In: Sowjetwissenschaft: Zeitschrift der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft. Gesellschaftswissenschaftliche Beiträge, Band 30, Heft 6, S. 643-656
Der Artikel versucht, die Besonderheiten der gegenwärtigen russischen Gesellschaft und Wirtschaft darzustellen. Neben einer Darstellung zur Entwicklung der sowjetischen Nomenklatura hin zu einer kapitalistischen Elite stehen vor allem die Kriminalisierung der Gesellschaft und die Rolle des Staates dabei im Mittelpunkt. Die soziale Struktur der Gesellschaft, das fehlende soziale Netz, Arbeitslosigkeit oder Verarmung sind Faktoren, die diese Kriminalisierung fördern. Die Hoffnungen auf eine bürgerliche Gesellschaft nach Art der westlichen Staaten müssen damit für die nächste Zukunft zurückgestellt werden. (BIOst-Rgl)
In der Sowjetunion gilt heute ein redistributives Modell der sozialen Differenzierung mit der Herrschaft des Staatsapparats über die Gesellschaft. Die Gesellschaft ist dadurch klassenlos geworden. Statt Klassenkampfes um das Eigentum an Produktionsmitteln ist ein Kampf um den Zugang zur Redistribution entstanden. Die Redistribution spaltet die Gesellschaft in zwei soziale Gruppen: Produzenten und Distributoren. Entsprechend dieser sozialen Spaltung der Gesellschaft existieren zwei verschiedene Infrastrukturen und Distributionssysteme: Staats- und kooperativer Handel für Werktätige und besondere, geschlossene Versorgungssysteme für die Elite. Infolge der Herrschaft einer totalen Redistribution ist die Schattenwirtschaft entstanden. Der unterschiedliche Zugang zur Redistribution bestimmt auch den offiziellen und nichtoffiziellen Status der sozialen Gruppen. Zunehmend größer wird die Marginalisierung der Gesellschaft und der Statusverluste von intellektuellen Berufen. (BIOst-ldg)
Dank der Perestrojka- und Glasnost-Politik ist es offenkundig geworden, wie unterschiedlich und vielfältig die Meinungen in der sowjetischen Gesellschaft sind. Der Meinungspluralismus basiert in einer demokratischen Gesellschaft auf den humanistischen Auffassungen über das Grundrecht des Menschen, seine Meinung frei zu äußern. Die öffentliche Meinung, Meinungsbildungsprozesse innerhalb der Gruppen und individuelle Meinungsäußerungen sind in einer demokratischen Gesellschaft Faktoren, die politische Entscheidungen der staatlilchen Macht beeinflussen. Die zentralierte administrative Macht der Vergangenheit hat sich mit voluntaristischen Leitungsmethoden als uneffektiv erwiesen. Die radikale ökonomische und politische Umgestaltung der sowjetischen Gesellschaft erfordert Berücksichtigung und Analyse aller vorhandenen Meinungen und Ideen. (BIOst-Ldg)
Als grundlegende Quellen und Bestandteile der gegenwärtigen gesellschaftlichen Krise in Rußland analysiert der Autor - jeweils gesondert - die Krise der Macht, die Krise des Volkes und die Wissenskrise. Die neue posttotalitäre Elite paßte sich sehr schnell den traditionellen Machtsstrukturen an und blockierte damit jede substantielle Reform. Trotz der Einführung einiger demokratischer Elemente wird die Gesellschaft nach wie vor von einer unkontrollierten Bürokratie regiert. Angesichts des Fehlens einer zivilen Gesellschaft kann das Volk keinen disziplinierenden und erzieherischen Einfluß auf die an der Macht befindliche Elite ausüben. Es mangelt zudem an von der Macht unabhängigen wissenschaftlichen Institutionen. Wissenschaft und Bildung werden noch immer als Teil staatlicher Politik angesehen, was zur Entfremdung der Intelligenzija vom Volk beiträgt. Der Autor plädiert für die Einberufung einer Konstituierenden Versammlung, die die zur Lösung der Krise der russischen Gesellschaft notwendigen Maßnahmen diskutieren und beschließen soll. (BIOst-Mrk)
In: Kommunist: teoretičeskij i političeskij žurnal Central'nogo Komiteta Kommunističeskoj Partii Sovetskogo Sojuza, Heft 2/1354, S. 3-13
ISSN: 0105-1725, 0131-1212
Dargestellt werden Zielsetzungen der Sozialpolitik der KPdSU: Erneuerung und Demokratisierung der Gesellschaft, politische Reform, grundlegende Wirtschaftsreform, Glasnost-Politik und nicht zuletzt der Erneuerung der Partei selbst, um dem ideologischen Führungsanspruch gerecht zu werden. Der Verfall der Autorität der Partei in der sowjetischen Gesellschaft gefährdet zur Zeit ihren Anspruch auf die ideologische und politische Führungsrolle. Die Frage nach Macht ist somit zu einem zentralen politischen Problem geworden. Die starke soziale Politik kann angesichts der Gefahr der politischen Unstabilität nur von einer politischen Partei, die die Autorität in der Gesellschaft genießt, durchgeführt werden. Die Machtzersplitterung und die Mehrparteilichkeit könnten die angespannte Situation im Lande nur noch verschlimmern. (BIOst-Ldg)
Für die Durchsetzung der Demokratie sind Rechtsmechanismen notwendig, die auf den gegenwärtigen Reformkurs orientiert sind und das Funktionieren einer reformierten Gesellschaft sichern. Seit Beginn der grundlegenden Umgestaltung von Staat und Gesellschaft wurden viele Gesetz verabschiedet, das Wahlsystem reformiert. Die Stärkung der Rechtsgrundlage von Staat und Gesellschaft ist wiederum ohne die Rechtsreform nicht möglich. Die Aufgaben der Rechtsreform sind sehr komplex: Verbesserung der gesamten sowjetischen Gesetzgebung, Neukonzeption von Wirtschaftsgesetzen, Zivil- und Strafrecht, Schutz rechtsstaatlicher Grundsätze u.v.m. die Tätigkeit aller Staats- und Parteiorgane soll an die Gesetze gebunden werden, die Öffentlichkeit braucht ein neues Rechtsbewußstsein, um gegen Rechtsmißbrauch anzugehen. (BIOst-Ldg)
In: Sovetskoe gosudarstvo i pravo: organ Instituta Prava Imeni A. Ja. Vyšinskogo Akademii Nauk SSSR i Vsesojuznogo Instituta Juridičeskich Nauk Ministerstva Justicii SSSR, S. 3-12
Analysiert wird die Konstituierung der Kräfteverhältnisse in der Sozialstruktur der sowjetischen Gesellschaft im Verlauf der Wirtschaftsreform sowie Konflikte und Widersprüche zwischen den Gegnern und Befürwortern der Umgestaltung. Erörtert werden die Ursachen für Rechtsverletzungen und Disziplinverstöße, die Fragen der Entscheidungsbefugnisse von Partei und Wirtschaftsorganisationen und erforderliche Korrekturen der Rechtspraxis im wirtschaftlichen, politischen und sozialen Bereich der Gesellschaft. (BIOst-Ldg)
Der Autor gibt einen umfassenden Überblick über die aktuellen Aufgaben der KPdSU im Umgestaltungsprozeß der sowjetischen Gesellschaft. Die Komplexität der ökonomischen und sozialen Probleme in der Modernisierung von Wirtschaft und Gesellschaft stellt hohe Anforderungen an die politische Arbeit der Parteiorganisationen. Als vorrangige Aufgabe gilt, die führende Stellung der Partei in der Wirtschaftleitung auszubauen. (BIOst-Ldg)
In: Kommunist: teoretičeskij i političeskij žurnal Central'nogo Komiteta Kommunističeskoj Partii Sovetskogo Sojuza, Band 8, S. 37-47
ISSN: 0105-1725, 0131-1212
Veröffentlicht werden Leserbriefe über Probleme des Aufbaus der Partei und Gesellschaft. Angesprochen wurden Fragen der Stärkung der innerparteilichen Kontrolle über die Einhaltung der demokratischen Prinzipien in der Tätigkeit der Partei, der Unterstützung der kritischen Berichterstattung in den Massenmedien durch die Parteikomitees und andere Demokratisierungstendenzen der sowjetischen Gesellschaft wie Änderung der Wahlen in die Parteiorgane und verfassungsrechtliche Verankerung der Menschenrechte. (BIOst-Ldg)
In: Kommunist: teoretičeskij i političeskij žurnal Central'nogo Komiteta Kommunističeskoj Partii Sovetskogo Sojuza, Band 10, S. 116-120
ISSN: 0105-1725, 0131-1212
Dargestellt wird die politische und ökonomische Situation zu Beginn der 50er Jahre als Ausgangssituation für die Modernisierung von sowjetischer Wirtschaft und Gesellschaft. Die Wende von 1956 richtete sich in erster Linie auf die Demokratisierung der Gesellschaft und die Wende von 1965 zielte auf die Reform der Wirtschaftsleitung. Durch die Passivität der Staats- und Wirtschaftsorgane konnten die Reformen von 1956 und 1965 nicht verwirklicht werden. (BIOst-Ldg)
Analysiert werden Perspektiven der osteuropäischen Länder zur Demokratisierung ihrer Gesellschaften. Demokratieverständnis neuer Regierungen, Durchführung von radikalen Wirtschaftsreformen auf dem Wege zur Marktwirtschaft und Aufbau einer bürgerlichen Gesellschaft sind die Schwerpunkte dieser Abhandlung. Der Weg zur Freiheit sei nach Ansicht des Autors ein Kampf mit der Zeit. Er versucht einzuschätzen, wie lange die Realisierung der demokratischen und ökonomischen Zielsetzungen dauern könnte. (BIOst-Ldg)
Erörtert werden die Probleme der gesellschaftlichen Entwicklung sozialistischer Länder im Zusammenhang mit Erfordernissen der Umgestaltungspolitik. Zentrales Ziel dieser Reformpolitik ist die Modernisierung von Wirtschaft und Gesellschaft. Anhand eines Modells der sozialistischen Wirtschaft werden die Ansätze in der Lösung der ökonomischen Probleme dargelegt. Die größte Bedeutung in der Entwicklung des politischen Überbaus der sozialistischen Gesellschaft kommt der Festigung der Demokratie zu. (BIOst-Ldg)
Das im postkommunistischen Rußland entstandene Mehrparteiensystem spiegelt weniger eine wachsende Differenzierung der Gesellschaft als vielmehr eine Strukturierung der um die Macht kämpfenden politischen Eliten wider. Die auf diesem Hintergrund entstandenen Parteien sind daher nicht in der Lage, eine Vermittlerrolle zwischen Gesellschaft und Macht zu spielen. Die in der Duma vertretenen Parteien bilden ein Element des politischen Regimes, ohne eine wirkliche Opposition und Alternative zu den korporativen Interessen der herrschenden Elite darzustellen. In dem Maße, wie eine Aufteilung der politischen Macht zwischen dem föderalen Zentrum und den regionalen Eliten vorgenommen wird, wird das politische Gewicht der gesamtrussischen Parteien noch weiter sinken. Sie werden vor allem ihre eigenen korporativen Interessen, nicht jedoch diejenigen der Gesellschaft vertreten. Bei Weiterbestehen der gegenwärtigen Verfassung, die ihnen nur eine marginale Rolle im politischen Leben Rußlands zugesteht, werden die Parteien in absehbarer Zukunft keine wesentliche Bedeutung als Faktor des politischen und gesellschaftlichen Lebens erlangen. (BIOst-Mrk)
Der vorliegende Beitrag befaßt sich vor allem mit den Widersprüchen und schwankenden Entwicklungen bei den in Rußland und den GUS-Republiken anstehenden Reformen. Dabei werden zunächst der Beginn und die Hintergründe des Umbaus, d.h. auch die Intention der Perestrojka und die politische Verantwortlichkeit für ökonomische Umwandlungen und soziale Sicherheit gekennzeichnet. Im folgenden erörtert der Autor die Probleme der historischen Entwicklung einer russischen bürgerlichen Gesellschaft seit dem 18. Jahrhundert und diskutiert im Anschluß die liberale Konzeption der letzten vorgelegten Demokratisierungsprogramme. Hierbei wird der Neoliberalismus in Polen als Vergleichsgröße herangezogen, und die wirtschaftlichen, sozialen und historischen Spezifika Rußlands als Grundlagen einer entstehenden bürgerlichen Gesellschaft werden analysiert. (Biost-Rgl)