Sammelwerksbeitrag(elektronisch)2008

Soziale Mechanismen und ihre kulturellen Muster: illustriert an einem Fall plötzlicher Protesteskalation

In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, S. 2907-2918

Abstract

"Auf die Frage nach Mechanismen umzustellen, ist nützlich für jede Soziologie, die Prozesse erklären will; es hilft dabei, weder ins schiere Geschichtenerzählen zu verfallen noch in jene Übervereinfachung, zu der Theorien struktureller Selektion neigen. Die Möglichkeiten, die diese Umstellung bietet, bleiben jedoch unausgeschöpft, solange unter dem Stichwort 'Mechanismen' meist nur für Rational-Choice-Erklärungen plädiert wird. Die Frage nach den Mechanismen zielt darauf, die typische Wirkungsweise spezifischer Handlungsregeln innerhalb spezifischer sozialer Konfigurationen zu erfassen und für Erklärungen zu nutzen. Dabei immer schon einen bestimmten Typ von Handlungsregeln vorauszusetzen, wäre eine inkonsequente Selbstbeschränkung. Es lassen sich auch soziale Mechanismen identifizieren, die essentiell auf Sinnstrukturen basieren, die nicht mit einem RC-Konzept zu erfassen sind; erst wenn man das berücksichtigt, ist die Suche nach Mechanismen wirklich nützlich. Deutlich wird das etwa bei der Untersuchung von Protestdynamiken (einem typischen Beispiel schwer zu erklärender sozialer Prozesse). Der Vortrag illustriert dies anhand jener plötzlichen Ausweitung des Anti-AKW-Protests, die in Westdeutschland 1976-1977 trotz massiver staatlicher Repressionsdrohungen stattfand. Wesentlich für diesen Verlauf ist, dass zwei (aus der klassischen Religionssoziologie bekannte) Mechanismen ineinandergreifen, die auf einer basalen Ebene von kulturellen Mustern geprägt sind, die von RC-Erwartungen abweichen: 1. ein Mechanismus der Sektenkonkurrenz (den man zwar als Variante eines allgemeineren Konkurrenzmechanismus sehen könnte, der aber Prozesse in Gang bringt, deren Ablauf sich von dem einer Konkurrenz um materielle Ressourcen so stark untersche'det, dass der Verweis auf diesen allgemeineren Mechanismus wenig informativ wäre); 2. der von Durkheim beschriebene Mechanismus der 'kollektiven Efferveszenz' (zu dem kein Äquivalent existiert, das ohne ein entsprechendes kulturelles Muster auskommt). Hier lässt sich auch zeigen, dass mit dieser Aufwertung der kulturellen Dimension durchaus nicht der soziologische Anspruch auf Verallgemeinerbarkeit aufgegeben wird zugunsten des bloß Idiographischen." (Autorenreferat)

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