Da musizierende Frauen im christlichen Kulturkreis als Verführerin galten und entsprechend geächtet wurden, hatten sie es bis in die jüngere Vergangenheit schwer, sich musikalisch zu betätigen. In den Bemühungen um Geschlechtergerechtigkeit in der Musik geht es für Frauen auch heute noch vor allem darum, überhaupt als Kulturschaffende wahrgenommen zu werden. Im Beitrag geht es darum, wie die langsame Sichtbarwerdung in der modernen Numismatik rezipiert wird. Auf die spontane Frage nach einer Münze zu Ehren einer Musikerin fällt den meisten wahrscheinlich keine ein. Aber es gibt sie: Münzbilder mit musizierenden Frauen und zu Ehren berühmter Musikerinnen. Der Beitrag widmet sich insbesondere den Komponistinnen von Sappho bis Yoko Ono und stellt diese mit Kurzbiographien vor. Weiter werden Münzbilder auf Stars der Opernbühnen wie auch der Populär-/Volks- und Weltmusik präsentiert.
Für das Verstehen der sozialen Räume in der Kinder- und Jugendarbeit ist mehr als eine gute kleinräumige Sozialstrukturanalyse nötig. Um einerseits zu begreifen, wie Heranwachsende ihre Welt wahrnehmen und ordnen sowie andererseits zu erkennen, welche Menschen, Dinge, Regeln, Wünsche, Wahrnehmungen etc. zur Konstitution von Kinder-/Jugendräumen beitragen, bedarf es umfangreicher teilnehmender Beobachtung und eines breiten Spektrums weiterer Erhebungs- und Analysemethoden für reale wie imaginäre Orte. Konzepte der Raumsoziologie können und sollten solche Erkundungen anleiten.
Raumbeobachtung bezeichnet eine systematische, laufende, indikatorengestützte Berichterstattung über räumliche Zustände und Entwicklungen. Von einer stetig wachsenden Geodatenbasis aus werden handlungsrelevante Informationen für Politik und Verwaltung wie für die interessierte Öffentlichkeit erarbeitet.
Die europäische Stadt hat eine ihrer aus der griechischen Antike herführenden Wurzeln in der Polarität von Öffentlichkeit und Privatheit. Spätestens mit den Analysen von Hannah Arendt (seit 1958) und Jürgen Habermas (seit 1962) differenziert sich das Spektrum zwischen öffentlich und privat in der theoretischen Auseinandersetzung wie in den beobachteten Raumpraktiken der (städtischen) Bevölkerung immer stärker aus und verändert dabei die Bedeutungen. Um halböffentliche Stadträume heute zu verstehen, sind standardisierte Erhebungs- und Auswertungsmethoden weniger geeignet. Es bedarf eines entdeckenden Verfahrens, das eher im Methodeninventar der Qualitativen Sozialforschung zu finden ist. Die Grounded Theory ist ein solches Verfahren zur Erarbeitung empiriebasierter theoretischer Aussagen - man könnte auch sagen: ein Forschungsstil. Der Ansatz wird häufig "gegenstandsbezogene" oder "datengestützte Theoriebildung" genannt. Die Vorgehensweise nutzt verschiedene Datenerhebungs- und Auswertungsinstrumente und entsprechende Strategien. Die dabei eingesetzte Schlusslogik ist die Abduktion. Während eines Seminars im Masterstudiengang Geografie wurde dieses Verfahren anhand von Literatur nachvollzogen und bei regelmäßigen Erkundungen in Bonn und Umgebung handwerklich geübt. Die Entwicklung von Lesarten für die Halböffentlichkeit städtischer Räume folgt hier weitestgehend dem Ablauf des durchgeführten Seminars.
Am 12. November 1918, dem Tag nach Ende des Ersten Weltkriegs und Ausrufung der Weimarer Republik, formulierte der Rat der Volksbeauftragten den Aufruf: "Alle Wahlen zu öffentlichen Körperschaften sind fortan nach dem gleichen, geheimen, direkten, allgemeinen Wahlrecht auf Grund des proportionalen Wahlsystems für alle mindestens 20 Jahre alten männlichen und weiblichen Personen zu vollziehen." Bereits am 30. November trat das Reichswahlgesetz mit dem allgemeinen aktiven und passiven Wahlrecht auch für die Frauen in Kraft und am 19. Januar 1919 durften sie dann erstmals reichsweit zur Wahl für die verfassungsgebende Deutsche Nationalversammlung gehen. Seither haben sich die Rahmenbedingungen für Wahlen auf dem Territorium des deutschen Staates mehrmals geändert, die Wahlbeteiligung ist tendenziell gesunken und der Anteil weiblicher Abgeordneter gestiegen. Dazu gibt es Diskussionen, ob und warum Frauen anders wählen als Männer, welchen Politikstil sie präferieren bzw. praktizieren oder welchen Einfluss sie als Mehrheit der Bevölkerung auf Politik haben. Hier werden nun die öffentlich zugänglichen Statistiken über die Wahlbeteiligung von Frauen und Männern sowie die Zahl weiblicher Abgeordneter im nationalen Parlament während der vergangenen 100 Jahre zusammengestellt. Dazu werden kurze Analyseansätze vorgestellt.
Was eint Deutschland? Oder: Wie einig ist Deutschland? Und: Wie nehmen Menschen heute die geeinte Republik wahr? Welches gegenseitige Lernen hat stattgefunden? Wo ist Differenz ernst zu nehmen und wo sollten vereinfachende Zuschreibungen ad acta gelegt werden? Diesen Fragen geht das IzR-Heft auf den Grund. Bewusst veröffentlichen wir dieses Heft mit Abstand zu den Jubiläumsfeiern des vergangenen Jahres, die vor allem den Glücksmoment der gelungenen friedlichen Revolution in Erinnerung holten. In diesem Jahr erinnern wir an den Einigungsvertrag, der vor 25 Jahren die Weichen für eine gemeinsame Zukunft des Landes stellte. Dieses Jubiläum ist bei aller Bedeutung für das vereinte Deutschland und unsere Gesellschaft nüchterner und von weniger bunten Bildern begleitet. Vor diesem Hintergrund begeben wir uns mit unseren Autor_innen verschiedener Disziplinen auf die Spurensuche - zurück in die Zukunft. Dabei geht es nicht nur darum, wie sich unser Land und unsere Gesellschaft seit 1990 verändert hat, ob "zusammengewachsen ist was zusammengehört", wo die Landschaften blühen und was vielleicht auch auf der Strecke blieb. (S.a. http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:101:1-201803233145)
Raumbezogene Daten werden in der föderal verfassten Bundesrepublik auf allen administrativen Ebenen erzeugt, gesammelt und in Datenbanken zusammengestellt. Auf den Ebenen des Bundes und der Länder sind wir seit Jahren daran gewöhnt, dass regionalstatistische Sammlungen flächendeckend in harmonisierter Aufmachung vorliegen. Für die kommunale Ebene ist das nicht so. Gleichwohl besteht für die Bearbeitung zahlreicher Fragestellungen der vergleichenden Raum- und Stadtbeobachtung ein großes Interesse daran, sozialräumliche Daten und Indikatoren nicht nur gesamtstädtisch zu kennen. In diesem Heft werden Reflexionen und Analysen kleinräumiger Stadtbeobachtung auf Basis untergemeindlicher Daten vorgestellt. Dabei geht es um die Präsentation der vorhandenen Datensätze, die Schwierigkeiten ihrer Erstellung und Bearbeitung - vor allem aber um die Chancen, die sie für eine Stadtbeobachtung bieten, die nicht an den administrativen Grenzen der bevölkerungsstarken Kommunen ihre Aussagekraft verliert. Dies ist für das Nachvollziehen zahlreicher räumlicher Prozesse bedeutsam, da Deutschland nicht nur eine differenzierte polyzentrische Städtestruktur aufweist, sondern auch ein großer Teil der Bevölkerung in diesen Städten lebt: Allein die Großstädte (Städte mit mehr als 100 000 Einwohnern) beheimaten laut Zensus 2011 rund 31% der Bevölkerung.
In der Bundesrepublik richtet die Regional- und Landesplanung die regionale Daseinsvorsorge weitgehend am sogenannten System zentraler Orte aus. Je nach Bundesland werden meist Grund-/Klein-/Unter-, Mittel- und Oberzentren unterschieden. Die Kommunen weisen aufsteigende Versorgungs- bzw. Verflechtungsbereiche auf, darüber hinaus ein wachsendes Angebot an Gütern und Dienstleistungen und eine zunehmend dichte Infrastrukturausstattung. In ländlich geprägten Kommunen richtet sich der Blick vor allem auf grundzentrale Einrichtungen und Angebote für den allgemeinen täglichen Bedarf. Die Ausführungen des Artikels basieren auf der BBSR-Umfrage 2010 zur ländlichen Infrastruktur.
Unabhängige kommunalstatistische Ämter sind in europäischen Großstädten in der Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden. Die Gründung des 'Unabhängigen Statistischen Bureaus der Stadt Berlin' im Jahr 1862 zählte mit zu den ersten. Die Gründungen finden in einem Spannungsfeld zwischen einer gesellschaftlichen Neuordnung der mitteleuropäischen Staaten infolge der bürgerlichen Revolutionen und dem Aufstieg moderner Wissenschaften, von dem auch die Statistik betroffen ist, statt. Der Artikel geht auf einige der (wissenschafts-)politischen Rahmenbedingungen der Berliner Gründung ein.
Jedes Jahr im Herbst lässt das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) in einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage die Meinungen, Einstellungen und Wissensbestände der Bürgerinnen und Bürger zu ihren Wohn- und Lebensbedingungen erheben. Anhand dieser regelmäßigen Umfrage sind Veränderungen über die Zeit und regionale Unterschiede zu untersuchen. Im September stellte das BBSR eine Analyse für das Jahr 2009 zum Leben in ländlich geprägten Regionen vor, aus der hier einige zentrale Aussagen vorgestellt werden: Insgesamt betrachtet haben und nutzen viele Menschen in Deutschland die Wahlfreiheit, ihr Leben genau dort zu führen, wo sie am liebsten wohnen und leben möchten - sei es auf dem Land oder in der Stadt. Berufliche Erfordernisse stellen bei regional unterschiedlichen, meist stadtzentrierten Arbeitsmärkten jedoch hohe Anforderungen an die Mobilitätsbereitschaft. Hinzu kommen private, familiäre Erfordernisse, die möglicherweise den persönlichen Bewegungskreis beschränken, zu multilokaler Haushaltsführung zwingen oder Ortswechsel sinnvoll erscheinen lassen. Vor allem die mit dem Erwerbsleben zusammenhängenden Rahmenbedingungen des privaten Lebens unterscheiden sich nicht zwischen Stadt und Land, sondern eher zwischen ökonomisch starken und schwachen Regionen und nach wie vor zwischen Ost und West.
Der vorliegende Band ist typisch für Ressortforschung, bei der ein gesellschaftliches Interesse mit dem Handlungshorizont eines Ministeriums verknüpft wird. Über solch eine externe Beschränkung hinaus weist die Studie leider auch zahlreiche interne Einschränkungen infolge handwerklich schlecht eingesetzter Methoden oder unzureichender konzeptioneller Bezogenheit der verschiedenen Forschungsschritte auf. So überzeugt weder die transdisziplinäre Verknüpfung von Wissenschaft, Planung und Politik im Rahmenkonzept noch das interdisziplinäre Zusammenwirken der unterschiedlichen (Unter-) Auftragnehmerinnen für den eigentlichen Forschungszweck – die Entwicklung und Prüfung eines gendersensiblen Mobilitätsfragebogens – und auch die Präsentation der Studie erfüllt nicht die Mindeststandards. ; The volume at hand is typical for strategic research in that it connects social interest to a governmental ministry's sphere of action. Beyond such external limitations, the study unfortunately also displays multiple internal limitations due to poorly executed methods or inadequately conceived relationships between the various research steps. Because of this, the volume's framing concept that includes transdisciplinary connections between science, planning, and politics remains inadequate. In addition, the interdisciplinary collaboration between the different (under) agents for the volume's stated research purpose – the development and testing of a gender-sensitive questionnaire on mobility – and the presentation of this study does not fulfill minimum standards.
Seit den 1930er Jahren wird der von Ernst Bloch geprägte Begriff der Ungleichzeitigkeit für die widersprüchlichen Wirklichkeiten in kapitalistischen Gesellschaften verwendet - gerade auch was deren räumliche Ausprägungen betrifft. Die Innerstädtische Raumbeobachtung des BBR mit ihren Stadtteilstatistiken bietet die Möglichkeit, sozialräumliche Ungleichzeitigkeit(en) in großstädtischer Siedlungsstruktur zu untersuchen. Der Beitrag stellt dazu die residenzielle Segregation von Alten, Armen/Sozialhilfeempfängern und Ausländern dar, deren Lebenssituation traditionell als problembehaftet eingestuft wird. Während in deutschen Großstädten derzeit keine wohnstandortgebundene Segregation alter Menschen festzustellen ist, verteilen sich Sozialhilfeempfänger und Ausländer keineswegs gleich über das Stadtgebiet. Im Durchschnitt müsste je ein Viertel von ihnen innerstädtisch umziehen, um eine gleichmäßige Durchmischung der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen herzustellen. Besonderes Augenmerk sollten Kommunalpolitiker den Stadtteilen der inneren Stadt widmen: Dort bündeln sich vergleichsweise häufig mehrere soziale Problemlagen, was in Stadtrandlagen seltener anzutreffen ist. Daraus folgert u.a., dass bei stadtentwicklungspolitischen Entscheidungen Sozial- und Wirtschaftspolitik Hand in Hand arbeiten sollten, da sich ihr Augenmerk nicht selten auf dieselben innenstädtischen Gebiete richtet.
Seit den 1930er Jahren wird der von Ernst Bloch geprägte Begriff der Ungleichzeitigkeit für die widersprüchlichen Wirklichkeiten in kapitalistischen Gesellschaften verwendet - gerade auch was deren räumliche Ausprägungen betrifft. Die Innerstädtische Raumbeobachtung des BBR mit ihren Stadtteilstatistiken bietet die Möglichkeit, sozialräumliche Ungleichzeitigkeit(en) in großstädtischer Siedlungsstruktur zu untersuchen. Der Beitrag stellt dazu die residenzielle Segregation von Alten, Armen/Sozialhilfeempfängern und Ausländern dar, deren Lebenssituation traditionell als problembehaftet eingestuft wird. Während in deutschen Großstädten derzeit keine wohnstandortgebundene Segregation alter Menschen festzustellen ist, verteilen sich Sozialhilfeempfänger und Ausländer keineswegs gleich über das Stadtgebiet. Im Durchschnitt müsste je ein Viertel von ihnen innerstädtisch umziehen, um eine gleichmäßige Durchmischung der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen herzustellen. Besonderes Augenmerk sollten Kommunalpolitiker den Stadtteilen der inneren Stadt widmen: Dort bündeln sich vergleichsweise häufig mehrere soziale Problemlagen, was in Stadtrandlagen seltener anzutreffen ist. Daraus folgert u.a., dass bei stadtentwicklungspolitischen Entscheidungen Sozial- und Wirtschaftspolitik Hand in Hand arbeiten sollten, da sich ihr Augenmerk nicht selten auf dieselben innenstädtischen Gebiete richtet.
"Bei der Abduktion handelt es sich um ein Verfahren der Forschungskonzeption: Die Methode des abduktiven Schließens geht in ihrer heute verwendeten Form zurück auf Charles Sanders Peirce (z.B. 1983). Im Zuge der Renaissance des Pragmatismus und einer in Deutschland vor allem während der vergangenen 20 Jahre verstärkten Entwicklung qualitativer Sozialforschung wurde 'abduktives Schlussfolgern' als Handlungstyp wiederentdeckt, mit dem sich aus beobachtbaren Phänomenen bislang unbegriffene Erklärungen bzw. neue Regelhaftigkeiten (aus Sicht der Gesellschaft wie aus Sicht des singulären Subjekts) auftun können. Damit gilt die Abduktion als einziger systematisierter, wenn auch wenig lenkbarer Prozess (das lateinische 'abductio' bedeutet auch Verführung), der Hypothesen generieren und damit neues wissenschaftliches Wissen produzieren kann. Abduktion ist kein Algorithmus. Trotzdem findet sie als Schlussverfahren umfangreich, wenn auch meist unreflektiert Verwendung: Sie liegt u.a. der klinischen Diagnostik, der Fehlersuche in technischen Systemen, der juristischen Interpretation von Sachverhalten oder vielen Kausalattributionen des Alltags zu Grunde. Klagt z.B. ein Kind plötzlich über eine Menge roter Flecken, sichtbar im Gesicht und auf Armen und Beinen, könnte als Ursache Masern, Windpocken, Nesselfieber, ein Kinderspiel mit roten Stiften oder noch anderes in Frage kommen - erst von weiteren Nachforschungen ist abhängig, was letztlich als Begründung angenommen wird und entsprechendes Handeln auslöst. In den Sozialwissenschaften beruhen insbesondere die von Fritz Schütz entwickelte Erhebungsmethode des 'Narrativen Interviews' sowie die Auswertungsmethoden der 'Objektiven Hermeneutik' von Ulrich Oevermann oder die von Heinz Bude vertretene 'Strukturale Sinnrekonstruktion' auf einer abduktiven Forschungsstrategie. Als komplexe Verfahren setzen diverse Spielarten der Biografieforschung oder die aktuell zunehmend zum Einsatz kommende Ethnografie mit der Befremdung des eigenen Blicks eine abduktive Forschungshaltung voraus." (Autorenreferat)