Sammelwerksbeitrag(gedruckt)1991

Armutspolitik und Sozialhilfe in vier Jahrzehnten

In: Die alte Bundesrepublik: Kontinuität und Wandel, S. 502-546

Abstract

Die annähernde Vervierfachung der Zahl der Sozialhilfeempfänger in den letzten 20 Jahren in der alten Bundesrepublik ist das Indiz für einen massiven Wandel der Armutsproblematik, hinter dem sich eine vierzigjährige politische Problemgeschichte der Armut verbirgt. Es wird gezeigt, daß Armutspolitik in der Geschichte der Bundesrepublik niemals ein nominelles, durch darauf abgestellte Gesetze, Ämter und Ministerien zentriertes Problemfeld gewesen ist. Dennoch werden in der Vielfalt der auf Armut reagierenden Politiken phasenspezifische Muster der Politik gegen und mit der Armut identifiziert. Hat die Frühphase nach 1945 unter dem Zeichen der Armut des Volkes gestanden, auf die mit materiellen Ausgleichsangeboten zu reagieren war, so hat sich im Zuge des Wirtschaftswunders die Sichtweise herausgebildet, daß nur noch die Armut des Einzelnen ein politisch relevantes Problem ist, auf das mit psychosozialen Instrumenten zu antworten ist. Zu Beginn der sozialliberalen Regierungsperiode ist Armut dann als gruppenspezifisches Problem, als Problem der Randgruppen begriffen worden, während seit Ende der siebziger Jahre die Armut der Arbeitslosen das zentrale Thema bildet, wodurch die Aspekte materieller Einkommenssicherung durch Sozialhilfe oder andere Mindestsicherungen wieder in den Mittelpunkt rückten. Die Trichotomie von Versicherung, Versorgung und Fürsorge ist es, die bis heute das Denken über Formen der sozialen Sicherung bei Armut prägt. Die Lage in Ostdeutschland verweist nun aber auch auf eine Situation wie zu Beginn der Bundesrepublik, auf eine (allerdings regionale) Armut des Volkes. (ICA)

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