Article(print)2006

Erinnerungspolitik und Pflicht zur Geschichte

In: Transit: europäische Revue, Issue 30, p. 124-135

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Abstract

Der Autor reflektiert in seinem Essay die Zusammenhänge zwischen kollektivem Gedächtnis und politischer Geschichte sowie die Aufgaben von Gedächtniskontrolle und Gedächtnispolitik. Die Geschichte ist in einer demokratischen Gesellschaft nach seiner These der einzige Garant gegen das Vergessen. Sie ist zwar immer auch Gegenstand von Manipulationen oder Verdunkelungen, doch dagegen bietet der kritische Blick, den die Historiker gegenseitig auf ihre Arbeiten werfen, eine wirksame Waffe. Die Geschichte bietet nicht nur einen erschöpfenden Katalog der Schrecken, sondern auch eine von der Vernunft geleitete kritische Bestandsaufnahme der Errungenschaften einer Kultur. Sie verknüpft beides in einer erklärenden Weise, die nicht nur negative Resultate zeitigt. Ein Historiker kann zum Beispiel einer Formel wie "Europa wurde in Auschwitz geboren" nicht zustimmen. Denn mit ihr wird die ganze Geschichte Europas vor Auschwitz mit einen Schlag annulliert, während doch das historische Problem gerade darin besteht, zu verstehen, was trotz aller glanzvollen kulturellen Entwicklungen Auschwitz ermöglicht hat. Nur so wird es dem Autor zufolge gelingen, in der Geschichte einen neuen Anhalts- und politischen Ausgangspunkt zu finden. Denn es gibt nur eine Pflicht gegenüber der Vergangenheit, die auch eine Pflicht der Gegenwart gegenüber der Zukunft ist: nämlich eine Pflicht zur Geschichte. (ICI2)

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