Vorsicht: Frisch gestrichen! Museen islamischer Kunst zwischen postkolonialer Kritik und Orientalismus
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In: Ars & Humanitas: revija za umetnost in humanistiko = Journal of arts and humanities, Band 16, Heft 1, S. 131-164
ISSN: 2350-4218
Im Aufsatz werden die literarischen Bilder der Kleopatra VII analysiert, der Königin des antiken Ägypten, welche die Verbündete des Antonius in seiner Auseinandersetzung mit Oktavian war. Oktavian hat Antonius und Kleopatra in der Schlacht bei Actium im Jahr 31 v. Chr. besiegt und Alexandrien im drauffolgenden Jahr erobert. Er propagierte Antonius als den verweiblichten Ehemann der Orientalin Kleopatra, der vermeintlich in Ausschweifung und außerordentlichem Luxus gelebt und eine drohende Gefahr für das römische Imperium und den Westen verkörpert habe. Darüber hinaus werden die Transformationen untersucht, die Kleopatras Bild in verschiedenen literarischen Gattungen in der Antike unterlief, seine Rezeption in der Renaissance-Malerei und im modernen Film. Dabei wird der Orientalismusbegriff von Edward Saïd in Bezug auf Aischylos' Perser nuanciert, um herauszustellen, dass er die Perser nicht nur als mit griechischen Sitten vertraut darstellt, sondern auch als Barbaren. Weiter wird diskutiert, wie Oktavian durch seine politische Invektive gegen Antonius das Bild von Kleopatra beeinflusst hat. Augusteische Dichter arbeiteten in ihre Gedichte einige Reflexe von Oktavians Bild der ägyptischen Königin im Einvernehmen mit den Tropen ihrer jeweiligen literarischen Gattung ein. Horaz stellt in der Epode 9 Kleopatras Ehemann Antonius in einer der Invektive ähnlichen Weise als ihren Sklaven und Eunuchen dar. Im ersten Teil der Ode 1.37 suggeriert Horaz, Kleopatra sei ein Monster und eine verruchte Königin, wohingegen er im zweiten Teil betont, dass sie ihre Niederlage mit der Würde einer guten Herrscherin angenommen habe. Römische Elegiker schildern Kleopatra passend zu den Tropen der Liebeselegie als elegische Herrin und Antonius als ihren Sklaven. Vergil inszeniert in seiner Aeneis den Zusammenprall zwischen Kleopatras Osten und dem Westen, welcher durch Augustus repräsentiert ist, aber der epische Erzählrahmen der Episode, die Ekphrasis von Aeneas' Schild, betont ihren fiktiven Charakter und hebt die Fluidität der stereotypen Zuschreibung von Fremdheit und Weiblichkeit hervor. In der europäischen Malerei und in Filmen eignete man sich stereotype und orientalisierende Kleopatra-Bilder an. Seit der Neuzeit ist Kleopatra zu einer konstruierten Figur geworden, die häufig im Dienste der orientalistischen Machtdiskurse, des nationalstaatlichen Imperialismus und im letzten Jahrhundert auch der Käuferlenkung steht.
In: Postcolonial Studies, 27
Seit Jahren wird in politischer Öffentlichkeit und Wissenschaft heftig darüber gestritten, welches Sprechen über den Islam als legitimer Teil demokratischer Debatten zu betrachten ist und welches nicht. Diese Konflikte nimmt Floris Biskamp als Ausgangspunkt für eine theoretische Diskussion von Aushandlungen kultureller Differenz in der demokratischen Öffentlichkeit. Er legt dar, unter welchen Verkürzungen die gängigen Konzepte von Islamophobie, Islamfeindschaft und antimuslimischem Rassismus leiden. Um diese zu überwinden, entwickelt er vor dem Hintergrund von neuerer kritischer Theorie und postkolonialer Theorie ein Konzept von Rassismus als systematisch verzerrtem Kommunikationsverhältnis.
In: Postcolonial Studies Band 27
In: De Gruyter eBook-Paket Linguistik
Seit Jahren wird in politischer Öffentlichkeit und Wissenschaft heftig darüber gestritten, welches Sprechen über den Islam als legitimer Teil demokratischer Debatten zu betrachten ist und welches nicht. Diese Konflikte nimmt Floris Biskamp als Ausgangspunkt.
In: Postkoloniale Politikwissenschaft
Die Methoden und Analysekategorien des Orientalismus, der postkolonialen Th eorie und des Strukturalismus werden auf R. Strauss' Oper "Salomé" angewandt. Das Werk erweist sich in dieser Lesart als paradigmatisches Beispiel für die Aneignung und Nutzung eines Orient-Bilds zur Postulierung und kulturellen Affi rmation einer doppelten Vorherrschaft: der Vorherrschaft des "Westens" über den Orient sowie der Vorherrschaft einer spezifi sch männlichen Identität. ; The methods and categories of analysis of Orientalism, postcolonial theory and structuralism are applied to the opera "Salomé" of R. Strauss. A reading of the work is developed that finds two separate but interrelated postulates, namely those of Western (cultural and political) dominance as well as of male dominance.
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In: Anthropos: internationale Zeitschrift für Völker- und Sprachenkunde : international review of anthropology and linguistics : revue internationale d'ethnologie et de linguistique, Band 107, Heft 1, S. 299-301
ISSN: 2942-3139
In den Beiträgen dieses Sammelbandes wird das Selbstverständnis der westlich-abendländischen Welt analysiert, die sich über die Abgrenzung zu einem vermeintlich orientalischen 'Anderen' als überlegen inszeniert. Okzidentalismus wird hierbei nicht als Gegendiskurs zu Orientalismus verstanden, vielmehr geht es darum, im Zuge der zu beobachtenden Wechselseitigkeit der Hervorbringungen das okzidentale 'Selbst' theoretisch in den Blick zu nehmen. Obwohl sich die Rezensentin einen stärkeren Fokus auf die Bilderpolitiken dieses Diskurses gewünscht hätte, liefert die vorliegende Okzidentalismuskritik auf hervorragende Weise Hilfsmittel für die komplexe Analyse der gegenwärtig (erneut) virulenten Inszenierung des 'Okzidents' in Abgrenzung zum 'Orient' sowie für die interdisziplinäre Etablierung dieser Perspektive als Forschungsansatz an die Hand. ; The essays in this collected volume analyze the self-conception of the western Occidental world, which stages itself in its distinction as superior to a supposedly oriental "other." Occidentalism in this volume is not to be understood as a discourse placed in opposition to Orientalism, but rather the intention is to bring the Occidental "self" into theoretical focus through the examined reciprocity. Although the reviewer would have liked to see a stronger focus on the image politics of this discourse, this critique of Occidentalism excellently supplies helpful tools for the complex analysis of the (again) current virulent staging of the "Occident" in contrast to the "Orient." It also offers a beginning for the establishment of this perspective in terms of interdisciplinary research.
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In: International journal of Middle East studies: IJMES, Band 26, Heft 4, S. 697-699
ISSN: 1471-6380
Crimean Tatar Exile Networks between Eastern Europe and the Middle East. Along with the Crimean Peninsula and the Romanian region of Dobrugea, Istanbul became an important center of Crimean Tatar culture and political activity from the end of the nineteenth and throughout the twentieth century. Crimean Tatar activists promoted the idea of Crimea's cultural and then political autonomy and protested against the mass deportation of the Crimean Tatar population by the Soviet authorities in 1944. Cafer Seydahmet, the brothers Ismail and Ibrahim Otar, Abdullah Zihni Soysal, Sabri Arikan, Yusuf Uralgiray and many others launched publicist and political campaigns for the promotion of the Crimean Tatar cause. The aim of this article is to analyse the numerous networks and interrelations between Crimean Tatar exiles with their compatriots and other Turkic and European intellectuals, orientalists and other scholars between Crimea, Constanta, Istanbul, Paris, Warsaw and other parts of the world. The study is based on the investigation of several Crimean Tatar emigrant archives in Istanbul, mainly the Otar-Collection (the archive of Ismail Otar), and the private collections of Bilge Otar and Kaan Öztürk. ; Crimean Tatar Exile Networks between Eastern Europe and the Middle East. Along with the Crimean Peninsula and the Romanian region of Dobrugea, Istanbul became an important center of Crimean Tatar culture and political activity from the end of the nineteenth and throughout the twentieth century. Crimean Tatar activists promoted the idea of Crimea's cultural and then political autonomy and protested against the mass deportation of the Crimean Tatar population by the Soviet authorities in 1944. Cafer Seydahmet, the brothers Ismail and Ibrahim Otar, Abdullah Zihni Soysal, Sabri Arikan, Yusuf Uralgiray and many others launched publicist and political campaigns for the promotion of the Crimean Tatar cause. The aim of this article is to analyse the numerous networks and interrelations between Crimean Tatar exiles with their compatriots and other Turkic and European intellectuals, orientalists and other scholars between Crimea, Constanta, Istanbul, Paris, Warsaw and other parts of the world. The study is based on the investigation of several Crimean Tatar emigrant archives in Istanbul, mainly the Otar-Collection (the archive of Ismail Otar), and the private collections of Bilge Otar and Kaan Öztürk.
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In: International journal of Middle East studies: IJMES, Band 34, Heft 2, S. 399-401
ISSN: 1471-6380
Nina Berman's Orientalismus, Kolonialismus und Moderne consists of a theoretical Introduction and a chapter each on three modern German-language authors who visited, and wrote extensively about, the Middle East: Karl May, Hugo von Hofmannsthal, and Else Lasker-Schüler. The argument is based on the analysis of literary texts, but Berman also weaves in discussions of the authors' own travels in the Near East, a wide range of contemporary Orientalist texts, and post-colonial theory. Thus, although her book primarily addresses specialists in German literature, it will also be of interest to anyone concerned with Orientalism and the functioning of imperialist and colonialist ideology.
Der Markgraf in der Kleidung eines Osmanen, die Gräfin als Sklavin, Madame de Pompadour als des Sultans Favoritin, Madame Favart als Roxelane – im 17. Jahrhundert begannen Menschen in Europa sich mittels kulturfremder Kleidung im Porträt zu inszenieren. In den meisten Fällen handelte es sich dabei um orientalisierende Bildnisse, d.h. um die Repräsentation von Orient, transportiert über die Kleidung. Der Begriff Orient bezieht sich in diesem Fall hauptsächlich auf die Kultur des Osmanischen Reichs und nicht wie im anglo-amerikanischen Sprachgebrauch üblich (auch) auf Ostasien. Nina Trauths Studie, entstanden und weiterentwickelt aus einer Dissertation im Rahmen des DFG-Graduiertenkollegs 'Identität und Differenz. Geschlechterkonstruktion und Interkulturalität' und ausgezeichnet mit dem Nachwuchsförderpreis der Universität Trier, rückt "orientalisierende Bildnisse als Maskerade in den Vordergrund und untersucht die Inszenierungsstrategien der Dargestellten sowie die Wirkungen auf die Betrachtenden" (S. 299). Die Autorin bedient sich dabei u.a. der Theorien des kritischen Orientalismus, der Genderstudies und der historischen Bildwissenschaft und, obwohl nicht extra erwähnt, der Theaterwissenschaft. Das Buch ist vorbildlich und klar strukturiert. In den ersten drei Kapiteln werden die LeserInnen in die Materie eingeführt und ausführlich mit Hintergrundwissen und Theorie versorgt, Kapitel vier bis acht widmen sich der Analyse von Fallbeispielen, danach folgt ein umfangreicher Anhang. Am Ende der einzelnen Abschnitte findet sich jeweils eine Zusammenfassung. Kapitel eins, "Forschungsstand und Methodik", dient als Einführung in den Stand der Forschung. Die verwendeten Methoden werden angeführt, Terminologie und Theorie ausführlich diskutiert und deren Verwendung begründet. Im zweiten Kapitel, "Bildgruppen orientalisierender Bildnismaskeraden", versucht Trauth eine systematische Ordnung aufzustellen und den Bildkorpus in Gruppen einzuteilen: in orientalisierende Bildnismaskeraden, Maskeraden von Reisenden, Künstlermaskeraden, Maskeraden von Schauspielern und in genrehaft orientalisierende Bildnisse. Das dritte Kapitel widmet sich den "Fakten und Fiktionen" der orientalisierenden Kleidung im Porträt: gemalte Kleidung in Trachtenbüchern und Reiseberichten sowie der kunsttheoretische Diskurs und die Kostümkunde werden dabei kritisch unter die Lupe genommen. Danach werden anhand von fünf Fallstudien der Forschungsgegenstand exemplarisch untersucht und die eingangs aufgestellten Thesen entfaltet. Ein lobenswert umfangreicher Anhang (S. 309-492) ergänzt die Studie: "Öffentlich ausgestellte orientalisierende Bildnisse" zwischen 1737 und 1795; eine kommentierte Aufstellung der "Bildnismaskeraden von Favorite", sowie der "Türkerien von Wallerstein" und ein "Werkkatalog orientalisierender Bildnismaskeraden des Barock" mit Quellenangaben. Dazu kommen das bei wissenschaftlichen Arbeiten (leider noch immer nicht allgemein) übliche Literaturverzeichnis und Register sowie eine Farbbildstrecke und s/w Abbildungen im Text. Insbesondere die ikonographische Erschließung des vorhandenen Bildbestands in Form von 508 Werkkatalogeinträgen macht das Buch zusätzlichzu einem hilfreichen Nachschlagewerk. Die erste Fallstudie beschäftigt sich mit den "performativen Maskeraden der Badischen Markgrafenfamilie". Franziska Sibylla Augusta von Baden-Baden (1675-1733) ließ für ihr Spiegelkabinett in Schloß Favorite bei Rastatt 70 Bildnismaskeraden, davon 17 in orientalischer Kleidung, andere im Harlekinskostüm, entwerfen. Das Markgrafenpaar ließ sich zum Teil mit original türkischen Gewändern aus der 'Karlsruher Türkenbeute', einer Sammlung von Trophäen und Beutestücken des Markgrafen Ludwig Wilhelm aus den Türkenkriegen, porträtieren. Trauth diskutiert unter anderem die nicht verifizierte Annahme, diese Portraits als Dokumente tatsächlich stattgefundener "Wirtschaften" und anderer höfischer Feste, welche das Paar besucht haben könnte, zu betrachten. Der Selbstinszenierung von Madame de Pompadour (1721-1764), Geliebte des französischen Königs Ludwig XV., in orientalisierender Kleidung widmet sich die zweite Fallstudie. Madame Pompadour imaginiert sich als Sultanin, d.h. als mächtige Favoritin des Herrschers. Trauth stellt die These auf, dass in jedem weiblichen orientalisierenden Bildnis des 18. Jahrhunderts der Topos des Harems mit assoziiert werde, da die orientalisierende Kleidung um den weiblichen Körper einen "Haremsraum" schaffe, der Vorstellungen von Tugend, Erotik, aber auch Macht umfasse (S. 185). Fall drei beschäftigt sich mit den Maskeraden des Reisenden und Diamantenhändlers Jean-Baptiste Tavernier (1605-1689) und weiterer Reisender des 17. Jahrhunderts. Auffällig ist, dass es sich hierbei ausschließlich um männliche Maskeraden handelt, dadas Reisen im Untersuchungszeitraum keine weibliche Domäne war. Das Anlegen von landestypischer Kleidung bei Reisen in fremde Länder wurde von den Betroffenen als Kostümierung gesehen, wie ein Zitat aus einem Reisebericht des 16. Jahrhunderts nahelegt: er habe "Hosen, aber wie solche di Zani in den Comoedien in Italia tragen" (S. 207), vermerkt Hans Jacob Breuning und vergleicht sich und seine Begleiter somit nach Anlegen der fremden, türkischen Kleidung mit Figuren der Commedia dell'Arte. Den politischen Maskeraden von Graf Wolfgang IV. zu Oettingen-Wallerstein (1626-1708) ist eine weitere Fallstudie gewidmet. Die Bildnisse des Grafen, welcher für Kaiser Leopold I. als Großbotschafter mit einem Gefolge von 279 Personen nach Konstantinopel gereist war, sind insofern einzigartig, als siedie orientalisierenden Portraits des Botschafters und seiner Begleiter mit Bildnissen des osmanischen Botschafters Ibrahim Pascha und dessen Begleitern, die dem kaiserlichen Hof in Wien einen Gegenbesuch abstatteten, kontrastierten. Trauth gebührt das Verdienst, als erste die Serie von 26 noch erhaltenen Gemälden zu analysieren. Sie sieht die türkische Kleidung des Grafen als politische Mimikry bei gleichzeitiger Machtdemonstration im Gewand des mächtigsten Gegners (S. 278). Die Türkerien des Malers Jean-Etienne Liotard (1702-1789) sind vermutlich den meisten LeserInnen auf die eine oder andere Art bekannt. Ihm ist die fünfte Fallstudie gewidmet. Liotard, der durch seine Malereien und Grafiken das Orientbild in Europa entscheidend mitgeprägt hat und dessen Bildnistürkerien zum Vorbild für viele Nachbildungen geworden sind, hatte selbst mehrere Jahre in Konstantinopel gelebt. Er hatte mehrere Versionen seiner Bildnisse und Zeichnungen, die er aus dem Orient mitbrachte, wiederverwendet, was "als eine Serie von performativen Wiederholungen beschreibbar" sei (S. 293). So wurden unter anderem mittels Montage die Köpfe von bestehenden Zeichnungen orientalischer Frauen mit dem Bildnis der neuen, europäischen Modelle kombiniert. Durch die Wiederverwendung entstand aus Liotards Sicht ein 'wahres' Bild des Orients, weil er Details von eigenen Werken kopierte, deren Gegenstand er tatsächlich gesehen hatte. Das neue Bild blieb trotzdem 'wahr', da beide Teile nach der Natur gemalt wurden. Liotards Techniken erinnern an die digitale Bildbearbeitung von heute. Trauths 'postmoderne Lesart' lautet, dass Liotard durch seine Montagetechnik eine alternative Darstellung des 'Anderen' biete: Er komponierte orientalische Körper mit europäischen Köpfen (S. 294). Nina Trauths Untersuchung der Konstruktion von Identität mittels 'kulturfremder Kleidung' steht zwar in einem kunstgeschichtlichen Kontext, überschneidet sich aber latent mit der Theaterwissenschaft, insbesondere in den Kategorien Inszenierung, Rollenbild, Kleidung, Maske, Person, persona, die einen zentralen Bestandteil der Analyse der Bildnismaskeraden bilden. Die Autorin versucht mit ihrer Studie den Maskenbegriff 'persona' in der Porträttheorie zu etablieren, der für das "Prinzip der Ununterscheidbarkeit von Maske und Gesicht" (S. 33) stehe. Mit Maske ist hier die historische Praxis der Verkleidung – vor allem im Alltag des 18. Jahrhunderts – gemeint, die nicht unbedingt an eine Theaterrolle gekoppelt war (S. 36). Der französische Begriff 'Turquerie' wurde bisher meist primär als französisches Stilphänomen der 1720er bis 1780er Jahre bzw. generell der Frühen Neuzeit definiert. Auch am Theater gilt ja zum Beispiel Molières / Lullys Le Bourgeois Gentilhomme, uraufgeführt 1670 am Hofe Louis XIV., als Beginn der Türkenmode. Trauth verwendet allerdings den kunstgeschichtlichen Begriff 'Türkerie' in der deutschen Schreibweise, explizit auch darum, "um Frankreich nicht weiter als Ursprungsland der Türkerie fortzuschreiben" (S. 18). Das gelingt ihr eindrucksvoll, denn die große Zahl an Beispielen beweist, dass die Türkenmode kein rein französisches Phänomen, sondern auch in den deutschsprachigen Ländern weiter verbreitet war als oft angenommen. Auch sieht sie richtigerweise den althergebrachten Begriff Türkerie als unkritische Stilbezeichnung, den es mit Fragen aus der Orientalismus-Forschung zu füllen gelte. Interessant ist Trauths Ansatz, die Inszenierungsstrategien der Porträtierten zu untersuchen. Türkerie ist hier weit mehr als nur phantasievoll dekoratives Element, sondern erfüllt jeweils einen ganz bestimmten Zweck. Die Autorin lehnt den Begriff 'Exotismus' für ihr Untersuchungsfeld ab und wendet sich den Cultural Studies und Postcolonial Studies zu. Mit Gayatri Spivak gelte es "die Anderen sprechen zu lassen". Da im Portrait des Barock die 'Anderen' meist nicht selbst repräsentiert werden, sondern die Fremdheit mittels Kleidung hergestellt wird, gelte als Ausgangslage ihrer Studie, dass sich Identität mittels Alterität konstituiert. Durch den Vorgang des 'Othering' werde das Fremde als anders markiert, dadurch könne sich das westliche Subjekt als individuell und besonders darstellen (vgl. S. 21). Neben Spivak bezieht sich Trauth in ihrer Terminologie – wie könnte es in einer Arbeit über Orientalismus auch anders sein – auf Edward Said und seine Thesen, allerdings in einem weiterentwickelten Diskurs, indem sie die Kategorien 'race', 'gender' und 'sozialer Rang' mit einbezieht (vgl. S. 23). Der meistverwendete Begriff in dieser Studie ist 'orientalisierend'. Dabei geht es Trauth nicht um den topographischen Aspekt sondern um die Metapher von kultureller wie auch geschlechtlicher Differenz, die sich gerade im Porträt überschneiden. Die Anerkennung der eigenen partikularen Perspektive und die Repräsentation des Orients im Porträt als politische Machtdiskurse um Geschlechter-, Kultur- und Standeshierarchien stehen für sie im Vordergrund. Trauths neuartiger Ansatz ist die Betonung der Definitionsmacht des Betrachters bei der Beurteilung der Bildnisse: "Die Entscheidung, ob die Darstellung als Bildnis erkannt und ob Kleidung als Verkleidung (Maske) oder als 'eigentliche' Darstellung der Person verstanden wird, trifft letztendlich der Betrachter" (S. 304). Interessant ist das Buch für TheaterwissenschafterInnen nicht nur in Hinblick auf die offensichtlichen Themenüberschneidungen (u.a. bei Schauspielerportraits, Maske, Kostüm), sondern besonders auch aufgrund der Arbeit mit Begriffen wie Inszenierung, Maskerade, Rolle, performativ, Darstellung des Anderen. In den Bildserien von Favorite wird theatrale Darstellung ikonographisch aus verschiedensten Merkmalen interpretiert: das Halten einer Maske in der Hand, die Körper der Dargestellten inszeniert in exzentrischen Posen in einem Bühnenkostüm, ein kulissenartiger Raum. Für die Autorin ergeben solche Kombinationen "eine performative Ästhetik als werde ein Theaterstück aufgeführt" (S. 130). Kunsttheoretischer Diskurs wird hier teilweise mit theaterwissenschaftlichen Argumenten geführt. Ein interessanter Ansatz. Aus der Perspektive der Theaterwissenschaft lassen sich bei der Lektüre dieses Buches zweifellos gute Erkenntnisse gewinnen. Eine Empfehlung.
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International audience ; Die Vermessung Kleinasiens Der Deutsche Orientalismus im Feld, 1835-1895 Edward Said hat geltend gemacht, dass der deutsche Orientalismus des 19. Jahrhunderts als eine Art 'Orientalismus der Studierstuben' einen weniger realen und greifbaren 'Orient' vermittelt habe als die britischen und französischen Orientalismen. Entgegen dieser Auffassung zeigt dieses Buch auf, dass die deutschen Orientalisten unmittelbar mit ihren Studienbereichen in Berührung kamen. Das Buch widmet sich den zwischen 1830 und 1890 in Berlin publizierten Karten Kleinasiens. Von den Gestaltern über die Zeichner und Übersetzer bis zu den Auftraggebern nimmt das Buch jenes Netzwerk von Akteueren in den Blick, das an deren Entstehung beteiligt war und zeichnet so das Bild einer transnationalen Produktion von kartografischem Wissen. Zwischen Pera und der Wilhelmstraße, Trapezunt und Leipzig, Smyrna und Paris, London, St. Petersburg und Wien entwickelte sich durch Reisen, persönliche Zusammenkünfte und briefliche Korrespondenzen ein reger Austausch zwischen einheimischen und ausländischen Akteuren. Als Grundlage für philologische, archäologische, kommerzielle und militärische Unternehmungen stand die Kartographie im Zentrum des Interesses von Wissenschaftlern, Geschäftsleuten und dem Militär. Zwischen 1835 und 1895 – einem Zeitraum, der von zwei großen offiziellen und von Berlin finanzierten Militärmissionen ins Osmanische Reich gerahmt wird – verbanden sich strategische und akademische Interessen im Deutschen Reich mehr und mehr miteinander ; gleichzeitig wurden diese aber auch von militärischen und zivilen Projekte der osmanischen Seite beeinflusst. Bei genauer Analyse erweisen sich die Karten von Kleinasien daher nicht nur als ein Produkt des deutschen Imperialismus im Osmanischen Reich. Es wird vielmehr deutlich, dass sie von beiden Seiten als Werkzeug eingesetzt und das gemeinsame Terrain einer transimperialen Geschichte wurden. ; Mapping Asia Minor German Orientalism in the field, 1835-1895 Edward Said claimed that ...
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Einleitung -- Orientalismus -- Die Geschichte des modernen Japans -- Die Bestimmung des Eigenen und des Anderen -- Methoden -- Der Einzug 'Japans' in die Denkräume des 20. Jahrhunderts -- Die offizielle Japanforschung im NS-Regime -- Intellektuelle im japanischen Exil -- Nach der Katastrophe: ' Japan' nach dem Zweiten Weltkrieg -- Fazit -- Der Orientalismus gegenüber Japan -- Ausblick: Das Mythologem Japan nach 1961 und heutige Japanbilder.
Diese Arbeit bietet eine Detail-Analyse von Klaus Hubers Kompositionen 'Die Erde dreht sich auf den Hörnern eines Stiers' und 'Lamentationes de fine vicesimi saeculi'. Beide entstanden als Reaktion auf den ersten Irakkrieg von 1990-1991. In ihrer gezielten Aufnahme und Verarbeitung von Elementen der klassischen arabischen Musiktheorie sind sie nicht zuletzt auch als politische Kommentare zu verstehen. Um dies zu erhellen, wird die Analyse begleitet von Kapiteln zur Zeitgeschichte sowie zu Orientalismus und des damals aufkommenden Paradigma vom 'clash of civilizations'. Die Analyse konzentriert sich auf Hubers Umgang mit Elementen der arabischen Musik(theorie). Letztlich soll gezeigt werden, welche Art der Kulturbegegnung in Hubers Kompositionen stattfindet und wie sich diese als Gegenmodell zu Orientalismus und 'Clash'-Szenarien begreifen lässt.
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