Töchter der Revolte?: Frauenbewegung und Feminismus der 1970er Jahre in München
In: Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte Bd. 85
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In: Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte Bd. 85
Erika Kossol ; Inhaltsverzeichnis ; Volltext // Exemplar mit der Signatur: München, Bayerische Staatsbibliothek -- Z 58.285-14
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In: http://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb00000615-7
neu bearb. von Hans-Eberhard Lohmann ; Text lat., Einl. und Anm. dt. ; Volltext // Exemplar mit der Signatur: München, Bibliothek der Monumenta Germaniae Historica -- 4 C 460 b(2
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In: Deutsche Verhältnisse. Eine Sozialkunde., S. 121-151
"Entwickelte demokratische Gesellschaften wie die Bundesrepublik Deutschland benötigen für ihr politisches System, ihre rechtliche und ökonomische Ordnung sowie den zivilgesellschaftlichen und kulturellen Bereich eine Vielzahl von Institutionen, die in ihrem Zusammenspiel Interessengegensätze, Konflikte und Krisen regeln müssen, damit politische Stabilität, wirtschaftliche Entwicklung, kulturelle Vielfalt, individuelle Sicherheit und gesellschaftliche Solidarität gewährleistet sind. Für das erfolgreiche Funktionieren und die Integrationsfähigkeit dieser Institutionen ist eine gebildete Bevölkerung notwendig. Das Bildungssystem ist deshalb eine zentrale Voraussetzung für die gesellschaftliche Entwicklung - insbesondere für die ökonomische Innovation und soziale Wohlfahrt - wie für die individuelle Teilhabe in vielen Lebensbereichen wie etwa in der Familie, auf dem Arbeitsmarkt, in der politischen Auseinandersetzung oder beim kulturellen Austausch. Bildung bestimmt in zunehmendem Maße individuelle Lebenschancen, die Wohlfahrt von Generationen und die Zukunft moderner Gesellschaften. Das Recht auf Bildung zählt deshalb im Selbstverständnis moderner Gesellschaften zu den sozialen Bürgerrechten, auf die eine lebendige Demokratie und die Autonomie ihrer Bürgerinnen und Bürger angewiesen sind. Wie selbstverständlich heute die Existenz eines weitgehend staatlich finanzierten und gesteuerten Bildungssystems und die Schulpflicht für die Bevölkerung sind, lässt sich allein schon daran ablesen, dass etwa ein Fünftel der Bevölkerung Deutschlands (ca. 17 Millionen Personen) derzeit als Auszubildende. oder Lernende die vielfältigen Angebote des Bildungssystems nutzt. Und als einer der größten Arbeitgeber beschäftigte es (im Jahre 2008) fast 4 Prozent der Erwerbstätigen (1,5 Millionen Frauen und Männer). Die Institutionen und Vorgaben des Bildungssystems strukturieren heute individuelle Lebensverläufe so umfassend und nachhaltig wie nie zuvor in der deutschen Geschichte (Meulemann 1985). Mehr als die Hälfte nachwachsender Geburtsjahrgänge verbringt mindestens ein Viertel ihrer Lebenszeit in Bildungseinrichtungen. Ein Fünftel der unter Dreijährigen befindet sich in Kinderbetreuungseinrichtungen, mit vier oder fünf Jahren kommen 95 Prozent aller Kinder in die vorschulische Kinderbetreuung, alle werden mit 6 oder 7 Jahren eingeschult und absolvieren bis zum Alter von 15 Jahren ihre Pflichtschulzeit. Danach sind die meisten von ihnen bis zur Volljährigkeit im Alter von 18 oder 19 Jahren entweder in der Berufsausbildung oder auf einer weiterführenden Schule. Für viele folgen dann höhere Berufsausbildung und Hochschulstudium bis Ende des dritten Lebensjahrzehnts (Meulemann 1990). Berufliche Weiterbildung wird im Erwerbsleben genutzt wie noch nie und Volkshochschulen erfreuen sich reger Nutzung von Bürgerinnen und Bürgern im Rahmen der Erwachsenenbildung bis ins höhere Lebensalter hinein (Kuwan u.a. 2006). Die Einschulung, Übergänge in andere Bildungseinrichtungen und schließlich deren Verlassen sind teilweise gesetzlich geregelte sozial bedeutsame Vorgänge. Durch sie werden frühe Phasen des Lebenslaufs in unterschiedliche Abschnitte wie etwa Kindergarten- und Schulzeit, Lehre und Studium untergliedert. Die hochgradig organisierten Bildungs- und Ausbildungsgänge sind Voraussetzung für Chancen auf dem Arbeitsmarkt und in anderen gesellschaftlichen Bereichen. Je länger jemand im Bildungssystem bleibt, desto höher sind seine Lebenserwartung und sein Wohlstand und desto besser sind seine Möglichkeiten, das Leben zu gestalten. Bildung spielt für die soziale Mobilität ebenso eine entscheidende Rolle wie für die Sozialstruktur, die ungleiche Verteilung von beruflichen Positionen, wirtschaftlichem Reichtum und sozialer Anerkennung und schließlich für die gesellschaftliche Legitimation sozialer Ungleichheit im Lebenslauf und zwischen sozialen Großgruppen." (Textauszug).
Die Arbeit ist eine Fallstudie zur Geschichte des neuzeitlichen Fürstenhofs und nimmt den Tatbestand zum Ausgangspunkt, daß der russische Zarenhof in der modernen Hof- und Absolutismusforschung kaum eine Rolle spielt. Gegenstand ist die Hofgesellschaft unter Katharina II. Anhand funktionaler und quantitativer Kriterien werden die Personenkreise, die sich für die Konstituierung der Hofgesellschaft als relevant erwiesen, sowohl differenziert als auch in ihren politischen wie sozialen Beziehungen hierarchisiert und analysiert: von eher repräsentativen Ämtern bis zu dem engen Kreis einflußreicher Administratoren um die Monarchin. Auf dieser Grundlage werden einzelne Themenfelder abgesteckt zur Untersuchung der herrschaftspolitischen Strukturen des Hofes und seiner Funktionen in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext, insbesondere im Spannungsfeld von aufgeklärter Reformprogrammatik und autokratisch-absolutistischer Herrschaftsordnung. Dazu gehören die ökonomischen Voraussetzungen höfischer Existenz; die Traditionen politischer und kultureller Deutungsmuster in der Hofgesellschaft und die unter anderem daraus resultierenden Erwartungshaltungen; die zeremonialen und rituellen Strukturen des Hoflebens sowie die Wirkmächtigkeit der Repräsentationsstrategien und die Wahrnehmung durch die Betroffenen; das Bild des Höflings und die Hofkritik; das Verhältnis von Festkultur, Hofgesellschaft und Öffentlichkeit. Dabei wird der Versuch unternommen, anschlußfähige Fragestellungen für vergleichende Studien zu entwickeln. ; As a case-study, this doctoral thesis explores the Russian court society in the time of Catherine II, a topic, which in general has been ignored in most discussions concerning the court in the Age of Absolutism. The separate groups constituting the court society are determined by functional and quantitative categories as well as systematized and analysed in their political and social relationship: from positions with more representative functions up to the close inner circle of influential administrators around the monarch. On this basis the political structures of the court and its functions in a broader social context are researched, particularly its position in the conflict situation between enlightened reform objectives and autocratic-absolutist political system. Among the different subjects are the economic prerequisits of life at court; the traditions of political and cultural thinking in the court society and the attitudes and expectations of its members; the ceremonial and ritual structuring of life at court as well as the effectiveness of the strategies of representation and the perception by the persons affected; the imagery of a courtier and the criticism of court; the relationship between the different kinds of festivities and the court society and the public sphere. At the same time, the study offers further questions for comparative research.
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In: Sozialpolitische Schriften, 96
Die vergangenen Rentenreformen, der Strukturwandel auf Arbeitsmärkten und veränderte Erwerbsbiografien haben Diskussionen über die Leistungsfähigkeit der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) befördert. Da die Mindestsicherung im Alter für alle unabhängig von früheren Beitragsleistungen für die GRV gewährleistet ist, ist die Legitimität der beitragsfinanzierten GRV berührt, wenn lange Versicherungszeiten nicht zu einer ausreichenden Sicherung im Alter führen. Gestützt auf reichhaltige Daten aus der Sozialversicherung wird untersucht, wie Erwerbsverläufe beschaffen sind, an deren Ende trotz langer Versicherungszeiten nur niedrige Rentenzahlbeträge stehen. Die Studie bezieht Risikofaktoren des Arbeitsmarktes und die Bedeutung rentenrechtlicher Regelungen ein. Die Ergebnisse versachlichen die Diskussion um die Leistungsfähigkeit der GRV in Deutschland und weisen auf Handlungsmöglichkeiten hin, um Niedrigrenten trotz langer Versicherungszeiten zu begrenzen. »Employment histories of women and men with low pensions in Germany« On the basis of rich administrative data from the German pension insurance, the study examines employment histories which, despite long periods of insurance, result in low pensions. The study focusses on labour market risks as well as pension regulations. The results contribute to the discussion about the performance of the pension insurance in Germany and point to possible courses of action to limit the occurrence of low pensions. Gestützt auf reichhaltige Daten aus der Sozialversicherung wird untersucht, wie Erwerbsverläufe beschaffen sind, an deren Ende trotz langer Versicherungszeiten nur niedrige Rentenzahlbeträge stehen. Die Studie bezieht Risikofaktoren des Arbeitsmarktes und die Bedeutung rentenrechtlicher Regelungen ein. Die Ergebnisse versachlichen die Diskussion um die Leistungsfähigkeit der GRV in Deutschland und weisen auf Handlungsmöglichkeiten hin, um Niedrigrenten trotz langer Versicherungszeiten zu begrenzen. Martin Brussig leitet die Forschungsabteilung »Arbeitsmarkt – Integration – Mobilität« am Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ), Universität Duisburg-Essen, wo er 2016 zum außerplanmäßigen Professor berufen wurde. Er hat Soziologie und Geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin und der New School of Social Research in New York studiert und an der Friedrich-Schiller-Universität Jena promoviert. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten zählen Fragen der Arbeitsmarktforschung, der Arbeitsmarktpolitik und des Altersübergangs. Martin Brussig ist Mitglied des Vorstands der Deutschen Vereinigung Sozialwissenschaftliche Arbeitsmarktforschung (SAMF) und des Interdisziplinären Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (InZentIM) der Universität Duisburg-Essen. Dominik Postels ist seit 2018 wissenschaftlicher Mitarbeiter in den Sachgebieten Bevölkerung und Soziales am Amt für Statistik, Stadtforschung und Wahlen der Stadt Essen. Zuvor war er von 2014 bis 2018 wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Forschungsabteilung »Arbeitszeit und Arbeitsorganisation« am Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) an der Universität Duisburg-Essen, wo er zu den Themenbereichen Ungleichheiten im Erwerbsverlauf, Arbeitszeiten sowie Determinanten der Erwerbstätigkeit forschte. Sein Studium der Soziologie schloss Dominik Postels an der Universität Duisburg-Essen ab. Lina Zink ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen. Nach dem Studium der Geschichte und Soziologie an der Ruhr-Universität Bochum ist sie seit 2010 am IAQ in der Abteilung »Arbeitsmarkt-Integration-Mobilität« tätig. In verschiedenen Forschungsprojekten beschäftigte sie sich u.a. mit (Langzeit-)Arbeitslosigkeit Älterer, Erwerbstätigkeit von Renter/innen sowie Themen der Alterssicherung und Erwerbsminderung. Martin Brussig works at the Institute for Work and Qualification (IAQ), University of Duisburg-Essen, where he was appointed Associate Professor in 2016. He studied sociology and history at the Humboldt-Universität zu Berlin and the New School of Social Research in New York and received his doctorate at the Friedrich-Schiller-Universität Jena. His work focuses on issues of labour market research, labour market policy and retirement. Martin Brussig is a member of the board of the German Association for Social Science Labor Market Research (SAMF) and the Interdisciplinary Center for Integration and Migration Research (InZentIM) at the University of Duisburg-Essen. Dominik Postels is currently a research assistant in the fields of population and social affairs at the Office for Statistics, Urban Research and Elections of the City of Essen. From 2014 to 2018, he was a research assistant in the research department »Working hours and work organisation« at the Institute for Work and Qualification (IAQ) at the University of Duisburg-Essen, where he researched inequalities in employment, working hours and determinants of employment. Dominik Postels completed his studies in sociology at the University of Duisburg-Essen. Lina Zink is a labour market Sociologist at the Institute for Work and Qualification (IAQ) at the University of Duisburg-Essen. After studying history and sociology at the Ruhr University Bochum, she joined the IAQ in 2010. In various research projects she dealt with (long-term) unemployment of older people, employment of pensioners as well as issues of old-age provision and reduced earning capacity.
Blog: Political Theory - Habermas and Rawls
Der Philosoph: Habermas und wirvon Philipp Felsch(Propyläen Verlag, 2024)256 S.Inhalt Ein Nachmittag in Starnberg [PDF]In der verkehrten Welt [PDF]Täter und OpferAbschied vom TiefsinnDas Bewusstsein der GegenwartThe center does not hold Spießrutenlaufen in FrankfurtRaketenwissenschaft für eine bessere GesellschaftWas wir unterstellen müssenDer Makel des MündlichenUnheimliches DeutschlandTheorie des SinnverlustsMusste das sein?Taxonomie der GegenaufklärungDistanz und ThymosJ'accuseZurück aus der ZukunftGeschichte und GedächtnisDie Stunde der postnationalen EmpfindungPrimat der Weltinnenpolitik Vom Krieg Der Denker der universellen ProvinzAuszüge [Gespräch mit Jürgen Habermas, September 2023]:"Dagegen hält Habermas mit wachsender Verzweiflung an seiner Überzeugung fest, dass das Bemühen um einen Waffenstillstand und die Suche nach einer Verhandlungslösung im Konflikt mit Russland unumgänglich seien. Er nimmt die "Kriegsstimmung" der deutschen Öffentlichkeit als Begleitmusik zu einer fatalen strategischen Fehleinschätzung wahr, die sich als geopolitische Zäsur von großer Tragweite erweisen könnte. Während ich noch von ihm wissen will, was er dem Bundeskanzler jetzt, im Herbst 2023, empfehlen würde, malt er das düstere Szenario vom Abstieg des Westens aus, der für ihn vom Niedergang der politischen Institutionen in den USA nicht zu trennen ist. Er spricht von der Spaltung der amerikanischen Gesellschaft und von der "Auflösung des amerikanischen Parteiensystems", die sich – wenn auch erst seit Trump nicht länger zu ignorieren – schon in der zunehmenden Polarisierung der späten 1990-Jahre angekündigt hätten. Er hält die Erschütterung der politischen Institutionen für so gravierend, dass ihre Legitimität auf lange Sicht beschädigt sei." (……)"Was die Ukraine angeht, so prophezeit er den graduellen Rückzug der Amerikaner, sobald sich der Krieg für Biden im Wahlkampf als innenpolitischer Ballast erweisen werde. Und er befürchtet, dass der Zerfall der Unterstützerkoalition, den das zur Folge haben würde, den Western die Letzten Reste von politischer Glaubwürdigkeit und Autorität kosten könnten, über die er gegenwärtig noch verfüge. Denn dass sich Europa noch zu einem "global einflussreichen Akteur" mausern werde, auch daran glaubt er spätestens seit dem Scheitern von Emmanuel Macrons diesbezüglichen Initiativen nicht mehr. Das betrifft umso mehr seine einstigen Hoffnungen auf weltbürgerliche Verhältnisse: "Das alles ist Vergangenheit". Und dann sagt er einen Satz, der unseren Gesprächsfluss einen Moment lang stocken lässt: All das, was sein Leben ausgemacht habe, gehe gegenwärtig "Schritt für Schritt" verloren. Er wäre nicht der Kämpfer, der er ist, wenn er sich nicht im selben Atemzug gegen die Überheblichkeit derjenigen wappnen würde, die es schon immer besser gewusst zu haben meinen: "Es ist zu billig, sich über einen solchen Idealismus rückblickend lustig zu machen. Jeder gute Zeithistoriker schreibt Geschichte nicht nur zynisch vom enttäuschenden Ergebnis her". Es ist bestürzend, Habermas – den letzten Idealisten – so fatalistisch zu erleben." [Seite 186-187]Interview: * "Habermas ist die Antwort der Frankfurter Schule auf die moderne Gesellschaft" (Philosophie Magazin, 2024-03-04)Rezensionen:* Hans-Peter Müller - "Theoriegeschichten: Jürgen Habermas als Intellektueller" (Soziopolis, 29-02-2024)* Jens-Christian Rabe - "Der letzte Idealist" (Süddeutsche Zeitung, 16-03-2024)* Florian Meinel - "Die Feindortung klappte immer" (FAZ, 08-03-2024)* Moritz Rudolph - "Habermas versteht die Welt nicht mehr" (Philosophie Magazin, blog 28-03-2024)* Ronald Pohl - "Wie das Zeitalter von Philosoph Jürgen Habermas zu Ende zu gehen droht" (Der Standard, 08-04-2024)* Linus Schöpfer – "Apostel der Sprödheit" (Neue Zürcher Zeitung, 07-04-2024)* Thomas Ribi - "Der Vordenker der Bundesrepublik" (Neue Zürcher Zeitung, 10-04-2024)* Felix Kämper - "Der unversöhnte Theoriegeist" (Unireport Frankfurt, 19-04-2024)* Michael Hesse - "Weltgeist in Chinos und Reeboks" (Frankfurter Rundschau, 21-05-2024)* Cord Riechelmann - "Auch eine Geschichte der Philosophie" (Philosophie Magazin, June/July 2024)* Tobias Schwartz - "Mit Jürgen Habermas mehr Utopie wagen" (Berliner Mogenpost, 15-06-2024)* Lukas Meisner - "Der Philosoph. Habermas und wir" (Marx & Philosophy, blog 15-06-2024)* Peter J. Brenner - "Habermas in mildem Licht" (Weltwoche, 20-06-2024)* Jan-Werner Müller - "Revisiting Habermas" (Foreign Policy, Summer 2024)* Jens Hacke - "Ph. Felsch: Der Philosoph" (H Soz Kult, Kommunikation und Fachinformation für die Geschichtswissenschaften, 26-07-2024)* Stefan Kunzmann - "Kosmopolit mit Marmorkuchen" (Luxemburger Tageblatt, 27-07-2024)* Alexander Cammann - "Starnberg lebt" (Die Zeit, 29-02-2024)Cammann: "Bei Felsch ist der Bezugspunkt die Bundesrepublik; hier schreibt ein Kulturhistoriker, kein Philosoph. So liest man noch einmal, wie schon der Mittdreißiger Habermas ein Magnet war, nach dem sich viele ausrichteten, wie wichtig der Suhrkamp Verlag für den Frankfurter Professor gewesen ist, wie heftig die Auseinandersetzungen mit der Studentenbewegung waren und wie intensiv die Beziehungen zu Karl Heinz Bohrer und Martin Walser. Beide Freundschaften gingen später in die Brüche – im Streit um die Nation, um Deutschland. Eine erfolgsverwöhnte, internationale Gelehrtenkarriere als Erbe der Kritischen Theorie, dazu die öffentliche Rolle als sich mit Zeitungsartikeln einmischender, virtuoser Medienstratege – tatsächlich ist es ja unglaublich, wie Habermas das alles stemmte.Zu großer Form läuft Felsch in den Achtzigerjahren auf. Plötzlich, nachdem der 52-jährige Habermas gerade sein gigantisches erstes Hauptwerk, die Theorie des kommunikativen Handelns, veröffentlicht hat, passiert 1982 der Worst Case: Die CDU mit Helmut Kohl übernimmt in Bonn die Macht. Habermas wittert überall den Rechtsschwenk und stürzt sich 1986 in den sogenannten Historikerstreit, versiert in der "Kunst, seine Gegner durch Eingemeindung zu besiegen" (Felsch). Alles oft gelesen – doch Felsch interpretiert den geschichtspolitischen Erfolg des Philosophen luzide als theoretischen Rückschritt: Eben noch auf der Höhe seiner Kommunikationstheorie, praktiziert Habermas jetzt den kulturalistischen Kampf um Hegemonie."
Blog: DPI-Blog
Der Kunsthistoriker Leszek Jodliński leitete bereits Museen in Beuthen und Gleiwitz, bevor er 2007 mit dem Aufbau des neuen Schlesischen Museums in Kattowitz betraut wurde, das nach jahrzehntelangem Dornröschenschlaf (1939 eröffnet, 1940 von den Nazis zerstört, 1984 wiedergegründet) vor einigen Jahren einen neuen repräsentativen Sitz im Kattowitzer Zentrum beziehen sollte. Die innovative Ausstellungskonzeption, die den Anfang der modernen oberschlesischen Geschichte in der von Preußen eingeleiteten industriellen Entwicklung sah und von gängigen polnisch-nationalen Mustern Abstand nahm, führte zur Kritik seitens der politischen Entscheidungsträger in Kattowitz und Warschau und zu seiner Entlassung 2012. Damals bereits publizierte Jodliński in Zeitschriften zum Thema Juden in Oberschlesien, 2020 kam ein Sammelband heraus, der das Schicksal einiger oberschlesischen Familien und Individuen schildert, die bis heute nur selten bekannt geworden sind.In Polen sind diese Schicksale deutscher Juden unbekannt, in Deutschland ist es ähnlich, denn hierzulande gibt es, so Jodliński, ebenfalls kaum Interesse am ehemaligen Osten, auch an den damals in Oberschlesien lebenden Juden. So werden selbst im Berliner Jüdischen Museum nur wenige Beispiele von jenseits der Oder und Neiße präsentiert mit Ausnahme der Synagoge in Breslau. In der heutigen Breslauer Storch-Synagoge kam Jodliński auf die Idee zum Titel des Buches, als er von der Empore aus die "leeren Stühle" sah: "Dieses Bild scheint mir mehr als symptomatisch für das Schicksal der Juden in Schlesien zu sein. Irgendwie sind sie da und gleichzeitig sind sie nicht da". Und weiter: "Von hier aus, aus Breslau, gingen die (meistens) assimilierten Juden nach Oberschlesien, das für sie ein eigenartiges gelobtes Land wurde. Ein Land der Chancen und Herausforderungen. Cohn, Weichmann, Stein, Barasch - das sind nur wenige Namen, die diese unsichtbare Linie zwischen Breslau und Gleiwitz, Kattowitz und Beuthen zogen".Nehmen wir die Weichmanns. Einigen Architekturinteressieren wird das Seidenhaus Weichmann in Gleiwitz vielleicht ein Begriff sein. Erwin Weichmann war Waisenkind und wurde in einer jüdischen Familie in Breslau großgezogen, studierte in Berlin Ökonomie und Kunsthandwerk, lernte dort Walter Gropius, Erich Mendelssohn und andere Architektur- und Künstlerpersönlichkeiten der damaligen Zeit kennen. Der aus Allenstein stammende Mendelssohn, einer der erfolgreichsten Bauhaus-Architekten, schuf in ganz Schlesien mehrere markante Gebäude, darunter auch das bemerkenswerte Seidenhaus Weichmann für seinen Freund Erwin - ein architektonisches Symbol einer ganzen Epoche. Das Haus hatte eine Ladenfläche für erlesene Stoffe, eine Lagerhalle für breit gefächerte Haus- und Modetextilien sowie eine Privatwohnung in einem. Es spiegelte den Geist der Zeit mit ihrer funktionalistischen Bauhaus-Architektur der Weimarer Republik wider. Die dynamische Form besticht mit langen parallelen Linien und eckigen waagerecht platzierten Fenstern, verbindet Minimalismus mit Funktionalismus. Die Schaufenster waren kunstvoll eingerichtet, durch Lichteffekte verstärkt. Erwin – ein self-made man, kam 1921 nach Oberschlesien, in einer Zeit, in der sich die Zukunft der Provinz zwischen Deutschland und Polen entscheiden sollte. Das Seidenhaus wird nur wenige Monate vor der politischen Teilung Oberschlesiens im Juni 1922 eröffnet, die neue Grenze verläuft nur wenige Kilometer davon, aber Gleiwitz feiert die Investition, feiert die neue Zeit, den neuen Aufbruch. Weichmann bleibt auch, als viele Geschäftsleute Oberschlesien verlassen, sein Haus wird zu einer der exklusivsten Einkaufsdressen in der Region, schnell entstehen Filialen in anderen Städten – im deutschen Oppeln und polnischen Kattowitz. Durch neue Verkaufsstrategien, die Weichmann nach seinem USA-Besuch in die Wege leitet (u.a. durch Versandhandel), trotzt er der Weltwirtschaftskrise.1929 heiratet Erwin die im benachbarten Hindenburg (Zabrze) lebende Alice Richter, die Eigentümerin des Modehauses Heilborn. Erwin verkauft daraufhin das Seidenhaus in Gleiwitz an seinen Partner Max Altgassen (der für einen Protagonisten in einem der Romane Horst Bieneks steht und 1945 in der Bombennacht von Dresden ums Leben kommt) und zieht nach Hindenburg. Das Jahr 1933 ändert alles, denn mit der Machtergreifung Hitlers gibt es nun Boykottaufrufe gegen jüdische Geschäftsleute und Firmen. Dank Frank Bernheim, einem Gleiwitzer Juden, der erfolgreich gegen seine Entlassung als Verkäufer vor dem Völkerbund klagte, genossen Juden in Oberschlesien noch bis 1937 ein etwas milderes Schicksal als in den übrigen Reichsprovinzen (Jodliński widmet der Bernheim-Petition ein Kapitel seines Buches). Erwin glaubt zunächst an ein Arrangement mit den Nazis, aber als die Lage immer dramatischer wird, denkt er über Emigration nach. 1936 besucht Weichmann erneut die USA um die Umsiedlung vorzubereiten, ein Geschäftspartner aus St. Louis bürgt für ihn und seine Familie. 1938 verlässt Weichmann Oberschlesien und beginnt in den USA eine neue Existenz. Er kann von Glück sprechen, denn er darf seinen Haushalt mitsamt einer Daimler-Limousine mitnehmen. In St. Louis lässt Erwin Weichmann seinen Nachnamen in Winston umbenennen und leitet dort seine neue Firma Winston´s Inc. The House of Silk. Er wird Europa nie wieder besuchen. Bildquelle: Wydawnictwo AzoryOb Weichmann, Bernheim, Hirsch oder Lustig – all diese Persönlichkeiten, die im Buch beschrieben werden, gibt es nicht mehr in Oberschlesien. Sie hatten Glück und konnten sich und ihre Familien rechtzeitig aus Deutschland retten – nach England, Palästina, Argentinien, in die USA. Einige auch nicht, wie die Familie Karliner, die im Sommer 1939 mit kubanischen Visa ausgestattet keine Aufnahme in Kuba, den USA und Kanada erhalten hat und zusammen mit allen anderen Passagieren der MS "St. Louis" wieder zurück nach Europa musste.Jodliński leistet mit seinem Werk eine wichtige Erinnerungsarbeit, denn wie bereits erwähnt, passen oberschlesische Juden bis heute kaum zum publizistischen oder wissenschaftlichen Interesse einer breiteren Öffentlichkeit. Auffallend ist auch die grafische Gestaltung des Bandes mit vielen zeitgenössischen Bildern, die zum ersten Mal publiziert werden. Ein kleines Manko aus meiner Sicht ist die Konzentration auf Großstädte im Industriegebiet Oberschlesiens, aber daraus ist dem Revier-Kenner Jodliński kein Vorwurf zu machen, im nächsten Band wird er vielleicht noch einige Aufmerksamkeit auf andere, kleinere oberschlesische Städte richten – etwa Oppeln, Neustadt oder Neiße, die ebenfalls spannende – glückliche und tragische – jüdische Geschichten zu erzählen wissen.Leszek Jodliński, Puste krzesła, Kraków-Gliwice 2020, 45 PLNKaufen: https://azorywydawnictwo.pl/ksiegarnia-internetowa-wydawnictwa-azory/
Blog: Menschenrechtsbildung
In diesem Beitrag stellt Judith Holstein folgenden Text vor:Kotzur, Markus (2008): 60 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte – Reflexionen zur Entstehungsgeschichte, Ideengeschichte und Wirkungsgeschichte; in: MenschenRechtsMagazin 2/2008, S. 184-196, online unter: https://publishup.uni-potsdam.de/opus4-ubp/frontdoor/deliver/index/docId/3419/file/mrm13_02_online_2009_09_15.pdf.Zu Beginn geht Kotzur näher auf die Entstehungsgeschichte der Menschenrechte ein. Die Grundidee universeller Menschenrechte stammt von dem ehemaligen US-amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson, der versuchte, den Kriegseintritt der Vereinigten Staaten in den Ersten Weltkrieg zu legitimieren. Diese Legitimation führte er auf die "Idee internationaler Menschenrechtsstandards" (S. 186) zurück und betonte dabei vor allem das "Selbstbestimmungsrecht der Völker". Als institutioneller Rahmen sollte dafür der Völkerbund dienen, dieser scheiterte allerdings.Franklin D. Roosevelt prägte innerhalb seiner Rede über die "Four Freedoms" den Ausdruck der "Geißel des Krieges", der wenige Jahre später in der Präambel der Charta der Vereinten Nationen festgeschrieben wurde. Die Four Freedoms, die unter anderem von den Idealen der Amerikanischen und Französischen Revolution geprägt waren, sind die Rede- und Meinungsfreiheit, zu der auch die Pressefreiheit zählt. Zudem gehören die Religions- Glaubens- und Gewissensfreiheit und die Freiheit von (materieller) Not, sowie die Freiheit von Furcht und das Bedürfnis nach Sicherheit dazu ( vgl. S. 186 f.).Diese Gedanken wurden während des Zweiten Weltkriegs von Nichtregierungsorganisationen aufgegriffen. Diese versuchten, "eine Menschenrechtsbewegung zu formen" (S. 187). Die Debatte über die Menschenrechte dominierte auch die Konferenz von Dumbarton Oaks, die 1944 stattfand. Ziel dieser Konferenz war die Gründung einer "neuen Weltorganisation". In der Konferenz von San Francisco wurden Formulierungen, die heute als prägend für die UN-Charta gelten, getroffen. Eine inhaltliche Aufnahme der Menschenrechte in ein eigenes Kapitel der UN-Charta fand allerdings immer noch nicht statt. Die Unterzeichnung der Weltpakte ereignete sich letztlich erst im Jahr 1966.Die Grundeinsicht, die die internationale Gemeinschaft teilte, war, dass der Nationalstaat als "alleiniger Garant der Grund- und Freiheitsrechte seiner Bürger versagt und die Gefahr totalitärer Systeme von rechts wie von links nicht hatte bannen können" (S. 187). Aus diesem Grund wurden der Menschenrechtsschutz von einer nationalen auf eine internationale Ebene gehoben. Des Weiteren wurde zusätzlich zu den Staaten dem Individuum eine Rolle in Bezug auf die Wahrung der Menschenrechte zugesprochen. Kotzur beschreibt dieses Verhältnis als ein "trianguläres": "Staat - Einzelmensch - internationale Gemeinschaft" (S. 188), das durch regionale Verantwortungsgemeinschaften erweitert werden kann.Im Anschluss geht Kotzur auf die Ideengeschichte der Menschenrechte ein, die sehr weitreichend ist. Der Autor beschreibt den großen Einfluss der Gedanken der Französischen Revolution auf die Idee universeller Menschenrechte. Als Meilenstein nennt Kotzur die zweite Weltkonferenz für Menschenrechte im Jahr 1993. In der Wiener Deklaration und einem damit einhergehenden Aktionsprogramm "bekennen sich alle 171 Unterzeichnerstaaten einstimmig zur Universalität und gegenseitigen Interdependenz der Menschenrechte" (S. 190). Der Autor beschreibt dies als "ein Stück ideengeschichtlicher Fortentwicklung des Menschenrechtsschutzes für das 21. Jahrhundert" (ebd.).Kotzur geht dann dazu über, die Wirkungsgeschichte der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zu beschreiben. Diese teilt er in drei Abschnitte auf. Der erste beinhaltet die Wirkungsgeschichte "als Geschichte erfolgreicher positivrechtlicher Fortschreibung" (S. 190). Diesbezüglich nennt er die beiden großen Pakte des Jahres 1966, den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Recht und den Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Des Weiteren führt er einige Einzelverträge wie beispielsweise das Folterverbot an. Viele dieser Pakte und Verträge seien weitgehender als nationale Verfassungstexte. Auch das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs bezeichnet Kotzur als "Kind der AEMR" (S. 191).Des Weiteren erläutert Kotzur, dass die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) das Versprechen der AEMR erfüllen sollte (vgl. S.191), da sie ihre "produktive Fortschreibung" (ebd.) sei. Dasselbe gelte für die Banjul-Charta der Menschenrechte, die Bangkok Declaration und die Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam, die alle wie die EMRK von der AEMR beeinflusst wurden.Als zweites geht der Autor auf die Wirkungsgeschichte als "Globalisierungsgeschichte(n)" (S. 191) ein. Hierbei beschreibt er zwei Aspekte mit hoher Relevanz für den internationalen Menschenrechtsschutz. Der erste bezieht sich auf die "zunehmende Machtkonzentration in der Verantwortungssphäre nichtstaatlicher "Gewalten" oder Funktionseliten" (S. 192). Dadurch werden neue Formen der Abhängigkeit sowie eine Gefährdung der Integrität und Autonomie von Individuen begründet.Der zweite Aspekt bezieht sich auf die Verringerung der "klassisch nationalstaatlichen Handlungsspielräume" (ebd.). Dies sei in verschiedenen Aspekten der Vorsorge potenziell kritisch zu sehen. Somit sei das Individuum in letzter Konsequenz darauf angewiesen, dass "Staaten und Gesellschaften in internationaler Kooperation" (S. 193) Grundbedingungen in allen Lebensbereichen schaffen, die die Realisierung der Freiheitsrechte schaffen.In einem dritten Punkt beschreibt Kotzur die Wirkungsgeschichte der Menschenrechte als "Geschichte fortschreitender Universalisierung der Menschenrechte" (S. 193). Er erläutert, dass die Universalität der Menschenrechte "kulturelle Stückwerkreform" (ebd.) sei, da sie verschiedene (Legitimierungs-)Phasen durchlief. Somit seien die Erfahrungen von Unrecht und Gefahr, die sowohl "vorstaatlich" (S. 194) und "überstaatlich" (ebd.) existieren, jene, die innerhalb von Prozessen "das Ideal universeller Menschenrechte ... zu realisieren helfen" (ebd.). Diese Prozesse laufen stetig weiter. Konturiert werden sie durch die Verankerung im internationalen und nationalen Recht.Der Autor weist darauf hin, dass Universalität zwar gelte, Universalitätsansprüche sich aber "erst Geltung verschaffen" (S. 195) müssen. Der Prozess des "Geltung-Verschaffens" dürfe allerdings nicht zwanghaft verlaufen und die Maximen der AEMR dabei nicht verletzt werden.Martin Kotzur schließt, indem er die AEMR als "Epilog des San-Francisco-Prozesses und Prolog des universalen Menschenrechtsschutzes" (S. 196) bezeichnet. Durch die Metapher macht er darauf aufmerksam, dass "weitgehend(e) textliche Konkretisierung" (ebd.) und Protagonisten, "die ihre großen Textgehalte wirkungsmächtig lebendig halten" (ebd.), notwendig sind.
Blog: Menschenrechtsbildung
In diesem Beitrag stellt Marion Stieger folgenden Text vor: Bloch, Yanina (2019): UN-Women. Ein neues Kapitel für Frauen in den Vereinten Nationen, Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft, S. 19-27 (abrufbar unter: https://www.nomos-elibrary.de/10.5771/9783845297965/un-women).Das Buch von Yanina Bloch beschäftigt sich mit "UN Women", einer Institution in den Vereinten Nationen, die sich für Frauen- und Gleichstellungsfragen einsetzt. Das gewählte Kapitel daraus beschreibt die Entwicklung von Frauenbeteiligung in der UNO in den Anfangsjahren:"Um zu begreifen, welche Neuerungen durch die Gründung von UN Women in das System der Vereinten Nationen eingeführt wurden, ist es daher unumgänglich, einen Blick zurück in die institutionelle Geschichte der Vereinten Nationen zu werfen und die Entwicklung von Frauenrechten in politischer und institutioneller Hinsicht seit Gründung der Organisation zu beleuchten" (S. 19).Das Kapitel beginnt mit einem Blick auf die Geschichte der UN aus Sicht der wenigen Frauen, die in den Anfängen mitgewirkt haben. Der Internationale Frauenrat setzte sich bereits im Völkerbund dafür ein, die Frauenrechte in die Satzung aufzunehmen. Aufgrund der Auflösung des Völkerbundes scheiterte das Projekt (vgl. S. 19).Bei der Einführungssitzung der Vereinten Nationen 1946 brachten die 17 Teilnehmerinnen die Frauenrechte wieder auf die Agenda, indem sie eine Schrift an die Frauen in der Welt verfassten und vortrugen. Frauen sollten sich nach dem Krieg "gleichberechtigt an der nationalen und internationalen Politik […] beteiligen" (S. 20). Zwar wurde die Schrift nicht offiziell in der Versammlung diskutiert und keine Resolution verabschiedet, er galt jedoch als erster offizieller Ausdruck der Frauen in den Vereinten Nationen.Zudem betont Bloch, dass in der Präambel der Charta der Vereinten Nationen explizit die Gleichberechtigung von Frauen und Männern aufgenommen wurde. Forderungen nach Gleichstellung hatten somit durch die UN-Charta einen juristisch verbindlichen Rahmen. Bei der Verabschiedung der Charta waren nur vier der 160 Abgeordneten weiblich.Im Jahr 1948 wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) verabschiedet, die in der Präambel und in einzelnen Artikeln das Thema Geschlechtergleichberechtigung behandelt. Es wurde somit klargestellt, dass Menschenrechte ungeachtet des Geschlechts gelten (vgl. S. 21).Eleanor Roosevelt wurde zur Vorsitzenden der Menschenrechtskommission gewählt. Es gelang unter ihrer Leitung, die Menschenrechte umfassend zu formulieren. Dabei sah die ursprüngliche Fassung noch Formulierungen vor, die sich nur auf Männer bezogen, wie "all men are brothers". Durch die Kommission für die Rechtsstellung der Frau konnte eine geschlechtsneutrale, inklusivere Sprache angewandt werden (vgl. S. 22). So lautet der Artikel 1 heute: "All human beings are born free and equal in dignity and rights. They are endowed with reason and conscience and should act towards one another in a spirit of brotherhood" (UN Dok. A/RES/217 A (III), 10.12.1948).Nach Auffassung der Autorin hatte der zunächst rechtlich nicht-bindende Charakter der Erklärung der Menschenrechte den Vorteil, dass keine Staaten ausgetreten sind oder die Erklärung nicht durch viele Vorbehalte geschwächt worden ist. 1966 wurden Inhalte der AEMR zumindest teilweise verbindliches Vertragsrecht (vgl. S. 22-23).Das Bekenntnis zur Gleichstellung durch die AEMR war auch ein Erfolg der Kommission für die Rechtsstellung der Frau (CSW). Sie wurde 1946 gegründet und bildet eine vollwertige Kommission gleichwertig mit der Menschenrechtskommission unter dem Wirtschafts- und Sozialrat der UN. Dies ist laut der Autorin auch auf die Einflussnahme von Frauenverbänden zurückzuführen (vgl. S. 23).Die CSW erforschte bis 1962 den rechtlichen Status von Frauen in verschiedenen Mitgliedsstaaten. Dabei stand ihr nur ein begrenztes Budget zur Verfügung. Sie pflegte engen Kontakt zu Frauenverbänden, was die Arbeit in den Mitgliedsstaaten erleichterte. Weitere Aufgaben waren die Berichte zur Förderung von Frauenrechten für den Wirtschafts- und Sozialrat. Besonders vier Bereiche wurden damals als problematisch angesehen: die politischen Rechte von Frauen und deren Wahrnehmung sowie der Zugang zu Bildung und Arbeit. Daraus formulierte Konventionen wurden zu Meilensteinen in der juristischen Verankerung der Frauenrechte (vgl. S. 24).Im folgenden Abschnitt legt die Autorin nochmal den Fokus auf die Gründe, warum eine eigenständige Frauenkommission gegründet wurde. Frauenthemen sollten somit schneller voranschreiten und konkurrierten nicht mit anderen Themen rund um die Menschenrechte. Sie konnte so eigene Prioritäten setzen und ihre Vorschläge hatten eine größere Bedeutung in den Vereinten Nationen. Nachteile ergeben sich aus der geringeren Kooperation mit der Menschenrechtskommission. Frauenrechte tauchten dort kaum mehr auf und das größere politische Ansehen der Menschenrechte konnte so kaum genutzt werden. Trotzdem erkennt die Autorin das Verdienst der CSW an, die Frauenrechte immer wieder auf die Agenda der UN zu setzen (vgl. S. 25).Die verbindliche Gleichstellung von Frauenrechten schritt mit der Deklaration für die Beseitigung jeglicher Diskriminierung von Frauen (DEDAW) voran. Ein einheitliches und verbindliches Vertragswerk, das die Frauenrechte auch in der Realität zur Umsetzung bringen sollte, wurde damit von der Frauenrechtskonvention vorbereitet und in der Generalversammlung 1967 verabschiedet. Die Resolution war zunächst nicht rechtlich bindend, sollte aber die Grundlage zu einem verbindlichen Vertrag schaffen (vgl. S. 26).Bloch führt anschließend aus, dass die Frage nach der Notwendigkeit einer Frauenrechtskonvention in Anbetracht der bereits existierenden Menschenrechte dennoch begründet werden kann. Es herrschten strukturelle Diskriminierungen in den 60er und 70er Jahren und die Menschenrechte bezogen sich eher auf Abwehrrechte gegen Staaten. Die Diskriminierung von Frauen geschieht dagegen eher im Privaten, wo der Staat nicht eingreifen sollte (vgl. S. 26-27).Die Frauenrechtskonvention (CEDAW) trat 1981 in Kraft. Die Mitgliedsstaaten geben seither Berichte ab und treten in Dialog über die Umsetzung der Vorgaben. Durch Empfehlungen sorgt die Konvention zu einem besseren Verständnis von Frauenrechten und deren Umsetzung (vgl. S. 27).
This dissertation examines four chronic illnesses in narratives of personal experience with these illnesses and how they are represented in different forms of cultural production, i.e., novel, documentary, video film, and memoir. I argue that narrative attention to the experience of illnesses like PTSD, thalassemia, HIV, endometriosis speaks to a "social chronicity", which is a significant space of investigation for interdisciplinary fields of health studies and care work. The focus on the chronic is an effective mode to engage with illnesses and attendant transformations that are experienced over a long period of time and often on a collective scale among marginalized groups. Thus, the chronicity of an illness experience and their narratives unfold in relation to particular histories that are embodied, social, and transnational. These histories are important to be addressed in order to understand porous definitions of a "disease" and various contexts in which notions of "health" are cultivated. Borrowing from concepts in health humanities, medicine, and memory studies, I examine literary descriptions, visual images, and figurative language to suggest these patients' perspectives work towards performing an ethical sabotage of grounded understandings of health and care work. I call such processes in narratives "slow engagements." Specifically, I examine the following texts: Hilary Mantel's Giving Up the Ghost (2003), Dorothy Allison Bastard Out of Carolina (1992), and Richard Fung's Sea in the Blood (2000). These texts are analyzed both in the light of the above mentioned particular health conditions but also how narratives seek to broaden medically legitimized definitions. The introduction reads current literature in the fields of medical and health humanities which has increasingly valued the role of narratives, and has suggested that medicine, too, as a field is deeply reliant on "interpretation" of a patient's medical condition (Herndl 1993). Utilizing this fundamental intersection between medicine and literature, the introduction focuses on how the contemporary turn in literary criticism towards negotiating the "materiality" of a phenomenon can be brought into conversation with narratives that are engaged in exploring the materiality of an illness experience through a close analysis of its social and political contexts. The following chapters read each of the texts with a close attention to how an experience of a chronic illness is discussed and the multiple narrative and stylistic lenses that are used to investigate the nature of that experience. ; Diese Dissertation untersucht vier chronische Krankheiten in Erzählungen, die persönliche Erfahrungen mit diesen Krankheiten zum Thema haben und ergründet, wie sie in verschiedenen Formen kultureller Produktion, d. H. im Roman, Dokumentarfilm, Videofilm und in Memoiren, dargestellt werden. Ich behaupte, dass die narrative Aufmerksamkeit bei dem Erleben von Krankheiten wie PTSD, Thalassämie, HIV und Endometriose für eine "soziale Chronizität" spricht, die ein bedeutender Untersuchungsraum für interdisziplinäre Bereiche der Gesundheitsforschung und der Versorgungsarbeit ist. Der Fokus auf chronische Erkrankungen ist ein wirksames Mittel, um mit Krankheiten und damit einhergehenden Transformationen umzugehen, die über einen langen Zeitraum hinweg und häufig auch auf kollektiver Ebene bei marginalisierten Gruppen auftreten. So entfaltet sich die Chronizität einer Krankheitserfahrung und die daraus hervorgehenden Erzählungen im Bezug auf bestimmte verkörperte, soziale und transnationale Geschichten sehr unterschiedlich. Es ist wichtig, sich mit diesen Geschichten zu befassen, um poröse Definitionen einer "Krankheit" und die verschiedenen Kontexte zu verstehen, in denen Vorstellungen von "Gesundheit" gepflegt werden. Ich entlehne dafür Konzepte aus verschiedenen Bereichen der Gesundheitswissenschaften, der Medizin und der Gedächtnisforschung und untersuche ausgewählte literarische Beschreibungen, visuelle Bilder und bildliche Sprache, um die Perspektiven dieser Patienten auf eine ethische Sabotage eines fundierten Verständnisses von Gesundheits- und Pflegearbeit hinzudeuten. Ich nenne solche Prozesse in Erzählungen "langsame Engagements". Im Einzelnen untersuche ich Hilary Mantels Giving Up the Ghost (2003), Dorothy Allisons Bastard Out of Carolina (1992) und Richard Fungs Sea in the Blood (2000). Diese Texte werden sowohl im Lichte der oben genannten besonderen Gesundheitsbedingungen als auch im Hinblick darauf analysiert, wie die Erzählungen medizinisch legitimierte Definitionen erweitern wollen. In der Einleitung wird aktuelle Literatur aus den Bereichen Medizin und Gesundheitswissenschaften gelesen, in denen die Rolle von Erzählungen zunehmend gewürdigt wird, und es wird darauf hingewiesen, dass auch die Medizin als Bereich stark von der "Interpretation" des medizinischen Zustands eines Patienten abhängt (Herndl 1993). Anhand dieser fundamentalen Schnittstelle zwischen der Medizin und der Literatur wird in der Einleitung beleuchtet, wie die aktuelle Wende der Literaturkritik zur Aushandlung der "Materialität" eines Phänomens mit Narrativen in ein Gespräch gebracht werden kann, die sich mit der Erforschung der Materialität einer Krankheitserfahrung und der Analyse seiner sozialen und politischen Kontexte auseinandersetzen. In den folgenden Kapiteln wird in jedem der Texte genau darauf eingegangen, wie das Erleben einer chronischen Krankheit erörtert wird und welche vielfältigen narrativen und stilistischen Mittel verwendet werden, um das Wesen dieser Erfahrung zu untersuchen. ; 199 Blätter
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This essay examines the work of the Polish freedom fighters in the revolution in southwest German Baden in 1848/49 by identifying the personal connections between the uprisings in Baden and Poznań and identifying Prussia as a common enemy. In particular, the role of the Polish military officer Ludwik Mierosławski as general of the Baden troops is honoured. The goal is thus to determine the exact contribution of Polish fighters in the Baden Revolution and how they interacted with the Baden revolutionaries. Thus, the essay also sheds light on the help of Baden for the Polish fight for freedom in the form of so-called Polish associations. For this purpose, the essay presents the eyewitness accounts of the year 1849 from the perspective of Baden and Polish participants. Methodologically, the article extracts the specific events in Baden and Poznań from the general revolutionary history of the years 1848/49. Chronologically, the essay also looks back at prehistory up to 1815 and offers a look at the life of the revolutionaries after 1849. The events in Baden and Poznań are finally placed in a larger context, especially in the context of the European freedom movements, the international cooperation of the revolutionaries, and Poland's striving for independence. ; Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (Albert Ludwig University of Freiburg, Germany) ; frank.schaefer@jura.uni-freiburg.de ; 69 ; 2 ; 80 ; Bantlin S.G. et al., Declaration, "Deutsche Zeitung", 7 March 1848, no. 67. ; Becht H.-P., Wahlen, Wahlkämpfe und "politische Öffentlichkeit" als Auslöser und Indikatoren politischen Wandels in Baden. 1818-1871, [in:] Wahlen und Wahlkämpfe in Deutschland. Von den Anfängen im 19. Jahrhundert bis zur Bundesrepublik, ed. G.A. Ritter, Düsseldorf 1997. ; Bleek W., Vormärz: Deutschlands Aufbruch in die Moderne 1815–1848, Munich 2019. ; Blos W. (Hg.), Denkwürdigkeiten des Generals Franz Sigel aus den Jahren 1848 und 1849, 2nd edition, Mannheim 1902. ; Bortnowski W., O powstaniu wielkopolskim 1848 roku, Warsaw 1952. ; Brudzyńska-Němec G., Polenvereine in Baden. Hilfeleistung süddeutscher Liberaler für die polnischen Freiheitskämpfer 1831–1832, Heidelberg 2006. ; Engehausen F., Kleine Geschichte der Revolution 1848/49 in Baden, Karlsruhe 2010. ; Engels F., Johann Philipp Becker, [in:] Karl Marx, Friedrich Engels, Werke, vol. 21, Berlin 1973. ; Exner P. (ed.), Demokratie wagen? Baden 1818-1919, Stuttgart 2018. ; Fellhauer M., Zur Entwicklung Daxlandens 1800-1871, [in:] Bürgerverein Daxlanden (ed.), Daxlanden: Die Ortsgeschichte, Karlsruhe 2007. ; Fenske H., 175 Jahre badische Verfassung, Karlsruhe 1993. ; Franke J. (ed.), Ein europäischer Freiheitskämpfer. Ludwik Mierosławski 1814–1878, Berlin 2006. ; Frei A.G., Hochstuhl K., Wegbereiter der Demokratie. Die badische Revolution 1848/49. Der Traum von der Freiheit, Karlsruhe 1997. ; Freitag S., Friedrich Hecker. Biographie eines Republikaners, Stuttgart 1998. ; Frisch L., Deutschlands Wiedergeburt. Neustadter Bürger und das Hambacher Fest 1832, Neustadt an der Weinstraße 2012. ; Groll K., Eine verpasste Chance? Das Gefecht bei Günterstal in Augenzeugenberichten und Erinnerungen, "Badische Heimat" 1990, no. 70. ; Hackländer F.W., Bilder aus dem Soldatenleben im Kriege, vol. 2, Stuttgart and Tübingen 1850. ; Hahn H.W. (ed.), Johann Philipp Becker. Radikaldemokrat, Revolutionsgeneral, Pionier der Arbeiterbewegung, Stuttgart 1999. ; Häusser L., Denkwürdigkeiten zur Geschichte der Badischen Revolution, Heidelberg 1851. ; Huber E. R., Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. 2, 3rd edition, Stuttgart et al. 1988. ; Langewiesche D., Europa zwischen Restauration und Revolution 1815–1849, 4th edition, Munich 2004. ; Michalka W. et al. (eds.), Polenbegeisterung. Ein Beitrag im Deutsch-Polnischen Jahr 2005/2006 zur Wanderausstellung "Frühling im Herbst". Vom polnischen November zum Deutschen Mai. Das Europa der Nationen 1830–1832, Berlin 2005. ; Mierosławski L., Berichte des Generals Mieroslawski über den Feldzug in Baden, Bern 1849. ; Reiß A., Radikalismus und Exil. Gustav Struve und die Demokratie in Deutschland und Amerika, Stuttgart 2004. ; Rieber C., Polenbegeisterung in Deutschland 1848/49? und "Wo die Revolution ist, da ist des Polen Vaterland." Ein polnischer Oberbefehlshaber 1849 in Baden: Ludwig Mieroslawski, [in:] Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (ed.): "… bis es ein freies Volk geworden …" 1848/49 Revolution, Stuttgart 1997. ; Stärk E., Rund um den Struve-Putsch vom September 1848, "Schau-ins-Land" 1958, no 76. ; Zurkowski A., Kurze Darstellung des Feldzuges in Baden und der Pfalz, Bern 1849. ; 19
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Management Summary (Deutsch et en français) Der Forschungsbereich Organisationskommunikation und Öffentlichkeit (OKOE) der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW, Departement Angewandte Linguistik) hat für das Bundesamt für Gesundheit (BAG) eine situative Diskursanalyse mit Blick auf die Nationale Strategie Antibiotikaresistenzen (StAR) durchgeführt. Untersucht worden sind dabei Muster der sprachlichen Verständigung im öffentlichen Diskurs über Antibiotika und Antibiotikaresistenzen. Die Analysen erfolgten sowohl anhand eines deutsch- wie eines französischsprachigen Datenkorpus. Berücksichtigt wurden frei zugängliche Webtexte von Akteuren aus Politik, Medien, Gesundheitswesen und Wissenschaft. Wiederkehrende Muster der Verständigung im öffentlichen Diskurs können als sprachliche Form des «common sense» zu einem Thema verstanden werden. Dieser «common sense» ist eine wichtige Bezugsgrösse für übergreifende Kommunikations- und Diskursstrategien. Das gilt besonders für Akteure öffentlicher Governance, deren Strategien Akzeptanz finden und für Publikumsdiskurse anschlussfähig sein müssen. Analysen in zwei Sprachen: Eine Exploration erfolgte in deutscher Sprache, um die «kommunikative Infrastruktur» (Akteure, Ereignisse, Suchwörter usw.) des Diskursbereichs insgesamt identifizieren zu können. Darauf aufbauend sind zwei Datenkorpora erstellt worden. Ein deutschsprachiges Korpus mit 1.9 Mio. Texten bzw. 839 Mio. Wörtern von 133 Webquellen jener Organisationen, die für das Politikfeld und öffentliche Diskurse zur StAR als relevant eingestuft werden konnten. Un corpus francophone comportant 16'000 textes (env. 21.9 Millions de mots) provenant de 149 sources du Web des organisations qui ont été classées comme pertinentes pour les discours francophone concernants StAR. Themen und Ereignisse: Die Analyse zeichnet das Bild eines vielfältigen, aber schwach ausgeprägten Spezialdiskurses über Antibiotikaresistenzen sowohl in Deutsch wie in Französisch. Antibiotikaresistenzen erscheinen als ein Spezialthema neben anderen Top-Themen, welche die untersuchten Akteure deutlich häufiger beschäftigen. Zu diesen anderen Themen gehören Krankheiten und Behandlungen im Allgemeinen und unabhängig von Antibiotika(resistenzen). Die journalistische Berichterstattung zu Antibiotika(resistenzen) ist in beiden untersuchten Sprachräumen deutlich auf Ereignisse und behördliche Informationsangebote bezogen. Diskursnetzwerke: Einzelne Akteure treten in unterschiedlicher Intensität auf. Zu den «Stars» in der Deutschschweiz zählen (von anderen häufig genannten) Akteure wie der Bundesrat und das BAG, die internationale World Health Organization (WHO), Swissmedic und die Universität Zürich. Parmi les « Stars » du discours francophone figurent outre l'OFSP, le Canton de Berne et l'OMS notamment les Hôpitaux de Suisse H+, la Fédération des médecins de Suisse (FMH), le Centre hospitalier universitaire vaudois et Santésuisse. Als «Repräsentanten» gelten Akteure, die häufig auf andere Akteure verweisen. In der Deutschschweiz sind das bspw. die Basellandschaftliche Zeitung und 20 Minuten. Comme « représentants » du discours francophone fonctionnent les Cantons de Genève, Neuchâtel et Valais (Romandie). Santésuisse, SVP und die Unispitäler Basel und Zürich zählen als «Relais» zu jenen Akteuren, die in deutscher Sprache sowohl häufig genannt werden also auch andere häufig nennen. En Romandie, ce sont surtout des fédérations et des associations ainsi que les Hôpitaux Universitaires de Genève qui font partie des «Relais». Public Stories, Kontroversen und Koalitionen: Die Diskurse erzählen zu ausgewählten Suchwörtern (wie «Antibiotika/-resistenzen«, «Forschung«, «Patienten«, «Wirkungen«, «infections», «bactéries») differenzierte Geschichten («Public Stories»). In der Deutschschweiz sind das Geschichten bspw. über die Bedeutung der Patientenverantwortung, über unterschiedliche Wirkungen und die Entwicklung (alternativer) Diagnose-, Behandlungs- und Therapieverfahren sowie über die Notwendigkeit, Forschende entsprechend zu fördern, zu vernetzen und motivieren. Les récits publics («Public Stories») des discours francophones sont également orientés sur la santé, les patients et les traitements. Ce discours comporte encore des récits spécifiques sur les infections et les bactéries, comme l'histoire d'un combat contre des infections antibiorésistantes ou à propos des résultats d'un nouvel antibiotique contre des germes résistants. Während in deutschsprachigen Diskursen Kontroversen über Antibiotika/Antibiotikaresistenzen geführt werden, fehlt eine breite Diskurskoalition, die sich auf eine allgemein verständliche sprachliche Symbolik für das Grundanliegen von StAR beziehen könnte. Der bisher dafür gewählte Begriff «One Health» hat sich nicht durchsetzen können. En revanche en Romandie, deux controverses ont été identifiées; l'une entre les médias et les destinataires des politiques publiques, l'autre plus substantielle entre le Canton de Neuchâtel et les prescripteurs comme l'OFSP ou Swissnoso. Contrairement à la Suisse alémanique, il existe visiblement une coalition forte entre les médias et le monde médical concernant la gestion du traitement des infections en milieu hospitalier. On ne dénombre aucune controverse ni coalition qui concerne l'antibiorésistance en soi. Fazits und Transfer: Die Ergebnisse zu beiden Sprachen zeigen, dass ein erst begrenzter, deutlich fachsprachlich gekennzeichneter «Spezialdiskurs» über Antibiotika(resistenzen) stattfindet, der künftig stärker und gezielter in übergreifende thematische Rahmen (wie Krankheiten, Umwelt, santé usw.) eingebettet werden sollte und könnte, um Kommunikationsziele von StAR zu erreichen. Dabei wäre auf die Entwicklung eines dafür geeigneten, leicht verständlichen Vokabulars zu achten, ebenso wie auf die Anknüpfung an sich entwickelnde «Public Stories». Die Ergebnisse der Diskursanalyse sind greifbar und nutzbar in interaktiven Visualisierungen (https://bit.ly/2JT0Cr9; Passwort: bagstar). Sie veranschaulichen die Erkenntnisse der Analysen, um den Wissenstransfer zu unterstützen und eine anschliessende, intern wie extern breit abgestützte Strategieentwicklung zu ermöglichen.
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Jüngst ist ein wachsendes Interesse an zeitgenössischer Dramatik aus Polen zu beobachten. Davon zeugen neue Publikationen wie Loose Screws. Nine new plays from Poland (2014), … anfangen zu erzählen. Neues Polnisches Theater. Eine Auswahl (2015) oder Personen: Neue Theaterstücke aus Polen (2016) – und nicht zuletzt die Anthologie (A)pollonia. Twenty-First-Century Polish Drama and Texts for the Stage der Herausgeberinnen Krystyna Duniec, Joanna Klass und Joanna Krakowska. Diesen Übersetzungen ist es zu verdanken, dass polnische Theatertexte einem breiteren internationalen Publikum zugänglich werden. (A)pollonia. Twenty-First-Century Polish Drama and Texts for the Stage präsentiert elf zeitgenössische Theatertexte polnischer Autor_innen in englischer Übersetzung auf nahezu 600 Seiten. Texte wie The Mayor von Małgorzata Sikorska-Miszczuk, Trash Story von Magda Fertacz, No Matter How Hard We Tried von Dorota Masłowska und Small Narrations von Wojtek Ziemilski finden sich darunter. Der Auswahl- und Übersetzungsprozess der Texte gestaltete sich intensiv und aufwendig. So fußt die Entstehung der Publikation auf einem transnationalen Projekt. Involviert waren polnische und US-amerikanische Übersetzer_innen, Autor_innen, Dramaturg_innen, Regisseur_innen sowie Wissenschaftler_innen, die im Rahmen von Workshops die Anthologie maßgeblich mitgestalteten. Ziel war es, aufführbare Übersetzungen für ein englischsprachiges Publikum zu entwickeln. Charakteristisch für die ausgewählten Werke ist eine ironische, harte, experimentelle und teils slanghafte Sprache. Die Texte greifen sehr individuell die weitreichenden gesellschaftlichen Veränderungen in Polen auf und zeigen ein Spektrum an gegenwärtigen sowie vergangenen sozialen und politischen Diskursen. Dabei werden historische Narrative sowie Konstrukte nationaler Identität in Frage gestellt. Ein Text, der den Gründungsmythos der polnischen Identität herauszufordern versucht, ist (A)pollonia von Krzysztof Warlikowski, Piotr Gruszczyński und Jacek Poniedziałek, der zugleich der Anthologie den Namen gibt. Er behandelt prominente Schlüsselthemen und Konflikte des polnischen Theaters des letzten Jahrzehnts. Er unternimmt eine Analyse von Krieg und diskutiert Begriffe wie Opfer, Verantwortung und Schuld aus vielfältiger Perspektive mit den Mitteln des Dramas. Dabei werden Texte unterschiedlicher Epochen montiert und zueinander in Beziehung gesetzt; darunter Werke von Aischylos, Euripides, J. M. Coetzee, Hanna Krall und Jonathan Littell. Der polnische Regisseur Warlikowski, der kurz nach der Warschauer Premiere (A)pollonia bei den Wiener Festwochen 2009 inszenierte, macht Theater, das 'unter die Haut' geht, so die Herausgeberin und Theaterwissenschaftlerin Duniec. Dieses Anliegen ist auch in weiteren Theatertexten dieser Anthologie zu erkennen. Die elf Werke arbeiten an der Demystifizierung nationaler Identität und zeigen die Widersprüche in der Darstellung nationaler Interessen auf. Sie untersuchen Kriegstraumata, Antisemitismus, thematisieren reflexiv den Diskurs um die Opferrolle Polens im Zweiten Weltkrieg sowie die ökonomische und gesellschaftliche Transformation nach der politischen Wende 1989. Es sind Tabuthemen wie der Opfermythos Polens, der polnische Katholizismus oder Transgender-Identitäten, mit denen sich die Autor_innen auseinandersetzen und dabei neue ästhetische Fragen sowie Zugänge hervorbringen. Dabei zeichnen sich dramatische und theatrale Innovationen ab. Reichhaltiges visuelles Material – 35 Schwarz-Weiß Fotografien sowie eine DVD mit ausgewählten Szenen polnischer Erstinszenierungen von fünf Texten dieser Anthologie – veranschaulicht, welchen Sprung das polnische Theater seit Jerzy Grotowski und Tadeusz Kantor (immer noch in den deutsch- und englischsprachigen Theatergeschichtsbänden repräsentativ für 'das' polnische Theater) gemacht hat. Es tritt ein neues polnisches ''poor-pop'' Theater (S. XIII) hervor, so Joanna Klass. Die Herausgeberinnen zeigen mit ihrer Auswahl an Werken und mithilfe des visuellen Begleitmaterials diesen Umbruch im polnischen Theater des 21. Jahrhunderts auf. Sie verweisen auf die derzeit pulsierenden Themen der gegenwärtigen Dramatiker_innengeneration sowie die dramatischen, sprachlichen sowie inszenatorischen Veränderungen. In ihrer Einleitung legen Duniec und Krakowska die historischen und politischen Kontexte der Dramen dar. Auf einundzwanzig Seiten unternehmen sie den Versuch, die (Kultur-)Geschichte Polens zu erläutern. Dabei werden einige der politischen, religiösen und historischen Sachverhalte der letzten 600 Jahre herausgearbeitet. Bereits in der ersten Zeile tritt das in Polen etablierte historische Narrativ in Erscheinung: ''Polonia was beautiful, proud, and unhappy. She suffered with sublime dignity'' (S. XIV). Zum Vorschein kommt hier jener Mythos nationaler Identität, der auf die Unterdrückung und staatliche Nichtexistenz Polens seit der dritten polnischen Teilung Bezug nimmt. Bezeichnend, dass dieser in einer Anthologie polnischer Dramen des 21. Jahrhunderts noch so präsent ist. In der Einführung wird die Gliederung der Anthologie in vier Teile erläutert, die in jeweils unterschiedlicher Weise polnische Problematiken verhandeln: "Polin", "Transpolonia", "Postpolonia" und "Lack-of-Polonia". Sie sind mit historischen und nationalen Narrativen verknüpft und stellen begriffliche sowie thematische Bezüge zur jüngsten Geschichte Polens her. "Polin" (Hebräisch für Polen) umfasst zwei Dramen über den Holocaust. "Transpolonia" thematisiert die Beziehungen zwischen Polen und Deutschland nach 1945. Durch das Prisma des Körpers wird im dritten Teil, "Postpolonia", der gesellschaftliche Wandel seit der politischen Wende 1989 betrachtet. Im vierten, "Lack-of-Polonia", stehen die Bedürfnisse der Jugend sowie polnischer Familien seit dem Übergang zur freien Marktwirtschaft im Fokus. Gezielt wurde das Augenmerk bei der Auswahl und Übersetzung der Theatertexte auf international Leser_innen gelegt, wobei die Wahrung des ''uniquely polish flavor'' (S. XV) ebenso Priorität hatte. Ob die Herausgeberinnen ihr Ziel, aufführbare Übersetzungen für ein englischsprachiges Publikum zu entwickeln, erreicht haben, bleibt abzuwarten. Es gilt also Ausschau zu halten nach weiteren internationalen Inszenierungen polnischer Dramen der Gegenwart, die in (A)pollonia. Twenty-First-Century Polish Drama and Texts for the Stage enthalten sind.
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