Der Beitrag geht der Frage nach, ob und in welchem Umfang Massenmedien im unmittelbaren Vorfeld von Wahlen auf die Bewertung der politischen Kandidaten durch die Wähler Einfluß nehmen. Gegenstand der Studie sind die Beurteilungen der Spitzenkandidaten Helmut Kohl (CDU/CSU) und Oskar Lafontaine (SPD) vor der Bundestagswahl vonm Dezember 1990 durch die Wähler in Ost- und Westdeutschland sowie die Bewertungen der Spitzenkandidaten bei der Wahl des spanischen Cortes vom 6. Juni 1993 (Gonzalez und Aznar) durch die spanische Wählerschaft. Die vergleichende Analyse zeigt, daß medienvermittelte Informationsflüsse unzweideutig ein Potential besitzen, die Urteile der Wähler über die Spitzenkandidaten der großen Parteien positiv oder negativ zu färben. (pre)
Asymmetrie zählt zu den Wesenselementen jeder gegliederten Rechtsordnung. Schon begrifflich kann es keine gegliederte Rechtsordnung geben, in der es (rechtlich oder faktisch) keine asymmetrischen Elemente zwischen den einzelnen Gebietseinheiten gibt. In allen bundesstaatlichen, regionalen oder dezentralisierten Systemen lassen sich nicht nur deutliche wirtschaftliche, politische, soziale, ethnische und andere Unterschiede feststellen: auch die verfassungsrechtliche Stellung einiger Gebietseinheiten unterscheidet sich, zumindest in einigen Fragen, nahezu überall von anderen. In dem Beitrag werden die hauptsächlichen Faktoren für Asymmetrie und die daraus folgenden verfassungsrechtlichen Elemente dargestellt. Dabei stehen vor allem die Rechtsordnungen im Vordergrund, welche stark ausgeprägte Differenzierungen vorweisen, ohne jedoch die Systeme zu vernachlässigen, welche entweder gar nicht als gegliederte Systeme betrachtet oder nicht als klassische Beispiele asymmetrischer Rechtsordnung angesehen werden. Dies dient dem Ziel, den Beweis zu führen, dass die asymmetrischen Elemente wesentlich häufiger sind als allgemein angenommen. Abschließend werden auch auf der Grundlage der vorausgegangenen theoretischen Vorbemerkungen einige besonders kennzeichnende Merkmale der gegenwärtigen Phase in der Entwicklung gegliederter Systeme herausgearbeitet. Dabei gilt den verfassungs- und verfahrensrechtlichen Folgen der Asymmetrie besonderes Augenmerk. (ICB2)
Wissenschaftsfreiheit wird vorherrschend als Freiheit der Wissenschaft von politischer Einmischung verstanden. Der Artikel kritisiert dieses negative Verständnis von Wissenschaftsfreiheit anhand einer Analyse seines prominentesten Vertreters, dem Netzwerk Wissenschaftsfreiheit, das damit eine Politisierung einseitig den Vertreter*innen gesellschaftskritischer Ansätze zuschreibt, während es die eigene Position als 'rein wissenschaftlich' und politisch neutral dargestellt. Demgegenüber schlägt der Artikel ein kritisches Verständnis von Wissenschaftsfreiheit vor, das seine Politizität reflektiert. Ausgehend von der Analyse, dass starre Macht- und Privilegienstrukturen das zentrale Hindernis für die gemeinsame Arbeit an wissenschaftlicher Objektivität sind, geht es beim kritischen Begriff der Wissenschaftsfreiheit um die Reflexion und Transformation des Verhältnisses von Wissenschaft und Politik. Dabei steht die Diversifizierung von Zugangschancen und Standpunkten innerhalb der Wissenschaft im Mittelpunkt - also die Neuverteilung von Macht und Privilegien. Der Artikel entwickelt dieses Verständnis aus einer Diskussion des Verhältnisses von Wissenschaft und Politik in zwei philosophischen Begründungsmöglichkeiten der Wissenschaftsfreiheit und aus einer Rekonstruktion der kritischen politischen Theorie, insbesondere der foucaultschen Machttheorie und der feministischen Standpunkttheorie. Er zeigt auf dieser Grundlage, dass drei verschiedene Arten der Diversifizierung der Wissenschaft - intern, extern-institutionell und extern-aktivistisch -, die vom vor dem Hintergrund des negativen Begriffs als Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit verstanden werden, tatsächlich zu ihrer Verbesserung beitragen.
Haller referiert Versuche, die Entwicklung der Wissenschaft in Phasen einzuteilen (Hegel, Comte, Marx, Brentano, Fleck, Hanson, Toulmin, Lakatos, Kuhn) und zeigt die Probleme auf, die sich zwangsläufig ergeben, wenn der "Kreuzungsversuch einer Historisierung der Wissenschaftstheorie mit einer Systematisierung der Wissenschaftsgeschichte" unternommen wird. Er äußert die Hoffnung, daß in Zukunft zumindest einige dieser Probleme behandelt oder gar gelöst werden. (AR)
Die Studie befasst sich mit der Frage, ob es auf absehbare Zeit in Zentralasien zu gesellschaftlichen Umbrüchen ähnlich denen im arabischen Raum kommen könnte. Auch in Kasachstan, Usbekistan, Turkmenistan, Kirgistan und Tadschikistan sorgen autoritäre Herrschaftsverhältnisse, soziale Missstände, Korruption und Selbstbereicherung der Eliten für große Frustration. Gleichzeitig verbreiten sich elektronische Kommunikationsmedien rasant und Online-Netzwerke werden immer populärer. Mit den wachsenden Möglichkeiten individueller Artikulation wird Protest zusehends unvorhersehbar, die Akteurslandschaft unübersichtlicher und das Verhältnis von Politik und Gesellschaft insgesamt kontingenter.
In fünf Fallstudien identifizieren die Autoren diejenigen Faktoren, die das Potential haben, zu politischen Protesten zu führen, in Revolten umzuschlagen oder gar in eine Revolution zu münden. Ausmaß und Dynamik etwaiger Proteste werden auch in Zentralasien künftig verstärkt von der Nutzung der neuen Medien abhängen. Deren dynamisierendes Potential wird zwar durch staatliche Zensurmaßnahmen eingehegt, doch wird dies auf Dauer nicht verhindern, dass sich in den zentralasiatischen Staaten eine neue Öffentlichkeit ausbildet, die ihre Aufmerksamkeit flexibler einsetzt und Lösungen für Probleme zeitnah einfordert.
Die deutsche und europäische Politik, die auf Stabilitätserwartungen beruht, ist auf den sich abzeichnenden Wandel in Zentralasien nur unzureichend eingestellt. Sie wird jedoch auf Dauer nicht umhinkönnen, ihre Politik gegenüber den autoritären Regimen in der Region zu überdenken, die Prioritäten neu zu gewichten und sich für eine Politik einzusetzen, die die Inklusion der Zivilgesellschaften in den globalen Erfahrungshorizont ermöglicht. (Autorenreferat)
Lorenz von Steins "Wissenschaft der Gesellschaft" hat die Aufgabe, die Ursachen der sozialen und politischen Umwälzungen zu analysieren, die Europa seit der französischen Revolution erschüttern. Sie soll zugleich eine nicht-revolutionäre Lösung des Widerspruchs zwischen Eigentum und Persönlichkeit finden. Eigentum ist für Stein ein notwendiger Bestandteil der Individualität. Dabei sieht Stein wie der klassische Liberalismus Lockes in der Arbeit den ursprünglichen Erwerbstitel jeglichen Eigentums. Das Proletariat als besitzlose Arbeitsklasse ist danach das Kernproblem der europäischen Kultur, seine Eigentumslosigkeit steht im Widerspruch zum Gesetz der Zivilisation. Die einzige Lösungsmöglichkeit sieht Stein darin, wissenschaftlich eine Form gesellschaftlichen Lebens zu konzipieren, in der das persönliche Eigentum erhalten bleibt und daraus dennoch kein absolutes Hindernis für die vollkommene Entfaltung der Persönlichkeit entsteht. Die Ratio der Steinschen Arbeitstheorie erschließt sich aus seiner Kritik des Sozialismus und Kommunismus. Für ihn hat das Bürgertum das welthistorische Verdienst, den Wert der Arbeit für die Persönlichkeit erstellt und verallgemeinert zu haben. Die Bedingungen dieser Entfaltung der Arbeit - die rechtliche und politische Freiheit und Gleichheit - können nach Steins Auffassung aber nicht auf den Bereich der sozialen Verhältnisse ausgeweitet werden. (KA)