Der Artikel setzt sich mit der sozialen Zusammensetzung von PEGIDA und dem politischen Selbstverständnis der Kundgebungsteilnehmer auseinander. Empirische Grundlage hierfür ist eine schriftlich-postalische Befragung von 331 Teilnehmern. Die Ergebnisse aus Dezember 2015 werden sodann mit denen aus Januar, April und Mai verglichen, um die Veränderung des Teilnehmerkreises zu untersuchen.
Hintergrund der Untersuchungen in diesem Beitrag ist die Frage, ob sich die Bundeswehr im Kern ihres Offizierkorps wirklich und grundsätzlich von der Reichswehr und Wehrmacht unterscheidet. Zur Analyse werden zwei Ebenen herangezogen: (1) Hauptverantwortlich für die Kontinuität ist die soziale Zusammensetzung des Offizierkorps aus den "erwünschten Kreisen"; (2) die Funktion der bürgerlichen und modernen Bildungsqualifikationen in ihrer Bedeutung für die Rekrutierung des Offizierkorps der Bundeswehr. Entsprechend dieser Zweiteilung wird nach einer einleitenden Skizzierung des Hintergrunds im zweiten Abschnitt die soziale Rekrutierung aus den "erwünschten Kreisen" untersucht. Im folgenden Abschnitt wird die zweite Ebene der Selektion durch Bildung analysiert. Die zusammenfassende Bewertung kommt zu dem Ergebnis, daß sich die Sozialstruktur des Offizierkorps der deutschen Streitkräfte in bezug auf ihre soziale Basis in diesem Jahrhundert grundlegend gewandelt hat. Nach Jahrzehnten der sozialen Abgeschlossenheit läßt sich die Offizierstätigkeit heute als sozialer Aufstiegsberuf bezeichnen. (RW)
"Nach der Vorstellung einiger Grundbegriffe aus dem Bereich militärischer Rekrutierung, unterstreicht der Beitrag, dass im Zuge des Übergangs vom 20. zum 21. Jahrhundert die Rekrutierung und Ausbildung von Soldaten in den entwickelten Staaten tiefgreifende Veränderungen erfahren haben, Veränderungen, die noch nicht abgeschlossen sind und einem Trend folgen, mit dessen Umkehr auf mittelfristige Sicht nicht zu rechnen ist. Zum einen wurde der Übergang von einer Wehrpflichtigen- hin zu einer rein professionellen Armee in vielen dieser Länder schon weitgehend vollzogen, während er nach und nach auch jene Staaten erfassen wird, die ihr Sicherheitskonzept noch auf der Wehrpflicht gründen. Gleichzeitig beobachten wir einen Prozess der Vertiefung, Erweiterung und Differenzierung militärischer Ausbildung, besonders im Fall der Offiziere. Das erweiterte Feld möglicher Einsätze und ihre hohe gegenwärtige Bedeutung haben eine umfangreichere Vorbereitung dieses Personenkreises erforderlich gemacht, eine Vorbereitung, deren Schwerpunkt eher im Bereich der Geistes- als der Naturwissenschaften liegt und die in der Regel länger dauert als dies in der Vergangenheit der Fall war. Vorbreitung und Spezialisierung sind auch für die übrigen Gruppen militärischen Personals, Unteroffiziere und Mannschaften, weitreichender und zeitlich umfangreicher geworden. Während jedoch die Änderung von Ausbildungsabläufen für militärisches Personal im Zuge der historischen Entwicklung etwas ganz Normales ist, stellt die Abschaffung der levée en masse, geboren mit der Französischen Revolution und in ganz Europa für zwei Jahrhunderte übernommen, einen epochemachenden Wechsel mit deutlichen Auswirkungen auf die Beziehung zwischen den Streitkräften und der Gesellschaft dar. Dieses Verschwinden der Pflicht jedes einzelnen männlichen Staatsbürgers, einen Teil seines Lebens dem Militärdienst zu widmen, ist daher nicht nur ein technisch-organisatorischer Übergang, sondern ein bedeutsamer politischer und sozialer, dessen Konsequenzen für die Beziehung zwischen Zivilgesellschaft und Streitkräften sich in der Beobachtung zusammenfassen lassen, dass er zu einer Demilitarisierung der Gesellschaft und zu einer Remilitarisierung des Militärs führt, zumindest in einigen seiner Komponenten." (Autorenreferat). Die Untersuchung enthält quantitative Daten. Die Untersuchung bezieht sich auf den Zeitraum 1948 bis 2005.
"Nach der Vorstellung einiger Grundbegriffe aus dem Bereich militärischer Rekrutierung, unterstreicht der Beitrag, dass im Zuge des Übergangs vom 20. zum 21. Jahrhundert die Rekrutierung und Ausbildung von Soldaten in den entwickelten Staaten tiefgreifende Veränderungen erfahren haben, Veränderungen, die noch nicht abgeschlossen sind und einem Trend folgen, mit dessen Umkehr auf mittelfristige Sicht nicht zu rechnen ist. Zum einen wurde der Übergang von einer Wehrpflichtigen- hin zu einer rein professionellen Armee in vielen dieser Länder schon weitgehend vollzogen, während er nach und nach auch jene Staaten erfassen wird, die ihr Sicherheitskonzept noch auf der Wehrpflicht gründen. Gleichzeitig beobachten wir einen Prozess der Vertiefung, Erweiterung und Differenzierung militärischer Ausbildung, besonders im Fall der Offiziere. Das erweiterte Feld möglicher Einsätze und ihre hohe gegenwärtige Bedeutung haben eine umfangreichere Vorbereitung dieses Personenkreises erforderlich gemacht, eine Vorbereitung, deren Schwerpunkt eher im Bereich der Geistes- als der Naturwissenschaften liegt und die in der Regel länger dauert als dies in der Vergangenheit der Fall war. Vorbreitung und Spezialisierung sind auch für die übrigen Gruppen militärischen Personals, Unteroffiziere und Mannschaften, weitreichender und zeitlich umfangreicher geworden. Während jedoch die Änderung von Ausbildungsabläufen für militärisches Personal im Zuge der historischen Entwicklung etwas ganz Normales ist, stellt die Abschaffung der levée en masse, geboren mit der Französischen Revolution und in ganz Europa für zwei Jahrhunderte übernommen, einen epochemachenden Wechsel mit deutlichen Auswirkungen auf die Beziehung zwischen den Streitkräften und der Gesellschaft dar. Dieses Verschwinden der Pflicht jedes einzelnen männlichen Staatsbürgers, einen Teil seines Lebens dem Militärdienst zu widmen, ist daher nicht nur ein technisch-organisatorischer Übergang, sondern ein bedeutsamer politischer und sozialer, dessen Konsequenzen für die Beziehung zwischen Zivilgesellschaft und Streitkräften sich in der Beobachtung zusammenfassen lassen, dass er zu einer Demilitarisierung der Gesellschaft und zu einer Remilitarisierung des Militärs führt, zumindest in einigen seiner Komponenten." (Autorenreferat)
Aus der Einleitung: Jedes Jahr stehen etwa 200 000 Absolventen in Deutschland vor einem neuen Lebensabschnitt. Der Schonraum, die Universität bzw. Fachhochschule, entlässt sie in eine neue Sphäre. Diese Sphäre ist die fragile Welt der Arbeit und das Behaupten auf ihrem Markt, auf dem Arbeitsmarkt. Das lange Vorbereiten auf diesen Konkurrenzkampf auf dem Arbeitsmarkt, welches gegenwärtig in der Vorschule bereits beginnt, soll nun eine aktive und sichtbare Rolle annehmen. Nicht nur mit den Abschlussnoten bewaffnet sollen die Absolventen den Kampf beginnen, vielmehr ist derzeit eine einzigartig "perfekte" Persönlichkeit gefragt. Adjektive die das gewünschte Persönlichkeitsprofil beschreiben sind dieselben wie in den Kommentaren zu moderner Kunst: Dynamisch, offen, kreativ, innovativ, mutig, konsequent soll sein, wer eine Position anstrebt, mit der Macht verbunden ist. Den Stellenanzeigen ist oft eine Suche nach einer Persönlichkeit mit hohen Maß an emotionaler Intelligenz zu entnehmen. Die Persönlichkeit ist ein unergründliches Konstrukt und lässt sich kaum messen bzw. normieren. Ihre Ambiguität vor allem in der Interdependenz mit der Arbeit bleibt trotz zahlreicher psychologischer Versuche unerfassbar und undefinierbar. Andere soziale Wissenschaften, neben der Psychologie, scheinen kaum einen Versuch zu unternehmen um sich in den Ansätzen mit dem Konstrukt der Persönlichkeit zu beschäftigen. So wird dem Faktor Mensch in der klassischen wirtschaftswissenschaftlichen Lehre lediglich eine statische Größe verliehen. Damit wiederum wird die Persönlichkeit mit ihrer Subjektivität, in einer Gestalt eines Homo-Oeconomicus, in die Rationalität verbannt. Hier stellt sich die erste wichtige Frage, welcher im Verlauf dieser Diplomarbeit nachgegangen werden soll. Wenn Persönlichkeit in der wissenschaftlichen Theorie häufig mit Rationalität gleichgesetzt wird, wovon ist dann in den Stellenanzeigen die Rede und was ist der Mensch in Organisationen? Stellt er tatsächlich einen rein rationalen Produktionsfaktor dar? Gerade in der menschlichen Interaktion erweist sich die bloße Rationalität, falls diese alleine existieren kann, jedoch als unzureichend und in einer sozialen zwischenmenschlichen Kommunikation im Grunde als unmenschlich. Eine solche Kommunikation bleibt aber bereits beim Einstieg auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise nicht aus. Es kann daher nicht nur von Rationalität gesprochen werden. Darüber hinaus stellt die Fähigkeit des Vertrauens einen Grundpfeiler der Persönlichkeit dar, welcher zunächst ein stabiles Selbstvertrauen voraussetzt. Dieses schafft erst die Basis für das Vertrauen in Andere und damit auch für die Interaktion mit anderen Menschen und Organisationen. Der Absolvent, der Bewerber, steht somit vor der Frage welcher Organisation er sein Vertrauen entgegenbringen kann und welcher nicht. Freilich war eine solche Wahl historisch gesehen nicht immer gegeben. Doch zumindest gegenwärtig stehen dem Menschen verschiedene Optionen, das heißt alternative Organisationen, zur Auswahl. Auch wenn diese Wahlfreiheit, wie jede andere Art von Freiheit, mit einer Unsicherheit und Komplexität einhergeht, gilt es sich ihrer bewusst zu werden und vor allem eine sinnbehaftete Entscheidung zu treffen. Denn die Entscheidung für oder gegen eine Organisation berührt nicht nur das Arbeitsleben, gleichzeitig wird die Rolle des Menschen bei der Arbeit in das private Leben projiziert und wird zum Teil des Lebens als Ganzes. Letztlich vollzieht sich diese Projektion, die Wahl eines Arbeitsplatzes, auf alle drei Aufgabengebiete des Lebens: auf Liebe, Beruf und Gesellschaft.
In der schulsoziologischen Literatur ist die soziale Rekrutierung der Schüler noch nicht als eigenständiges Thema, sondern nur in schulreformerischer Absicht aufgegriffen worden. Vergleichende Untersuchungen zur sozialen Bedeutung der Schulde im 19. Jhd. in Deutschland und konkrete Informationen zur sozialen Herkunft der Schüler fehlen. Die in der deutschsprachigen Schulsoziologie und in den Modernisierungstheorien behauptete Funktionen (Allokationsinstanz, soziale Positionszuweisung) und Rekrutierungsfelder der Schule wiederholen lediglich Behauptungen der Interessenvertreter der Institution Schule. Diese haben Schule vornehmlich unter kulturpolitischem Aspekt thematisiert und den Komplex der Rekrutierung nur zur Rechtfertigung oder Abwehr, zur Begründung von Konservierung oder Reformierung von Schulformen aufgegriffen, ohne allerdings konkretes Material zu liefern. Mit statistischem Material zum Rekrutierungsfeld verschiedener Aachener Schultypen vom 19. Jhd bis zum 1. Weltkrieg legt der Autor konkrete Daten vor und untermauert seine Behauptung, die Schulsoziologie reproduziere lediglich gängige Klischeevorstellungen, die in pädagogischen Leitbildern entworfen wurden. (HM)
Der Verfasser untersucht in seinem Aufsatz Rekrutierung, Sozialstruktur und Motivation der Offiziere der NVA in der DDR vor dem Hintergrund der sozialistischen Kaderpolitik und ihres Wandels und den Veränderungen innerhalb des Bildungssystems. Beide Faktoren wirkten auf die Zusammensetzung des Offizierskorps zurück. Für die Rekrutierung konstatiert der Verfasser zwei Grundtendenzen: Zum einen ging der Anteil der Bewerber aus der Arbeiterschaft langfristig zurück, zum anderen stieg der Anteil derer, die fest mit der Ideologie der SED verbunden waren. Im weiteren diskutiert der Autor die soziale Herkunft der Offiziere und Offiziersbewerber, deren soziale Lage vor Eintritt in die bewaffneten Organe, Allgemeinbildung der Offiziere und Offiziersbewerber sowie deren Parteizugehörigkeit. Der Verfasser resümiert, daß das Offizierskorps der NVA entgegen seinem Selbstverständnis (Offiziere einer Volksarmee) deutliche Selbstrekrutierungstendenzen zeigte und damit eine Funktionärsgruppe mit durchaus eigenen sozialen Merkmalen bildete. (ICC)
In: Sicherheit und Militär: Genese, Struktur und Wandel von Meinungsbildern in Militär und Gesellschaft ; Ergebnisse und Analyseansätze im internationalen Vergleich, S. 182-198
In einer empirischen Untersuchung des spanischen Militärs am Beispiel der Nachwuchsrekrutierung wird nachgewiesen, daß normalerweise traditionell orientierte Organisationen wie das Militär, Prozesse des sozialen Wandels zu demokratischen Verhältnissen nur mit Schwierigkeiten und Zeitverzögerung zu vollziehen vermögen. So unterscheiden sich die Offiziersbewerber vollständig von ihrer vergleichbaren Altersgruppe. Sie zeigen deutliche Präferenzen für rechte bzw. extrem-rechte Parteien, beurteilen soziale Verhaltensweisen restriktiver und traditioneller und akzeptieren Ziele mit autoritärer Prägung. Als Ursache wird nachgewiesen, daß beim Offizierskorps in erheblichem Umfang Selbstrekrutierung stattfindet, und daß sich die Bewerber in der Phase der Berufswahl an die Normensysteme der Organisation anpassen. Dieser Prozeß wird antizipatorische Sozialisation genannt. (RW2)