Aufsatz(gedruckt)1977

Kritischer Rationalismus und politische Praxis

In: Aus Politik und Zeitgeschichte: APuZ, Heft B. 2, S. 23-35

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Abstract

"Überschriften wie "Der Popper-Boom in der SPD", wie sie von Prof. Bayertz in den "Blättern für deutsche und internationale Politik" gewählt wurden, sind, bezogen auf die tatsächliche Diskussion in der SPD, sicher übertrieben. Dennoch ist der Kritische Rationalismus in letzter Zeit ein Thema nicht nur in einer Partei geworden. Die Autoren dieses Beitrages versuchen, die Grundthesen und -themen des Kritischen Rationalismus deutlich zu machen. Sie grenzen diese Philosophie bzw. erkenntnistheoretische Richtung gegenüber den Auffassungen sowohl des Positivismus ab, indem sie betonen, daß man keine Hypothese zureichend begründen könne, sondern nur die Möglichkeit der Überprüfbarkeit und Widerlegbarkeit darüber entscheide, ob es sich um eine wissenschaftliche Hypothese handle, als auch gegen den reinen Rationalismus, indem sie z.B. aufzeigen, daß es mindestens eine Wertentscheidung gebe, die nicht rein rational abgeleitet werden könne, nämlich die, sich rational verhalten zu wollen. Nach der Darstellung der Grundpositionen des Kritischen Rationalismus wird diese Erkenntnistheorie in den Zusammenhang mit politischen Entscheidungen gestellt. Dabei zeigt sich, daß, obwohl wissenschaftliche Erkenntnisse in den Entscheidungsprozeß eingehen und damit diesen Prozeß mehr oder weniger rational gestalten können, die Entsheidungen selbst aber letztlich keine völlig rationalen Handlungen sein können. Die Unmöglichkeit formaler Rationalität ist die erste Begrenzung politischer Rationalität. Eine zweite Begrenzung ist die substanzielle Rationalität. Zuletzt wird der Zusammenhang mit den politischen Werten der Sozialdemokratie und deren historische Berechtigung verdeutlicht. An den Werten Freiheit und Gerechtigkeit zeigt sich, daß aus erkenntnistheoretischer Sicht, d.h. in diesem Fall aus der Annahme der Positionen des Kritischen Rationalismus, nur ein Teil der sozialdemokratischen Grundwerte rational abgeleitet werden kann, daß die übrigen Wertentscheidungen eben nur aus eigenen Wertentscheidungen begründet werden können. Es wird dabei aufgezeigt, daß eine kritische Haltung im Popperschen Sinne seit Eduard Bernstein und den Neukantianern eine lange Tradition in der SPD hat." (Autorenreferat)

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