Aufsatz(gedruckt)1995

Armut verstehen: Betrachtungen vor dem Hintergrund der Bremer Langzeitstudie

In: Aus Politik und Zeitgeschichte: APuZ, Heft B 31/32, S. 24-34

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Abstract

"In sozialpolitischen Diskussionen gilt es als weitgehend geklärt, mit welchen Formen und Ursachen von Armut wir es in Deutschland zu tun haben. Diese Selbstverständlichkeiten sollen im vorliegenden Beitrag in Frage gestellt und neuere, komplexere Erklärungen skizziert werden. Dies geschieht anhand der Kontroverse um die neue 'dynamische' Sicht von Armut, also die Betrachtung von Armutslagen im Zeitverlauf. Zugrunde liegen Ergebnisse der Bremer Langzeitstudie von Sozialhilfeempfängern. Drei Aspekte von Armut werden beleuchtet: die unterschiedlichen Verlaufsmuster individueller Armutslagen ('Verzeitlichung von Armut'), der Umgang der Betroffenen mit ihrer Lage ('Arme verstehen') und der Strukturwandel von Armut und Ungleichheit im Zuge gesellschaftlichen Wandels ('Armutswandel verstehen'). Zudem wird erstmals zusammenfassend auf die Kritik an der dynamischen Sichtweise eingegangen ('Armut verstehen'). 'Verzeitlichung' besagt, daß Armut und Sozialhilfebezug von sehr unterschiedlicher, meist nur begrenzter Dauer sind. Neue Berechnungen für die neunziger Jahre zeigen, daß Kurzzeitbezug sogar zu- und der Anteil von Langzeitfällen abnimmt. Im Abschnitt 'Arme verstehen' werden die Lebenssituationen und Bewältigungsformen verdeutlicht, die hinter kurzem oder langem Bezug stehen. Im Abschnitt 'Armutswandel verstehen' wird gezeigt, daß Armut heute nicht nur mit Ausgrenzung einhergeht ('Zweidrittelgesellschaft'), sondern gleichzeitig und stärker sozial 'entgrenzt' ist, also zunehmend in mittlere Schichten jenseits traditioneller Randschichten hineinreicht. Zudem ist Armut nicht nur auf Verhältnisse am Arbeitsmarkt, sondern auch auf Wandlungen der Familie, der Generationsbeziehungen und ethnischer Konstellationen zurückzuführen. Die Politik ist gefordert, diesen neuen Realitäten Rechnung zu tragen." (Autorenreferat)

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