In: Berichte / Forschungsinstitut der Internationalen Wissenschaftlichen Vereinigung Weltwirtschaft und Weltpolitik (IWVWW) e.V, Band 6, Heft 52, S. 48-63
Das ökonomische Potenzial ethnischer und kultureller Vielfalt wird häufig verkannt. Die Ergebnisse neuerer Studien, die in diesem Beitrag zusammengefasst werden, zeigen jedoch, dass sich weiche Faktoren wie etwa Einstellungen, Wahrnehmungen und Identitäten, hier insbesondere ethnische Identitäten, wesentlich auf ökonomische Ergebnisse auswirken können. Dies geht sowohl aus Analysen des Prozesses kultureller Integration in einer generationenübergreifenden Perspektive als auch aus Untersuchungen der Arbeitsplatzsuche und der Wiedereingliederung von Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt hervor. Eine Volkswirtschaft kann sich durch eine geeignete Beachtung und Einbeziehung multi-ethnischer Faktoren ökonomisch besser stellen. Kulturelle und ethnische Assimilation von Zuwanderern ist deshalb keine alleinige oder dominante Strategie der ökonomisch erfolgreichen Einbindung in die Aufnahmegesellschaft. Neben einer besseren Aktivierung der Integrationspotenziale bei Personen mit Migrationshintergrund ist auch eine kulturelle oder ethnische Öffnung der Einheimischen sinnvoll.
In: Sowjetwissenschaft: Zeitschrift der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft. Gesellschaftswissenschaftliche Beiträge, Band 31, Heft 5, S. 514-523
"Die Entwicklung, die die afrikanischen Staaten seit der Erringung ihrer Unabhängigkeit durchlaufen haben, zeugt davon, daß sich die allgemeinen sozialen und ethnischen Gesetzmäßigkeiten auch in Afrika vollständig durchsetzen. Zugleich drückt die Spezifik des afrikanischen Kontinents -insbesondere die Heterogenität der Wirtschaftsformen, das Fortbestehen zahlreicher für die Stammesordnung charakteristischer Züge und der Einfluß der traditionellen sozialen Strukturen- den heutigen Prozessen, darunter auch den ethnischen, ihren Stempel auf." Aus der Kompliziertheit der ethnischen Zusammensetzung und der Schärfe der ethnischen Probleme erklärt sich die Tatsache, daß in der Mehrzahl der Länder Tropisch-Afrikas der ethnische Faktor im politischen Leben eine bedeutende Rolle spielt. In den afrikanischen Staaten sind heute "zwei Haupttendenzen der ethnischen Entwicklung zu beobachten: erstens die Konsolidierung einzelner ethnischer Gemeinschaften sowie die Umwandlung einiger von ihnen in Nationen und zweitens die Integration mehrerer ethnischer Gemeinschaften im Rahmen eines Staates." Unter den Wissenschaftlern sowie unter den afrikanischen Politikern gibt es sehr unterschiedliche Meinungen über die Wege zur beschleunigten Integration der ethnisch heterogenen Bevölkerung. Dabei spielt die Sprachpolitik (eigene Staatssprache, Sprache der Kolonialmacht) eine große Rolle. Insbesondere wird sehr heftig über das Problem des ethnischen Selbstbewußtseins debattiert. Die sich an den Vortrag anschließende Diskussion wird auszugsweise dokumentiert. (GB)
In den westlich modernen Gesellschaften ist eine Zunahme ethnisch-kultureller Konflikte zu verzeichnen. So treten vermehrt Konflikte um die Anerkennung religiöser Symbole und spannungsgeladene Auseinandersetzungen zwischen ethnisch-homogenen Fußballmannschaften auf. Es gehört zu den Gemeinplätzen, daß der Sport weitreichend positive Effekte für das interkulturelle Zusammenleben hat. Es ist Skepsis angebracht, zumal psychologisch fundierte Untersuchungen die soziologischen Befunde zur gesellschaftlichen Desintegration und ihre sozialen Folgen eher ausblenden und bestenfalls gruppenbezogene Faktoren einbeziehen. Sport wird nur über die Differenzkategorie von Sieg oder Niederlage zum effektiven Mittel der Anerkennung und des Erwerbs von Respekt, unabhängig von den sonst zugewiesenen oder übriggelassenen Chancen. Daher ist vorsichtig mit der Hoffnung umzugehen, daß ausgerechnet der konkurrenzorientierte Mannschaftssport vor dem Hintergrund Desintegration einen Beitrag zur Befriedung ethnisch-kultureller Konflikte leisten kann. (prk)
Vor dem Hintergrund ethnisch und religiös motivierter Konflikte im Vorderen und Mittleren Orient geht der Autor der Frage nach, wie Minderheiten eine solche Bedeutung erlangen konnten. Können die Staaten der Region angesichts dieser ethnischen Bruchstellen überleben? Ist der Einfluß aus der Geschichte des osmanischen und der persischen Großreiche zu verstehen? Der Autor skizziert die historischen Grundzüge dieser Staatsformen und leitet auf Fragen von Religion, Klientelismus und Ethnizität in dieser Region über. Die neuen Nationalstaaten, so eine These, mußten im 19. Jahrhundert zur Integration ihrer Bevölkerung "notgedrungen nationalistisches Vokabular" verwenden. Im Prozeß eines zunehmenden Klientelismus, der Einflußnahme einiger weniger Familien, wurden ethnische Minderheiten zu einer "massiven Bedrohung staatlicher Eliten". Der Autor beschreibt abschließend vier grundlegende Lösungstypen, wie unter postindustriellen Bedingungen das "nationalstaatliche Paradigma" aufgelöst werden könnte. (rk)
Angesichts einer Zunahme von ethnischen Konflikten und ethnischen Bewegungen geht es in dem Beitrag um eine Erklärung dafür, warum es die ethnischen Konflikte als besondere Art "irrationaler" Konflikte gerade unter Bedingungen einer beginnenden oder voranschreitenden Modernisierung von Gesellschaften gibt, und warum diese Konflikte dann ausgerechnet eine deutliche kulturelle bzw. ethnische Komponente haben, die mit einem erkennbaren "objektiven" oder "rationalen" Anlaß und mit "materiellen" Interessen kaum etwas zu tun hat. Als grundlegende These für das Entstehen ethnischer Konflikte unter den Bedingungen sozialen Wandels wird formuliert: Ethnische Gruppen haben bei Vorgängen der Modernisierung und der Transformation nicht nur ein besonders nachhaltiges Motiv für einen Konflikt; bei ihnen sind oft alle Bedingungen der Entstehung sozialer Bewegungen erfüllt, so daß sie die Gruppen sind, die es schaffen, daß ein latenter Konflikt auch zu einer manifesten Austragung kommt. Es wird begründet, warum gerade ethnische Gruppen ein nachhaltiges Motiv für Konflikte mit anderen Gruppen entwickeln können. Es wird gezeigt, warum die ethnischen Gruppen für die Mobilisierung und Verbreitung sozialer Bewegungen besondere "Vorteile" mitbringen. Ziel ist es zu erklären, daß ethnische Konflikte keineswegs bloße Rückfälle in eine vormoderne Barbarei sind oder Menschen von nationalistischen oder religiösen Ideologien und Fundamentalismen nur verführt werden. (ICA)
Der Autor untersucht die Dynamik der Entwicklung des Islam in Usbekistan auf drei Ebenen: 1. der ethnisch-geographischen, 2. der vergleichend religiösen und 3. der geopolitischen Ebene. Er analysiert die geographische Verteilung der islamischen Bewegung in Usbekistan und geht näher auf deren Rolle im Fergana-Tal und in den großen Städten des Landes ein. Darüber hinaus beschreibt er das Verhältnis des Islam zu den übrigen in Usbekistan vertretenen Konfessionen. Abschließend wird der Einfluß externer Faktoren auf die Entwicklung des Islam in dieser zentralasiatischen Republik untersucht, darunter die Politik verschiedener islamischer Staaten und Rußlands gegenüber Usbekistan, aber auch die Auswirkungen der Bürgerkriege in Afghanistan und Tadschikistan auf die religiöse Lage in Usbekistan. (BIOst-Mrk)
"The contribution pertains to several aspects of ethnic segregation. The first is how segregation and social integration are related. The second is the crucial question which dimensions of segregation can be distinguished and how we can measure them. In the next section, results from studies of ethnic segregation in Germany are presented. The evidence is then discussed in the light of general hypotheses explaining ethnic segregation, specifically, the aspect of spatial correlates of social integration. A multilevel model of ethnic segregation is suggested. In the final section the results are resumed and suggestions for further research are given." (Author's abstract, IAB-Doku) ((en))
Einerseits sind die lateinamerikanische Gesellschaften ethnisch geschichtet und fragmentiert, existieren diesbezügliche Vorurteile und Diskriminierungen. Andererseits herrschen integrationalistische und harmonistische Ideologien vor (Schmelztiegel-Konzept). Im ambivalenten Mix von konfliktverschärfenden und -entschärfenden Faktoren dürften die letzteren überwiegen, so daß mit einem gewaltsamen Ausbruch ethnischer Konflikte im kontinentalen Maßstab nicht zu rechnen ist, was aber lokale Konflikte wie in Chiapas nicht ausschließt. (SWP-Whr)