Aufsatz(gedruckt)1977

Bedürfnisse, gesellschaftliche Erfahrung und politisches Verhalten: Das Beispiel der Bergarbeiter im nördlichen Ruhrgebiet gegen Ende des 19. Jahrhunderts

In: Sozialwissenschaftliche Informationen für Unterricht und Studium: sowi, Band 6, Heft 4, S. 152-159

Verfügbarkeit an Ihrem Standort wird überprüft

Abstract

Hervorstechendstes Merkmal der Ende des 19. Jahrhunderts im Ruhrgebiet sich formierenden Arbeiterbewegung der Bergleute waren die massenhafte Beteiligung, die hohe Solidarität, der disziplinierte Ablauf und der geringe Einfluß der Gewerkschaften. Eine Untersuchung des Alltagslebens, d.h. des Produktions- und Reproduktionsbereichs der Bergarbeiter im nördlichen Ruhrgebiet zeigt, daß sich trotz der heterogen zusammengesetzten (ausländische Zuwanderer) und stark fluktuierenden Belegschaften Strukturen herausbilden konnten, die den Arbeitern eine Orientierung boten und solidarische Aktionen möglich machten. Sowohl im Produktions- als auch im Reproduktionsbereich waren die Arbeiter auf sich gestellt und mußten Strukturen entwickeln, die die ungeheueren Anpassungsdrücke auffingen. Diese Strukturen, die den Arbeitern selbständiges und autonomes Handeln ermöglichten, führten zu solidarischem Verhalten, das sich auf alle Bereiche der konkreten Lebenserfahrung bezog, d.h. auch auf Streiks, die als Fortführung des Kampfes um die Kontrolle des Arbeitsablaufes verstanden wurden. Solange die unmittelbare Kontrolle effektiv und die Strukturen leistungsfähig waren, blieb der Einfluß der Gewerkschaften gering, da sie diese Erfahrungen nicht organisieren konnten. Gewerkschaften wurden jedoch dann wichtig, als die Selbständigkeit im konkreten Lebensbereich ausgehöhlt wurde; dann aber fehlten auch die Erfahrungen, aus denen sich die Solidarität ergeben konnte. (HH)

Problem melden

Wenn Sie Probleme mit dem Zugriff auf einen gefundenen Titel haben, können Sie sich über dieses Formular gern an uns wenden. Schreiben Sie uns hierüber auch gern, wenn Ihnen Fehler in der Titelanzeige aufgefallen sind.