Aufsatz(gedruckt)1985

Tarifrunde 1984 - Einstieg in eine andere Arbeitsethik und Arbeitspolitik?

In: Aus Politik und Zeitgeschichte: APuZ, Heft B. 4, S. 3-19

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Abstract

"Eine abgerundete Bilanz der Tarifrunde 1984 erscheint zu Beginn des Jahres 1985 verfrüht, denn noch ist die Überraschung nicht abgeklungen, in welchem Ausmaß der Konflikt der Tarifpartner das gesellschaftliche Umfeld in seinen Sog gezogen, die Regierung sich eingemischt und die moderne Technologie bewährte Kampftaktiken der Gewerkschaften unterlaufen hat. Auch das schillernde Tarifergebnis, die Kombination von allgemeiner Arbeitszeitverkürzung und Flexibilisierung, vor allem jedoch die Verlagerung tarifvertraglicher Regelungskompetenzen auf die betriebliche Ebene läßt noch unbestimmt, wie stark sich die Arbeitszeitverkürzung gegen die Lohnerhöhung durchsetzt und beschäftigungspolitisch wirksam wird. Dennoch sind in der Tarifrunde Konturen einer veränderten Arbeitsethik wahrnehmbar, die ein ausschließlich instrumentelles Verständnis der Arbeit und damit die Fixierung auf Erwerbsarbeit überwindet - auch wenn noch offenbleibt, ob die Vorentscheidung für weniger Erwerbsarbeit anstelle von mehr Lohn dem einzelnen Arbeitnehmer größere Zeitsouveränität geschenkt, die Solidarität der Erwerbstätigen mit den Arbeitslosen überzeugend und erfolgreich zum Ausdruck gebracht und die Qualität der Erwerbsarbeit als Ort schöpferischer Selbstdarstellung und sozialer Anerkennung verbessert hat. In der Tarifrunde haben sich auch veränderte arbeitspolitische Entscheidungen verkörpert: Die Beiträge, die vom Wirtschaftswachstum und von der Arbeitszeitverkürzung zum Abbau der Massenarbeitslosigkeit zu erwarten sind, werden anders gewichtet. Auch sind Tendenzen aufgehalten worden, die ganze Personengruppen wie Frauen, Ausländer, ältere Arbeitnehmer und Jugendliche aus dem Arbeitsmarkt ausgrenzen. Umfassende arbeitspolitische Konzepte, die die marktwirtschaftsbedingten Asymmetrien der privaten und öffentlichen Wirtschaftsrechnung, der primären Einkommensverteilung und der internationalen Wirtschaftsbeziehungen antasten und zu regeln versuchen, sind indessen ausgeblendet worden." (Autorenreferat)

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