Staat und Staatskritik im Denken Hannah Arendts
In: Ambivalenzen der Ordnung: der Staat im Denken Hannah Arendts, S. 121-156
"Gemeinhin wird Hannah Arendt als staatsferne Denkerin gelesen. Die staatstheoretischen Anmerkungen in ihrem Werk scheinen sporadischen und episodischen Charakters zu sein. Der Beitrag wird diese Ansicht in Frage stellen und den staatstheoretischen Gehalt der arendtschen Überlegungen herausarbeiten. In weiten Teilen, so die These dieses Beitrags, folgt Arendt Max Webers Überlegungen zum modernen Staat und argumentiert mit ihm gegen Carl Schmitt. Das gilt in ganz besonderer Weise für dessen Überlegungen zum rationalen Recht als Kern des modernen Staates. Wie Weber, so ist auch Arendt davon überzeugt, dass es eine dem Recht selbst innewohnende Rationalität gibt, die für die Ordnung politischen Zusammenlebens von fundamentaler Bedeutung ist und die sich nur dann entfalten kann, wenn das Recht in gewisser Weise autonom gegenüber extrajuridischen Postulaten bleibt - und genau hierin unterscheidet sie sich von Carl Schmitt. Gleichzeitig aber findet sich bei Arendt eine eigene Art von Staatskritik, die auf den strukturellen Aufbau des modernen kontinentaleuropäischen Staates zielt und in diesem Aufbau die Gründe für das Entstehen antidemokratischer politischer Massenbewegungen, insbesondere in der Weimarer Republik, identifiziert. Da ins Zentrum von Arendts Überlegungen die staatlich produzierte politische Erfahrungslosigkeit der Bürger rückt, gerät ihre Staatskritik auch zu einer Kritik an Max Weber - und Carl Schmitt." (Autorenreferat)