Umfragen und Politik
In: Deutschland nach der Bundestagswahl 2005: fit für die globalen Aufgaben der erweiterten EU?, S. 91-98
Der Beitrag zum Verhältnis von Umfragen und Politik entwirft zunächst eine historische Skizze über deren Beziehung in der Bundesrepublik Deutschland. Ein zweiter Abschnitt betrachtet gegenwärtige Herausforderungen sowohl von empirischer wie normativer Warte. Der Autor plädiert im Ergebnis für eine systematische Demoskopiewirkungsforschung, die seiner Ansicht nach vornehmlich die Effekte und Funktionen ihres Untersuchungsobjekts bei den Prozessen der politischen Entscheidungsfindung und Willensbildung genauer prüfen sollte. Insgesamt sind auch die Ängste unberechtigt, dass durch die Politik verwendete Umfragen eine unlautere - weil demokratisch nicht legitimierte - "Demoskopiedemokratie", "Demoskokratie" oder "demoskopische Republik" herbeiführen könnten. Die Warnung vor der Gefahr einer "außerparlamentarischen Herrschaftsinstanz" und die Forderung nach einem Gesetz zur Eindämmung der Meinungsforschung als "unlegitimierten Meinungsdiktatur" (FAZ) sind überzogen. Obschon solche Appelle - nicht zuletzt auch in der Diktion - übertrieben sind, besteht für den Autor jedoch die Gefahr eines "Politikmarketing" und "Politainment", das den Staatsbürger zum Politikkonsumenten herabwürdigt und Regierende statt zur Entscheidungs- zu einer reinen Darstellungspolitik verleitet. (ICA2)