Sammelwerksbeitrag(gedruckt)2013

Partizipatorische oder gelenkte Demokratie

In: Politische Bildung zwischen Politisierung, Partizipation und politischem Lernen: Beiträge für eine soziologische Perspektive, S. 52-79

Abstract

"Der Autor greift in seinem Beitrag die Überlegungen Kaufmans auf, indem er zwei umkämpfte Demokratiekonzepte gegenüberstellt, die im gegensätzlichen Begriffspaar von partizipatorischer und gelenkter Demokratie zum Ausdruck kommen. In einer sozial- und demokratiegeschichtlichen Betrachtung diskutiert er, unter welchen gesellschaftlichen Bedingungen sich jeweils eine dieser Richtungen durchsetzen konnte bzw. wieder zurückgedrängt wurde. Der Autor zeichnet zunächst die Entwicklung der in den 1960er Jahren neu aufkommenden sozialen und partizipatorischen Bewegungen nach und stellt dabei die besondere Bedeutung der von Arnold S. Kaufman in der Tradition von Deweys pragmatistischer Philosophie verfassten Schrift zur 'participatory democracy' heraus. Dieses Konzept ist in den aktuell wiederauflebenden Demokratiebewegungen präsent und stellt ein Gegenmodell dar zu einer von Oligarchien dominierten und autokratisch gelenkten Form der repräsentativen Demokratie ('guided democracy'). Kennzeichnend ist, dass Demokratie aus dieser Perspektive als soziale Praxis verstanden wird, die an der Alltagserfahrung der sozialen Akteure ansetzt. Gesellschaftliche und politische Partizipation stellen dann eine Möglichkeit dar, ein demokratisches Zusammenleben durch die Übernahme von Verantwortung für das Allgemeinwohl zu erlernen und die persönlichen Fähigkeiten dabei zur Entfaltung zu bringen. Der Autor arbeitet in seinem Beitrag unter Zugrundelegung von Bourdieus Ansatz des sozialen Raums und der sozialen Felder schließlich einen Zusammenhang heraus zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Faktoren, die in spezifisch historischen Konstellationen international eine Ablösung konservativ-autoritärer Regime ermöglicht haben. Zu diesen Faktoren rechnet er zum einen sozialstrukturelle Verschiebungen in der Berufsstruktur mit Tendenz zur Höherqualifizierung, zum anderen die emanzipative Modernisierung sozialer Milieus und ihrer Alltagskulturen sowie deren gewachsene Potenziale der Selbst- und Mitbestimmung. Zu Zeiten sozial-liberaler Vorherrschaft waren hier Koalitionen zwischen Alltagsmilieus, partizipatorischen Bewegungen und politisch führenden Fraktionen möglich, die eine Öffnung der Politik für mehr Partizipation und direkte Demokratie zur Folge hatten. Diese wurden seit den 1980er Jahren durch konservativ-neoliberale Gegenbewegungen wieder zurückgedrängt. Die herrschenden politischen Fraktionen werden jedoch aufgrund von nicht aufgelösten Konflikten und Widersprüchen, wie die der nicht erfüllten Gerechtigkeits- und Nachhaltigkeitsvorstellungen, der sozialen Schieflagen und verweigerten partizipatorischen Teilhabe, von den aktuell wieder auflebenden Demokratiebewegungen international neuerlich herausgefordert." (Textauszug)

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