Konsens und Konflikt: Hannah Arendts Umdeutung des 'uomo virtuoso'
In: Ideenpolitik: geschichtliche Konstellationen und gegenwärtige Konflikte, S. 297-316
Abstract
Die demokratietheoretische Anschlussfähigkeit von Hannah Arendt ist in der politikwissenschaftlichen Diskussion durchaus umstritten. Als ein zentrales Hindernis wird dabei immer wieder ihr Aristotelismus hervorgehoben, der vielen Forschern nicht nur als unmodern, sondern auch als Ausdruck eines elitär-aristokratischen Politikverständnisses gilt. Arendts Bezug auf Machiavelli spielt dagegen kaum eine Rolle. Zu wenig sind die zentralen politischen Einsichten des Florentiner Denkers mit dem demokratietheoretischen Mainstream kompatibel, und zu groß scheint der Gegensatz zwischen Machiavellis gewaltbereitem, moralisch skrupellosem "uomo virtuoso" und Arendts nicht-herrschaftlichem, Gewalt normativ ausschließendem Politikbegriff. Unbestritten ist Aristoteles einer der bevorzugten Referenzautoren von Arendt, aber ebenso unübersehbar ist ihre Wertschätzung von Machiavelli. Wie im vorliegenden Beitrag näher ausgeführt wird, schreibt Arendt dem Autor der "Discorsi" wie des "Principe" entscheidende politikwissenschaftliche Leistungen zu: die Entwicklung eines neuen Handlungskonzepts von Politik, das der Dimension des politischen Handelns besondere Aufmerksamkeit widmet und darüber den Mut als politische Kardinaltugend revitalisiert sowie die Konturierung eines agonalen Politikbegriffs, in dem das Austragen von Konflikten zum herausragenden Modus politischer Integration wird. (ICI2)
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