Die domestizierte Masse: Gedanken zu den Affinitäten von "Massen"- und "Volks"-Begriff
In: Geist und Katastrophe: Studien zur Soziologie im Nationalsozialismus, S. 136-173
Am Beispiel von Massen- und Volksbegriff wird ein historischer Aspekt der Soziologie im Nationalsozialismus behandelt aus dem Bereich der Massensoziologie. Es wird gezeigt, daß prominente Autoren der Masse schon vor 1933 "jede Fähigkeit zu gesellschaftlich folgenreichem Handeln und vernunftgeleiteter Aktion" absprachen, wie z.B. E. Canetti. Die Anknüpfung der faschistischen Ideologie bestand darin, die Masse als Kollektiv anzuerkennen, aber sie zugleich in ein politisch einheitlich denkendes und handelndes Volk umzuformen. Anhand der Äußerungen von Sozialwissenschaftlern wird verdeutlicht, wie dieser Wandlungsprozeß "wissenschaftlich" angeleitet wurde, die Mobilisierung des Unterbewußtseins implizierte und auf den Führer als "Gravitationszentrum des Volkes" gelenkt wurde. Machtpolitik, Wissenschaft und Ideologie werden in ihrer Vereinheitlichung als so stark gesehen, daß sie ihr Ziel, eine unterwürfige Masse, großenteils erreichen konnten. (HA)