Der Autor sieht die Friedensforschung im Unterschied zu anderen Disziplinen vor allem durch Selbstreferenz charakterisiert. Diese zeigt sich in einer unvermeidlichen Wertorientierung und Legitimationsverpflichtung; gerade weil "Frieden" kein üblicher Gegenstand ist, haben sich die Friedensforscher gefragt, ob ihre Arbeit dem Friedensprozeß selbst förderlich ist. Die Selbstreferenz der wissenschaftlichen Frage nach dem Frieden offenbart sich in den verschiedensten Konstellationen. Drei solcher Konstellationen und Problembereiche werden vom Autor näher erörtert: (1) Friedensforschung als theoretische Synthese, Problemkreis Wissenschaft; (2) Friedensforschung als Aufklärungsarbeit, Problemkreis der Praxis; (3) Friedensforschung als politisches Mandat, Problemkreis der Organisation. "Wer Friedensforschung auf bloße Informations- und Wissensgewinnung reduzierte, würde nicht einmal dem abstrakten Organisationsbegriff des Friedens gerecht werden; und wer Friedensforschung auf eine bloße Anleitung zum zivilisierten Umgang mit Konflikten einschränkte, würde nicht einmal den konkreten Tugendbegriff des Friedens erreichen." (ICD)
Haller referiert Versuche, die Entwicklung der Wissenschaft in Phasen einzuteilen (Hegel, Comte, Marx, Brentano, Fleck, Hanson, Toulmin, Lakatos, Kuhn) und zeigt die Probleme auf, die sich zwangsläufig ergeben, wenn der "Kreuzungsversuch einer Historisierung der Wissenschaftstheorie mit einer Systematisierung der Wissenschaftsgeschichte" unternommen wird. Er äußert die Hoffnung, daß in Zukunft zumindest einige dieser Probleme behandelt oder gar gelöst werden. (AR)
Wissenschaftliches Vorurteil, ideologische Ansätze und nicht begründete Werturteile werden als Probleme analysiert, die sich mit dem Fortschritt der Wissenschaften immer wieder neu stellen. Der Schwerpunkt wird auf die ökonomische Theorie, die Logik und die Sozialwissenschaften gelegt. Ideologien werden dazu nicht als bloße Lügen definiert, sondern als subjektiv wahre Ansichten, die sich wissenschaftlich objektiv als unrichtig erweisen. Die Besonderheit der Naturwissenschaften wird darin gesehen, daß diese der Gefahr einer Ideologisierung nur in sehr geringem Maß unterliegen. Am Beispiel von Zentralthesen im Werk von Marx wird nachgewiesen, daß ein historischer Sieg von Ideologie über zutreffende wissenschaftliche Analyse durchaus möglich ist und für die tatsächliche gesellschaftliche und ökonomische Entwicklung sehr folgenreich sein kann. Im ökonomischen Bereich wird die Ideologie der konkurrenz- und wettbewerbsbestimmten Marktwirtschaft mit der realen Situation des monopolistischen Kapitalismus konfrontiert. (HA)
"Der Aufsatz befasst sich mit den Auswirkungen der Ökonomisierung der Universität auf die Forschung, vor allem mit den Auswirkungen einer Quantifizierung von Forschungsleistungen und der Vorgabe von Anreizen zur ihrer Steigerung. Es wird gezeigt, dass Impact Factors, die zur Gewichtung von Zeitschriftenaufsätzen herangezogen werden, die wissenschaftliche Bedeutung von Zeitschriften nicht valide erfassen. Vor allem bewirken sie eine Änderung des Verhaltens der Wissenschaftler. Intrinsische Motivation wird zunehmend durch extrinsische verdrängt; Wissenschaftler sind nicht mehr bestrebt, neue wichtige Erkenntnisse zu gewinnen und die Entwicklung der Wissenschaft voranzutreiben, sondern sammeln Punkte, indem sie Bewährtes variieren. Zulagen für Forschungsleistungen verstärken die negativen Effekte einer bloßen Messung des Forschungsoutputs und darauf aufbauender Rankings. Der Aufsatz schließt mit einigen radikalen Vorschlägen zur Abwendung der negativen Auswirkungen der Ökonomisierung der Forschung." (Autorenreferat).;;;"This article discusses the effects of managerializing the university, in particular of a quantification of research performance and the provision of incentives for increasing it. It is shown that impact factors do not provide a valid measure of journals' scientific impact." (author's abstract).
"Nach vielen Jahren einer disziplinären und fast ausschließlich innerwissenschaftlichen Exzellenzorientierung steht seit einiger Zeit die Rolle von Wissenschaft in der Gesellschaft erneut zur Diskussion. Der Beitrag von Uwe Schneidewind und Carsten von Wissel zeichnet die Debatte zur Bedeutung von Wissenschaft in gesellschaftlichen Umbruchsphasen nach und zeigt auf, welche neue Formen der Demokratisierung diskutiert werden und wo künftige Herausforderungen liegen." (Autorenreferat)
"Das Verhältnis zwischen Wissenschaft und Arbeitnehmern, zwischen Hochschule und Gewerkschaften, ist "traditionell gestört" (H.O. Vetter). Die Gründe dafür sind vielfältig. Sie ergeben sich zum einen aus der problematischen Rolle, in der die Wissenschaft im Alltag des Betriebes den Arbeitnehmern entgegentritt, sie sind aber auch in der traditionellen Verweigerung der deutschen Universität zu suchen, sich den Arbeitnehmern und ihren Problemen zu öffnen. Diese ablehnende Haltung der Universität gegenüber den Arbeitnehmern hat im großen und ganzen die historischen Erschütterungen der letzten 50 Jahre überdauert und ist erst in den letzten Jahren brüchig geworden. Unter dem Eindruck tiefgreifender Strukturveränderungen an den Hochschulen, besonders aber im Beschäftigungssystem, wuchs in vielen Hochschulen die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmern und ihren Gewerkschaften. In verschiedenen Kooperationsverträgen zwischen Hochschulen und Gewerkschaft fand diese Annäherung ihren Ausdruck. Wie jedoch die Praxis gemeinsamer Projekte im Rahmen derartiger Kooperationsverträge zeigt, gibt es Schwierigkeiten, die aus den spezifischen Anforderungen der jeweiligen Institutionen entstehen. Unübersehbar ist, daß traditionelle wissenschaftliche Methoden sich in kooperativen Vorhaben als hinderlich erweisen. Deshalb ist der Versuch gemacht worden, Ansätze zu einer Konzeption arbeitnehmerorientierter Wissenschaft zu entwickeln. Dieser Versuch ist über Anfänge noch nicht hinausgekommen und hat auch mancherlei Kritik auf sich gezogen; dennoch dokumentiert sich darin der Anspruch der Gewerkschaften, die Interessen und Probleme der Arbeitnehmer stärker als bisher in das Blickfeld wissenschaftlicher Tätigkeit zu rücken. So hoffnungsvoll angesichts dieser Entwicklung die Kooperationsansätze zwischen Wissenschaft und Arbeitnehmern auch erscheinen mögen, unübersehbar ist ihr Randdasein. Weite Teile der Hochschulen, und das gilt besonders für die ingenieur- und naturwissenschaftlichen Fachbereiche, sind zu einer Kooperation mit den Gewerkschaften nicht bereit. Die Interessenbindung an die Industrie steht hier offenbar einer Kooperation in anderer Richtung im Wege. Ein Ausnahmebereich im Bildungssystem war stets die Arbeiterbildung. Hier fanden sich bereits im 19. Jahrhundert Wissenschaftler und Arbeitnehmer in deren Organisationen zusammen. In den Jahren der Weimarer Republik öffnete sich partiell sogar die Universität den Ansprüchen der Gewerkschaften und auch nach 1945 ergaben sich in diesem Bereich erste langfristige Kooperationsansätze. Diese haben sich im Laufe der Jahre zu umfangreichen Kooperationsprojekten entwickelt, deren Finanzierung nicht selten aus öffentlichen Mitteln erfolgt. Beispielhaft läßt sich diese Vorreiterrolle der Arbeiterbildung bei der Kooperation zwischen Wissenschaft und Arbeitnehmern am Beispiel von zwei Vorhaben darstellen, die in den letzten Jahren verwirklicht wurden. Da ist einmal das "Sprockhövler Modellseminar" der IG Metall, ein Curriculum-Projekt, das mit breiter wissenschaftlicher Unterstützung und Kooperation und mit finanzieller Förderung durch das BMBW durchgeführt wurde. Zum anderen ist aus dem Kooperationsvertrag der IG Metall mit der Ruhr-Universität Bochum ein Forschungsinstitut hervorgegangen, das sich mit finanzieller Förderung durch die Landesregierung Nordrhein-Westfalens Problemen der Arbeiterbildung zuwendet. Gerade an dem zuletzt genannten Beispiel zeigt sich, wie auch in anderen Kooperationsprojekten, daß Wissenschaft sich in Kooperation mit den Arbeitnehmern und ihren Gewerkschaften sehr gut zu entfalten vermag, weil sie die Möglichkeit gewinnt, sich neuen Arbeitsfeldern zuzuwenden." (Autorenreferat)
Der Beitrag befasst sich mit den Fragen nach der Sinnhaftigkeit und der Beschaffenheit von Elitebildung im Wissenschaftsbereich. Dabei erörtert der Autor nach einer einführenden Bestimmung des Schlüsselbegriffs Elite die folgenden vier Thesen: (1) Chancengleichheit beim Bildungszugang, ein hohes Gesamtniveau in der Ausbildung und Förderung von Exzellenz schließen sich nicht aus, sondern gehören zusammen. (2) Die zentrale Funktion von Elitebildung im Wissenschaftssystem ist durch vier Elemente markiert: (a) Eliten bilden einen Leistungsansporn, (b) sie setzen den Maßstab für wissenschaftliche Leistungen, (c) sie fördern herausragende Talente angemessen und (d) sie schaffen ein anregendes und Spitzenleistungen ermöglichendes Umfeld durch akkumulierte günstige Bedingungen. (3) Gleiche Ausgangslagen von Elitebildung in der Wissenschaft produziert sinnvoller Weise nicht eine Spitze, sondern viele. (4) Diese neue Wettbewerbsorientierung bildet einen grundlegenden und sehr begrüßenswerten Paradigmenwechsel in der deutschen Hochschulpolitik. (ICG2)