Sammelwerksbeitrag(gedruckt)2001

Säkularisierung des Politischen oder politikwissenschaftlicher Säkularismus?: zum disziplinären Perzeptionsmuster des Verhältnisses von Religion und Politik in gegenwärtigen Gesellschaften

In: Säkularisierung und Resakralisierung in westlichen Gesellschaften: ideengeschichtliche und theoretische Perspektiven, S. 215-240

Abstract

Der Autor setzt sich mit dem Säkularisierungstheorem als religionspolitischem "common sense" in der Politikwissenschaft kritisch auseinander. Mit diesem Theorem gingen insbesondere drei entwicklungstheoretische Annahmen einher: die Ausdifferenzierung von Politik und Religion, die Erosion des Christentums und der Rückzug der Religion in die private Sphäre. Angesichts der hohen Motivationskraft religiöser Überzeugungen hält es der Autor für notwendig, eine Korrektur des Säkularisierungstheorems und der normativen Bestimmung des Verhältnisses von Religion und Politik vorzunehmen. Er rekonstruiert hierzu zum einen die jüngere religionssoziologische Diskussion um das Säkularisierungstheorem und hinterfragt diese hinsichtlich ihrer Konsequenzen für die Interpretation des empirischen Verhältnisses von Religion und Politik. Er erörtert zum anderen die normative Forderung nach der Privatisierung des Religiösen als ein Beispiel des politikwissenschaftlichen Säkularismus. Nach seiner Auffassung sind weder der Säkularismus des liberalen und vermeintlich neutralen Staates, noch der Rekurs auf christlich-naturrechtliche Grundsätze eine geeignete verfassungsrechtliche Lösung des Verhältnisses zwischen Religion und Politik, da die fortschreitende Pluralisierung den politischen Grundkonsens zunehmend ausdünnt. Auch der von John Rawls vorgeschlagene "overlapping consensus", der auf eine verbindliche Letztbegründung verzichtet, ist seiner Meinung nach ungeeignet. Statt dessen schlägt der Autor vor, die Lösung dieser Konflikte dem Dialog der sich wechselseitig als Gleiche anerkennenden Parteien zu überlassen. Dies setzt eine Konfliktkultur mit entsprechenden politischen Tugenden voraus, die vom Christentum zehren könnte, aber es sollten auch neue Tugenden entwickelt werden. Ein solches Gemeinwesen wäre dann ein "vollends säkularisiertes, weil nicht säkularistisches Gemeinwesen". (ICI2)

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