Sammelwerksbeitrag(gedruckt)2003

Zwischen universeller Sozialstation und autonomer Selbstorganisation: zur Legitimation der Jugendarbeit in Sportvereinen

In: Integrationsleistungen von Sportvereinen als Freiwilligenorganisationen, S. 634-643

Abstract

"Dieser Beitrag knüpft an die bereits erwähnte Diskussion über die vereinsorganisierte Jugendarbeit an. Allerdings diskutiert er in erster Linie die vermeintlichen oder realen systemintegrativen Leistungen von Sportvereinen für Kinder und Jugendliche. Vor dem Hintergrund der bereits angesprochenen Diskussion über das soziale Kapital und die Rolle von freiwilligen Vereinigungen als Orte der (Re-)Produktion von sozialem Kapital wird die Frage diskutiert, welche Bedeutung diese Diskussion für eine neue Legitimation der Jugendarbeit in Sportvereinen haben könnte. Die leitende These lautet, dass diese Diskussion den Sportjugendorganisationen die Möglichkeit bieten könnte, ihre Jugendarbeit mit einer veränderten Schwerpunktsetzung zu legitimieren: nämlich mit dem grundlegenden Organisationsprinzip von Sportvereinen, der Selbstorganisation. Der Vorteil eines Legitimationsansatzes über das Prinzip der Selbstorganisation sei, so die Argumentation, offenkundig: Er sei realistischer und vermutlich auch glaubwürdiger als die hoch aufgehängten Vorstellungen von der 'Sozialstation' Sportverein, die eine Vielzahl gesellschaftlicher Leiden zu bekämpfen vermöge. Dieser Ansatz hebt nämlich Schlichtweg hervor, was Sportvereine - und das vermutlich nicht nur der Theorie nach - sind: Selbstorganisierte freiwillige Vereinigungen, denen der Einzelne zunächst deshalb beitritt, um Sport zu treiben und möglicherweise auch an geselligen Sozialzusammenhängen teilzunehmen. Selbstorganisation basiert allerdings auf zwei relevanten Voraussetzungen: einerseits darauf, dass die Mitglieder Aufgaben freiwillig übernehmen und durch ihr freiwilliges Engagement an der Selbstorganisation mitwirken; und andererseits darauf, dass sie über Verfahren der demokratischen Entscheidungsfindung ihre Interessen artikulieren können. Vor diesem Hintergrund wird argumentiert, dass die Erweiterung der Partizipationschancen, eine offensive Informationspolitik über Mitwirkungsmöglichkeiten und -rechte und die Entwicklung adäquater organisatorischer und pädagogischer Arrangements zentrale Elemente einer Jugendarbeit in Sportvereinen bilden könnten, um die Heranwachsenden zur aktiven und kompetenten Beteiligung an der Selbstorganisation der Vereine anzuregen; oder - wie es im neuen Gemeinwohl-Diskurs heißt: Bürgerschaftliches Engagement ist nicht voraussetzungslos, sondern erfordert Gelegenheitsstrukturen und institutionelle Arrangements. Diese Strukturen und Arrangements zu schaffen, ist ein zentrales Ziel in Leitbildern vom 'Aktivierenden Staat', von der 'Bürger-' oder 'Wohlfahrtsgesellschaft', damit sich bürgerschaftliche Kompetenzen in ihrer kognitiven, prozeduralen und habituellen Ausprägung entwickeln können. Man muss diesen Leitbildern keineswegs enthusiastisch gegenüberstehen. Warum aber - so wird abschließend gefragt - sollten sich die Sportjugendorganisationen nicht ein Thema zur Legitimationsgrundlage ihrer Jugendarbeit machen, das ganz oben auf der Agenda von Politik und Wissenschaft steht und das gerade im Kinder- und Jugendbereich ein anspruchsvolles Ziel auf organisatorischer und pädagogischer Ebene darstellt. Nicht zuletzt würde diese Legitimationsdebatte ein Thema aufgreifen, dem, so geben die im vorangegangenen Beitrag dargelegten Befunde der Mitgliedererhebung 2001 zu erkennen, Realisierungschancen in der konkreten Jugendarbeit der Sportvereine kaum abgesprochen werden können." (Autorenreferat)

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