Aufsatz(gedruckt)1977

"Frieden ist mehr als kein Krieg": Gewaltpolitik als Problem der Friedensforschung

In: Aus Politik und Zeitgeschichte: APuZ, Heft B. 20, S. 19-29

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Abstract

In drei Schritten wird "der Versuch unternommen, die der Friedensforschung aufgegebene konstruktive Anstrengung exemplarisch zu skizzieren. Die Auffassung von der Naturnotwendigkeit von Kriegen, die davon ausgeht, daß es Kriege immer schon gegeben hat und auch in Zukunft geben wird, erweist sich als historisch nicht stichhaltig. Gewaltpolitik und Krieg sind keine Konstanten der Menschheitgeschichte; sie zeichnet sich vielmehr durch eine große Variabilität gesellschaftlicher Problemlösungsmethoden aus. Naturalistische Theorien über Gewalt und Krieg nehmen daher vornehmlich ideologische Funktionen der Rechtfertigung bzw. Vertröstung wahr. Die Praxis der Kriegsverhütung läßt die Verwicklung von Staaten in Kriege nicht unwahrscheinlicher werden. Der dieser Praxis zugrunde liegende machttheoretische Friedensbegriff definiert Frieden als die Stabilität bzw, die Vermeidung von Störungen des internationalen gesellschaftlich-politischen Status quo. Damit bleibt den Vertretern dieser Theorie und der ihr entsprechenden Praxis die Vorstellung von Frieden als dauerhafter Überwindung von Gewaltpolitik, vermittelt über sozialstrukturelle und sozialpsychologische Veränderungen, zwangsläufig verschlossen. Eine am machtheoretischen Friedensbegriff ausgerichtete Praxis hilft somit jene Bedingungen zu reproduzieren, die sie selbst als unausweichlich erscheinen läßt. Will die Friedensforschung ihren konstruktiven Anspruch einlösen, muß sie sich zunächst einmal auf die Aufgabe konzentrieren, die vielschichtige Bedingungsmatrix für Gewaltpolitik auszuleuchten und einsichtig zu machen. Dieser Aufgabe hat sie sich noch nicht mit dem nötigen Ernst und Ressourceneinsatz gestellt. Die in Teilbereichen gewonnenen und zumindest einen hohen Grad von Plausibilität beanspruchenden Hypothesen erlauben indessen schon jetzt eine vorläufige Bestimmung von Richtwerten für Strategien zur Ablösung und überwindung von Gewaltpolitik: Demokratisierung, Vorteilsausgleich und Gewaltfreiheit." (Autorenreferat)

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