Sammelwerksbeitrag(gedruckt)2002

Bürgerkriege

In: Internationales Handbuch der Gewaltforschung, S. 368-389

Abstract

Der Aufsatz liefert zunächst eine Begriffsbestimmung von Bürgerkrieg und verweist unter Verwendung von empirischem Datenmaterial auf die geschichtliche und aktuelle Bedeutung dieser Konfliktform. Im Anschluss folgt in einem historischen Rückblick die Skizzierung der Bürgerkriegsforschung und ihrer Entwicklung. Vor dem Hintergrund des Hinweises, dass es bislang keine fest etablierte Disziplin der Bürgerkriegswissenschaft gibt, formuliert der Autor eine allgemeine Charakterisierung des Forschungsgegenstandes hinsichtlich der Konfliktintensität, der Machtverhältnisse der beteiligten Gruppen, der Opferbereitschaft und der Zukunftsperspektiven der Teilnehmer. Eine weitere Spezifikation von Bürgerkriegen resultiert aus drei Einteilungsvorschlägen bzw. Untertypen, und zwar die Differenzierung von: (1) Antiregimekriegen und ethnisch-nationalistischen Autonomie- oder Sezessionskriegen, (2) die Unterscheidung nach Großregionen sowie (3) regulären und irregulären Bürgerkriegen. Als Ursachen werden fünf "Variablenkomplexe" erwähnt, "die nach Ansicht des Verfassers vorliegen müssen, damit es zum Bürgerkrieg kommt". Der erste Faktorenkomplex umfasst den Staat, gefolgt von starken inneren Spannungen und sozialen Zerklüftungen, im kollektiven Gedächtnis gespeicherten Erfahrungen früherer gewaltsamer Auseinandersetzungen, dem sozialen und politischen Wandel sowie schließlich den gesellschaftlichen und politischen Eliten. Die Konsequenzen eines Bürgerkrieges gliedern sich in (1) kurzfristige unmittelbare Auswirkungen wie beispielsweise eine jähe Polarisierung der Gesellschaft, die Aufteilung des ehemals einheitlichen Staatsgebietes unter rivalisierenden Gruppen oder gewaltige Fluchtbewegungen und (2) längerfristige strukturelle Folgen wie eine ruinierte Wirtschaft und Infrastruktur, leere Staatskassen und eine verarmte Bevölkerung. Die Beendigung des Krieges präsentiert sich häufig als zäher Prozess mit zahlreichen Hindernissen (Machterhalt der Rebellenführer, fehlende Disziplin der Kriegsparteien usw.). Damit aber Friedensverhandlungen eine Erfolgschance über den momentanen Waffenstillstand hinaus haben, nennt der Autor abschließend vier Grundbedingungen. "Sie betreffen den Gegenstand der Verhandlungen, die daran zu beteiligenden Parteien, den richtigen Zeitpunkt und die Maßnahmen, die zur Umsetzung der Verhandlungsergebnisse getroffen werden müssen." (ICG)

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