Eingeführte Reihe. Als "nervöse Grossmacht" hat Volker Ullrich, Historiker und "Zeit"-Mitarbeiter, seine hoch gelobte, vor fast 10 Jahren erschienene Gesamtdarstellung des deutschen Kaiserreiches charakterisiert (hier zuletzt BA 3/98). In dieser Einführung zum Thema, reihentypisch gegliedert in Grundriss, Vertiefungen, Zeittafel und Glossar, konzentriert sich Ullrich notwendigerweise auf die wesentlichen Perspektiven und Forschungsdiskussionen, behält aber seine Verknüpfung von politischer, Kultur- und Gesellschaftsgeschichte bei. Ihm gelingt ein präziser, am neuesten Erkenntnisstand orientierter, schülergeeigneter (Sekundarstufe II) Überblick über die Geschichte des deutschen Kaiserreichs. Allen Bibliotheken empfohlen. (1 S)
Mit kompakter Sachinformation, Darstellung von Forschungskontroversen sowie einem Dokumentenanhang bietet der Geschichtslehrer und Schulbuchautor Oberschülern eine Einführung in Politik, Aussenpolitik, Wirtschaft und Gesellschaft des Deutschen Kaiserreichs 1871-1918. Rezension: In reihenüblicher Aufmachung (vgl. H. Wunderer, 2012) wendet sich das schmale Bändchen mit kompakter Information und Dokumentation an Oberstufenschüler. Nach einer vorangestellten Chronik bietet der Geschichtslehrer und Schulbuchautor (im Buch fehlen Angaben zum Autor) zunächst wie üblich eine komprimierte und gut gegliederte, faktenorientierte Sachdarstellung, die Politik, Aussenpolitik, Wirtschaft und Gesellschaft gleichrangig umfasst. Dem folgen ein kurzer Blick auf 4 ausgewählte Forschungskontroversen und im 3. Teil eine Zusammenstellung einschlägiger Quellenauszüge. Kurze Literaturhinweise beschliessen den Band, Register fehlen. A. Brückmann (2010) ist stärker politiklastig und weniger problemorientiert, dafür bereitet sie ihr Material gegenüber dem eher spröden Reclam-Format lerngerechter auf. Den aktuellen Forschungsstand dokumentiert der allerdings schon mit Kriegsbeginn endende Sammelband "Das deutsche Kaiserreich 1890-1914" (2011, dort weitere Literaturangaben), Anschauungsmaterial liefert M. Epkenhans mit seinem Text-Bild-Band (2012). (2 S)
Die als Studienliteratur konzipierte Reihe (zuletzt E. Wolfrum, BA 6/03) arbeitet wissenschaftliche Auseinandersetzungen zu Kernthemen des Geschichtsstudiums auf. Der Hochschuldozent an der Universität Essen bietet hier zunächst einen knappen einleitenden Überblick über die Entwicklung der Forschung zum Deutschen Kaiserreich 1871-1918, bevor er dann in den 8 Abschnitten des Hauptteils in chronologischer Darstellung wesentliche Kontroversen der Forschung entfaltet und historisch einordnet. Hierzu gehören z.B. die Bewertung der Reichsgründung, der Bismarck'schen Kolonialpolitik und der Rolle Wilhelms II. Auch sozialgeschichtliche Fragestellungen wie die kontrovers beurteilte "Modernität" des Kaiserreichs kommen ins Blickfeld der klaren, gut lesbaren Darstellung. Reihentypisch keine Fußnoten, sondern ein ausführliches, nach den Buchkapiteln gegliedertes Literaturverzeichnis. Sach- und Personenregister. Überwiegend im universitären Bereich einsetzbar
Die Naturheilvereine im Deutschen Kaiserreich hatten über 100.000 Mitglieder. Es waren Zusammenschlüsse medizinischer Laien in Mittel- und Großstädten, überwiegend in Mittel- und Norddeutschland. Sie propagierten und praktizierten Leben und Heilmethoden im Einklang mit der Natur. Der Autor stellt fest, daß die Naturheilbewegung mittelständisch geprägt war, mit einem hohen Anteil an Handwerkern und Facharbeitern. Trotz der "proletarischen Klassenlage" vieler Mitglieder blieben sozialistische Tendenzen Randerscheinungen. Obwohl der Mittelstand deutlich in der Naturheilbewegung repräsentiert war, schloß sie sich nicht der antisozialistischen Miquelschen Sammlungsbewegung an. Die Naturheilvereine verstanden sich überwiegend unpolitisch. Sie verhielten sich medizintheoretisch distanziert, politisch aber neutral zur SPD, während der revisionistische Flügel der SPD seit 1910 medizin-theoretische Sympathien zur Naturheilkunde entwickelte. (CD)
Das Deutsche Kaiserreich - eine zentrale Epoche Ausgewiesene Experten geben einen Überblick über den aktuellen internationalen Forschungsstand zum Deutschen Kaiserreich und werfen neue, richtungweisende Fragen auf. Der Band liefert einen wichtigen Beitrag zu den anhaltenden Debatten über das Deutsche Kaiserreich (1871-1918). Ausgewiesene Kaiserreichexperten internationaler Provenienz geben einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand und werfen neue, richtungweisende Fragen auf. Das Buch ist an vier Achsen ausgerichtet, die Themen und Probleme markieren, auf die sich die Kontroversen über das Kaiserreich in den letzten Jahren konzentriert haben: die Verortung des Kaiserreichs in der deutschen Geschichte, das Verhältnis von Gesellschaft, Politik und Kultur, Formen militärischer Gewalt mit ihrem Brennpunkt im Ersten Weltkrieg und schließlich die transnationale Verflechtung Deutschlands im Zeitalter der »ersten Globalisierung«.
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Sieht man von wenigen Einzelstudien ab, erscheinen der Arbeitsmarkt und seine Segregationen, das Verhältnis der Angebots- zu den Nachfragegrößen, Beschäftigungsstruktur und Arbeitslosigkeit noch immer als weiße Flecken auf der historischen Landkarte. Gleiches gilt für die Geschichte der Arbeitsmarktpolitik. Die vorliegende Studie soll diese Lücke mit einer Darstellung der damals wichtigsten Elemente der Arbeitsmarktpolitik, der Arbeitsvermittlung, der Arbeitsbeschaffung und der Arbeitslosenunterstützung schließen helfen. Sie greift einer der wichtigsten Probleme der modernen hochgradig arbeitsteilig organisierten Volkswirtschaft auf: die Versorgung des Arbeitsmarktes mit Arbeitskräften hinreichender Qualifikation. Diese Aufgabe ist deswegen so schwierig, da der Arbeitsmarkt sehr stark segmentiert (zahlreiche Teilmärkte mit höchst unterschiedlichen Anforderungen an die Qualifikation) und sich überdies seit dem großen Umbruch im Verlauf der Industrialisierung in ständigem, oft kurzfristigem Wandel befindet. Um sie zu bewältigen, muss zunächst eine möglichst weitgehende Markttransparenz geschaffen werden, ein zentrales Feld der Arbeitsvermittlung. Diese grundlegende Funktion der Arbeitsvermittlung (Versorgung des Arbeitsmarktes mit geeigneten Arbeitkräften, von Anselm Faust 'Marktfunktion' genannt) schließen sich andere wichtige Funktionen an, z.B. die soziale Funktion der Vermeidung von Arbeitslosigkeit. Nichtgewerbsmäßige Arbeitsvermittlung konstituierte sich in Deutschland in einer Zeitspanne von 30 bis 40 Jahren zu einem fest etablierten Element moderner Arbeitsmarktpolitik. Im ausgehenden 19. Jahrhundert noch quantitativ unbedeutend uns institutionell wie interessenpolitisch zersplittert, wurde sie 1927 mit dem Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung in ein System aufeinander abgestimmter öffentlicher Einrichtungen und Maßnahmen integriert, das dem Ausgleich und der Beeinflussung des Arbeitsmarktes, der Beschäftigungspolitik und der materiellen Sicherung der Erwerbslosen dient. Die Ziele der Arbeitsmarktpolitik, wie sie sich in einem längeren historischen Prozess bis heute konstituiert haben, lassen sich wie folgt zusammenfassen: "Menge, Zusammensetzung und Qualität des möglichen und tatsächlichen Arbeitspotentials in Richtung auf optimale Strukturen und Entwicklungen zu beeinflussen; - auf dem Arbeitsmarkt die bestmögliche gegenseitige Anpassung von verfügbaren Arbeitskräften und Arbeitsplätzen herbeizuführen; - das Arbeitspotential produktiv, möglichst vollständig und kontinuierlich zur individuellen und gesellschaftlichen Wohlfahrtssteigerung zu nutzen - und die Erwerbsbevölkerung von den Folgen der Arbeitslosigkeit zu schützen. Aus diesen Katalog greift die Untersuchung mit der Arbeitsvermittlung, der Arbeitsbeschaffung und der Arbeitslosenunterstützung die drei historisch und politisch wichtigsten Instrumente heraus Ist der Arbeitsmarkt der Raum, in dem Angebot und Nachfrage aufeinander treffen, bezeichnet Arbeitsvermittlung, bzw. in der älteren Terminologie Arbeitsnachweis, sowohl den organisierten Marktvorgang als auch die 'Kontaktstellen', in denen sich Angebot von und Nachfrage nach Arbeitskräften begegnen … Die Geschichte der Arbeitsvermittlung, der Arbeitsbeschaffung und der Arbeitslosenunterstützung in Deutschland zwischen 1890 und 1918 wird vor allem befragt - nach ihren sozialen und ökonomischen Voraussetzungen: der Struktur des Arbeitsmarktes, der Entwicklung und sozialen Bedeutung von Beschäftigung und Erwerbslosigkeit; ihrer theoretischen und ideologischen Einordnung sowie den aus ihnen abgeleiteten gesellschaftlichen Interessen; - nach der Funktion der Arbeitsmarktpolitik im Interessenkonflikt des Kaiserreiches und ihren daraus resultierenden politischen Stellenwert; - nach den Strategien zur Lösung der arbeitsmarktpolitischen Konflikte, den Maßnahmen und Institutionen und ihrer organisatorischen Ausgestaltung; - nach der Rolle des Staates bei der Lösung der Konflikte und der Organisierung des Arbeitsmarktes; - nach der Relevanz des Instrumentariums für die Arbeitsmarktabläufe und den Erwerbslosenschutz". (Faust, A., 1986: Arbeitsmarktpolitik im Deutschen Kaiserreich. Arbeitsvermittlung, Arbeitsbeschaffung und Arbeitslosenunter¬stützung 1890-1918. Stuttgart: Franz Steiner, S. 2f, S. 10).
Datentabellen in HISTAT: A. Arbeitslosigkeit A.01 Arbeitsgesuche auf 100 offene Stellen (1907-1918) A.02 Die Arbeitslosenquote in den Gewerkschaften (1904-1918) A.03 Die Arbeitslosenquoten in den Gewerkschaftsverbänden (1904-1918) A.04 die geschlechtsspezifische Arbeitslosenquote in den Gewerkschaftsverbänden (1914-1918) A.05 die Arbeitslosenquoten in den Angestelltenverbänden (1908-1918) B. Arbeitsnachweise B.01a Die nichtgewerbsmäßigen Arbeitsnachweise, Anzahl (1904-1927) B.02b Der Vermittlungsanteil der öffentlichen Arbeitsnachweise (1913-1928) B.02 Die Vermittlungsergebnisse der nichtgewerbsmäßigen Arbeitsnachweise (1913-1918) B.03 Die Gründungsjahre der Arbeitsnachweise (1865-1912) B.04 Gründungsjahre der im Januar 1910 in Preußen bestehenden öffentlichen Arbeitsnachweise (1864-1909) B.05 Tarifvertragliche Arbeitsnachweisvereinbarungen (1910-1914) B.06 Die Vermittlung von Frauen (1910-1918) B.07 Notstandsarbeiten (1891-1913) C. Arbeitslosenunterstützung C.01 Arbeitslosenunterstützung in den Einzelverbänden der Freien Gewerkschaften (1891-1914) C.02 Die Ausgaben der Freien Gewerkschaften für Reise- und Arbeitslosenunterstützung (1891-1918) C.03 Die Arbeitslosenunterstützung in den christlichen Gewerkschaften und den Gewerkvereinen (Hirsch-Duncker) (1904-1918)
In der Studie soll untersucht werden, ob die Unternehmerstrategien während des Deutschen Kaiserreichs als "paternalistisch", "feudal" oder "vorindustriell" gekennzeichnet werden können, und gleichzeitig das unterschiedliche Verhalten der Unternehmer zu den Gewerkschaften in Deutschland und England erklärt werden. Dabei wurden die Wohlfahrtseinrichtungen größerer Firmen und die "Herr-Im-Hause"-Ideologie, welche beide von Historikern als Elemente des Unternehmerpaternalismus angesehen werden, untersucht und die Verhaltensweisen der Unternehmer in anderen Ländern zum Vergleich herangezogen. Als Fazit wird vom Autor die Kennzeichnung der deutschen Unternehmerstrategien als "paternalistisch" verworfen und diese als "äußerst moderne Strategien", "um die Organisationsversuche der Arbeiterschaft zu behindern und die sozialistengefahr zu zerstören" bewertet. Die unterschiedliche Entwicklung in England dagegen wird als englischer "Sonderweg" bezeichnet. (AR)
Der Beitrag gebraucht den Ausdruck "Civil Religion", wie er von Robert N. Bellah 1967 definiert wurde: Ein institutionalisiertes, identifizierbares religiöses System, das getrennt von den in Organisationen (Kirchen usw.) gefestigten Glaubenssystemen besteht, eigene Dogmen und Riten aufweist und sich auf transzende Kräfte beruft. Das Civil-Religion-System nimmt Momente anderer religiöser Systeme auf bzw. rekombiniert sie neu; es ist daher aus religionswissenschaftlicher Sicht synkretistisch, wie jede andere bekannte Religion auch. Der Autor versucht im Rahmen dieses Konzepts die Frage zu beantworten, ob es im Deutschen Kaiserreich Ansätze zur Entwicklung einer "civil religion" gegeben hat, die als religiöse Legitimitation des Reiches hätten fungieren können. Die Ausführungen bestätigen, daß es zur American Civil Religion durchaus Äquivalente im Deutschen Kaiserreich gegeben hat. (pre)
Dieses Buch untersucht den Einfluß der Globalisierung auf das Deutsche Kaiserreich. Ab etwa 1880 nahmen transnationale Beziehungen erheblich zu, führten jedoch nicht zur Einebnung nationaler Differenzen, im Gegenteil: Die globale Vernetzung vor dem Ersten Weltkrieg ging mit einer Verfestigung nationaler Abgrenzungen einher. Das besondere Verständnis von Nation in Deutschland, wie es vor dem Ersten Weltkrieg zu beobachten ist, muß daher auch als Reaktion auf die globalen Vernetzungen verstanden werden.