Aufsatz(elektronisch)2001

Die Verkehrsnetze der Ukraine: ihre Strukturen, ihre Nutzung und ihre Einbindung in europäische Strukturen

In: Europa Regional, Band 9.2001, Heft 3, S. 122-132

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Abstract

Die Ukraine besitzt generell gut entwickelte Verkehrsnetzstrukturen: ein jeweils relativ dichtes Eisenbahn- und Straßennetz, ein vielfältiges und dichtes Rohrfernleitungsnetz, eine große Anzahl Flughäfen und Seehäfen sowie Binnenwasserstraßen. Ihre spezifische Verkehrsbedeutung - die Nutzung der Eisenbahndienste im Güterverkehr vor denen des Rohrleitungstransports und der Seeschifffahrt bzw. die Nutzung der Autobusdienste im außerstädtischen Personenverkehr vor denen der Bahnen - ist trotz verminderter Verkehrsvolumen in den Jahren der Transformation weitgehend erhalten geblieben. Das Eisenbahnnetz besteht gegenwärtig aus 22.600 km Bahnlinien des öffentlichen Verkehrs - von denen 8.900 km elektrifiziert und 7.400 km zweigleisig ausgebaut sind - und 28.100 km Betriebsbahnlinien. Die zum Teil unlogische Linienführung des öffentlichen Hauptnetzes zeugt von den uneinheitlichen Bedingungen bei seinem Bau; als er begann, gehörte ein bedeutender Teil der heutigen Ukraine zu Russland, Galizien im Westen des Landes zu Österreich-Ungarn. Wegen des zellenartigen Netzaufbaus gibt es viele geichrangige, aber nur wenige herausragende Bahnknotenpunkte; am bedeutendsten sind die Knoten Charkiw und Lwiw (Lemberg). Der technische Zustand des Netzes wie auch des rollenden Materials ist relativ schlecht, er behindert den effektiven Bahnverkehr. Um den Netzproblemen zu begegnen und der Rolle als Landverkehrsbrücke im südlichen Osteuropa wieder stärker gerecht zu werden, plant die Ukrainische Bahn den Bau eines Hochgeschwindigkeitsnetzes, das mit den Paneuropäischen Helsinki-Verkehrskorridoren gut korrespondiert. Das Straßennetz der Ukraine basiert einerseits auf den mittelalterlichen Straßen der Region, andererseits auf Erschließungsvorstellungen des 20. Jahrhunderts. Sein Strahlen- bzw. Vektoraufbau entspricht originären Verkehrsbedürfnissen und Planungen. Es umfasst gegenwärtig 168.500 km öffentliche Straßen und 150.000 km Betriebsstraßen. Die Kategorie "Straße mit fester Decke" - 162.600 km des öffentlichen Netzes - hält nur bedingt einem Vergleich mit mitteleuropäischen Fernstraßen stand; allerdings besitzt das ukrainische Straßennetz auch nicht die Bedeutung der hiesigen Netze, denn hohe Verkehrsdichten kommen noch selten vor. Kiew und Charkiw wie auch Lwiw und Odessa sind heute wichtige Straßenverkehrsknoten. Obwohl meist erst dreißig Jahre alt, müssen große Teile des Hauptnetzes rekonstruiert und modernisiert werden, denn nach internationaler Bewertung sind nur 42% davon in technisch zufriedenstellendem Zustand. An Autobahnbau denkt man in Verbindung mit dem Ausbau des Helsinki-Korridors 3 (Berlin/Dresden-Kiew). Eine bedeutende Rolle spielt im Güterverkehr der Ukraine das 42.400 km (1998) lange Rohrfernleitungsnetz, das zu 87% aus Erdgasleitungen besteht; die mit ihm erreichte Verkehrsleistung übertrifft die der Eisenbahn. Seit Ende der 1940er Jahre in Etappen errichtet, ist seine Konfiguration - trotz einiger meridional verlaufender Leitungen - durch die Ost-West-Trassen geprägt, "Leitungsknoten" befinden sich bei Schebelynka und Dolyna. Bisher drei, seit diesem Jahr vier Leitungen dienen dem Transit von Erdgas und -öl nach Mitteleuropa. Der technische Zustand des Netzes ist nur bedingt einschätzbar, auf Verschleißerscheinungen verweisen die ukrainischen Umweltberichte. Luftverkehr und Schifffahrt haben seit der Erringung der Unabhängigkeit einen hohen Bedeutungsverlust hinnehmen müssen. Gewinnen konnten allerdings die Flughäfen der wirtschaftlichen und politischen Zentren: Von Kiew, Lwiw, Odessa, Simferopol u.a. wird nun eine Vielzahl internationaler Linien bedient. Das Rückgrat der ukrainischen Binnenschifffahrt ist der Dnjepr. An ihm liegen die bedeutenden Binnenhäfen des Landes. Über die ausgebaute Küstenschifffahrt sind sie mit den Seehäfen verbunden, deren leistungsfähigste die Häfen Odessa, Illitschiwsk und Jushnyj sind. Trotz erster Renovierungen ist der Modernisierungsbedarf von Flug-, Fluss- und Seehäfen beträchtlich. Im Kreuzungsbereich traditioneller, aber schwach entwickelter Verkehrswege von West nach Ost, von Nord nach Süd, von Europa nach Asien liegend, bemühen sich diverse, mit dem Verkehrswesen verbundene ukrainische Einrichtungen und Gremien um die Einbindung der nationalen Verkehrsnetze in die internationalen Helsinki-Korridore. Nach der überwiegend einseitigen Entwicklungsorientierung in sowjetischer Zeit verstehen sie diese Aktivitäten als Mittel zur Unterstützung dauerhafter nutzbringender Beziehungen mit allen Ländern Europas.

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