Article(print)1979

"Kritische Loyalität": Ziel der Erziehung zur Konfliktfähigkeit

In: Frankfurter Hefte: Zeitschrift für Kultur und Politik, Volume 34, Issue 4, p. 107-112

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Abstract

Die Auseinandersetzung um die Hessischen Rahmenrichtlinien zentrieren sich um die Frage, wie Konflikte im Unterricht zu behandeln sind. Wer in diesem Zusammenhang von Lösung der Konflikte spricht, hängt einer harmonistischen Weltauffassung an, die entweder das Bestehende für den Endzustand hält, oder einen Endzustand in einer veränderten Zukunft sieht. Beiden Haltungen ist eine Nähe zur Gewalt immanent, sei es um das Bestehende zu erhalten, oder es zu verändern. Demgegenüber steht die Position, die den Konflikt nicht als Funktionsdefekt des Systems, sondern als konstruktives Prinzip der Entwicklung begreift. Die dynamische Auffassung des Konflikts ist die demokratische. Ein angemessener Umgang mit Konflikten setzt voraus, daß der Konflikt legitime politische Kategorie ist, die die Lebensfähigkeit der Demokratie ausmacht. Erstes Lernziel einer solchen Konfliktdidaktik ist die Erkenntnis des Werts des Konflikts und daraus folgend auch Kompromißfähigkeit. Die Rahmenrichtlinien fassen diese Haltung unter dem Begriff der kritischen Loyalität, die die Regeln des demokratischen Konfliktaustrags akzeptiert, also auch die Legitimität der Gegenposition anerkennt. Hinzutreten muß die Fähigkeit zur kritischen Prüfung. Erkennen und Umgehen mit Konflikten muß im Unterricht an Erfahrungen und persönlicher Betroffenheit der Schüler gelehrt werden. Hierdurch können die Schüler in Auseinandersetzung eine eigene Identität bilden, wodurch der Sozialisationsprozeß weder in bewußtloser Anpassung oder Negation endet, sondern zur autonomen Selbstbestimmung in Identifikation und Widerstand führt, zur Identität der "kritischen Loyalität". (BG)

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