Sammelwerksbeitrag(gedruckt)1984

Die Zukunft: Müllhalde der Gegenwart

In: An den Grenzen der Mehrheitsdemokratie: Politik und Soziologie der Mehrheitsregel, S. 224-239

Abstract

Der Autor thematisiert die aktuelle Verkehrung der Fronten im politischen Diskurs. Die Linke beginnt an der Marxschen Utopie zu zweifeln, daß die allseitige Entfesselung der Produktivkräfte auch tatsächlich das Reich der Freiheit verheißt. Es scheint, daß die Fesselung der Produktivkräfte auf dem Niveau des Status quo, womöglich des status quo ante, ihre historische Mission sei. Umgekehrt scheint den heute herrschenden Kräften nicht mehr am Herzen zu liegen als die Zukunft. Beide Seiten benutzen die Zukunft, um die Gegenwart zu interpretieren. In dem einen Entwurf lebt der heutige Mensch in der Zukunft, in dem anderen der zukünftige Mensch in der Gegenwart. Damit gehen beide der Frage aus dem Weg, wie zukünftige Generationen in der Zukunft leben können. Denn dies ist angesichts heute anvisierter bzw. eingeleiteter irreversibler Entscheidungen äußerst bedeutsam. In diesem Zusammenhang gewinnt das Mehrheitsprinzip Relevanz, insbesondere die Voraussetzung, daß mehrheitlich gefällte Entscheidungen später rückgängig gemacht werden können. Irreversible Mehrheitsentscheidungen haben jedoch nicht nur ihren Stellenwert für zukünftige Generationen - sie können praktisch nichts mehr dagegen tun. Jetzt existierende Minderheiten jedoch können Widerstand gegen solche Entscheidungen und ihre Umsetzung praktizieren, denn mit der Verletzung der zentralen Bedingung des Mehrheitsprinzips ist die Minderheit von ihren Gehorsamspflichten entbunden. (UH)

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