Übergangsphase oder Teufelskreis?: Dauer und Folgen von Armut bei Kindern
In: Kinder und Jugendliche in Armut: Umfang, Auswirkungen und Konsequenzen, S. 72-86
Fast jedes zehnte Kind in der Bundesrepublik bezieht mittlerweile Sozialhilfe, das Sozialhilferisiko der Kinder liegt damit doppelt so hoch wie das der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter. Als wichtige intervenierende Variable wird in diesem Zusammenhang die Dauer der Armut angesehen, auch wenn Aussagen einer dynamischen, längsschnittlichen Armutsforschung für die Bundesrepublik erst seit wenigen Jahren vorliegen. Die Autorin untersucht vor dem Hintergrund aktueller Ergebnisse dynamischer Armutsforschung, die auf eine "soziale Entgrenzung von Armut" hindeuten, die Situation von Kindern in Armut. Sie geht folgenden Fragen nach: Wie lange leben Kinder in der Bundesrepublik in Armut, bezogen auf unterschiedliche soziale und familiale Kontexte? Handelt es sich um eine Übergangsphase oder einen großen Teil der Kindheit mit gravierenden psychosozialen Folgen? Sie vertritt u.a. die These einer "intergenerationellen Weitergabe von Armut und Sozialhilfebezug" und skizziert Ergebnisse zu Folgen der Dauer von Armut. Der Zusammenhang zwischen der Dauer von Armut und ihren Folgen ist dabei nicht so eindeutig, wie häufig angenommen. So müssen langfristige Armutsphasen nicht notwendigerweise zu schwerwiegenden psychosozialen Problemen führen, sondern können durch subjektive und biographische Aspekte überlagert bzw. relativiert werden. Familien und Kinder beziehen länger Sozialhilfe als andere Gruppen, so ein Fazit. Die meisten Kinder in Deutschland wachsen jedoch nicht dauerhaft in Armut auf, sondern leben nur zeitweise in Armut. Welcher Anteil an Armut in der Kindheit problematisch ist oder in welcher Phase der Kindheit sich Armut besonders negativ auswirkt, ist dabei bisher noch nicht bekannt. (rk)