginns der Geschichtswissenschaft in den neuen Bundesländern sind erstens Probleme der Bilanz der bisherigen DDR-Historiker, zweitens Fragen von Vergangenheit und Zukunft der Geschichtswissenschaft in ganz Deutschland und drittens eine Angelegenheit des Neuanfangs der Historiographie in Forschung und Lehre und damit der Wissenschaftspolitik, womit Interessen und Existenzen berührt sind. Der Umbruch von 1989 ist mit dem Ende der DDR auch das Ende ihrer stark in das System eingebundenen Geschichtswissenschaft. Umbruch und Verantwortung betreffen eine ganze Generation von Historikern, die Krieg und Nationalsozialismus erlebt hatten und mit sozialistischen Idealen damals einen Neuanfang in Deutschland erreichen wollten. In der SBZ und DDR war dieser Neubeginn von Anfang an schwer durch den Stalinismus belastet. Umbruch in der Geschichtswissenschaft ist zunächst eine Frage der Verantwortung der bisher etablierten Historiker, zu denen auch der Autor gehörte. Diese Verantwortung ist differenziert und individuell; sie betrifft aber auch das gesamte wissenschaftspolitische System. Durch die These von der 'Instrumentalisierung' wird sie nur passiv erfaßt; es geht aber auch um die aktive Rolle, das Engagement der DDR-Historiker für das damals bestehende System. Der Umbruch erfordert zudem eine nüchterne Gesamtbilanz. DDR-Historiographie war zugleich Herrschafts- und Legitimationswissenschaft sowie Teil der 'Ökumene der Historiker'. Sie hat national und international beachtete Leistungen aufzuweisen. Diese standen zumeist nicht neben der Ideologie und der Politik. Staat und Partei belasteten die Wissenschaft nicht nur, sondern förderten sie auch, weil die Legitimationsfunktion nur dadurch voll erreicht werden konnte. Der Neubeginn ist schwer. Altlasten und neue Belastungen erschweren die Arbeit in Forschung und Lehre. Die bisherigen Ansätze laufen Gefahr, bei den Versuchen der Neubestimmung nur frühere Tendenzen der internationalen Historiographie zu wiederholen. Marx-orientierte Richtungen sollten aber eine Chance haben." (Autorenreferat)

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