Sammelwerksbeitrag(gedruckt)2006

Mauersturz und Terrorzeichen: über Weltklugheit und Moral ; zur Idee des kantischen Realismus

In: Vernunft oder Macht?: zum Verhältnis von Philosophie und Politik, S. 95-110

Abstract

Die berühmte Schrift von Immanuel Kant "Zum ewigen Frieden" besitzt dem Autor zufolge heute noch eine hohe Aktualität, denn sie kann auch als Beitrag zum Problem der aktuellen Welt(un)ordnung gelesen werden. Kant verfolgte in dieser Schrift zwei grundsätzliche Fragen: Die erste zielt auf das elementare Verhältnis von Macht und Recht und lautet: "Ist Recht - und schon gar das zwischenstaatliche Recht - nicht am Ende stets das Recht des Stärkeren?" Die zweite Frage richtet sich auf die Beziehung von Moraltheorie und politischer Praxis sowie auf die Tragfähigkeit allgemeiner anthropologischer Voraussetzungen: "Ist es wirklich so, dass die menschliche Natur eigentlich gar keine moralisch akzeptable Politik erlaubt?" Der Autor reflektiert vor diesem Hintergrund die politischen Folgen der beiden wichtigsten Ereignisse zu Beginn des 21. Jahrhunderts, des Mauerfalls vom 9.11.1989 und der Terroranschläge vom 11.9.2001. Das erstere Datum lässt sich als ein "Geschichtszeichen" im Sinne der kantischen Hoffnung auf Rechtsfortschritt und eine friedlich-föderative Weltbürgerlichkeit lesen; das zweite Datum als krasses Dementi solcher Vorstellungen, nämlich als Ausdruck des unterschwellig stets drohenden "bellum omnium contra omnes". Wenn man nun - wie vor allem der Amerikaner Robert Kagan - kantkritisch gegen das völkerrechtliche Kriegsverbot und die europäische Weigerung, präventive Weltordnungskriege zu führen, argumentiert, wird oftmals auf Thomas Hobbes und dessen Lehre vom Naturzustand verwiesen. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich allerdings, dass die Alternative "Hobbes versus Kant" in mehrfacher Weise verfehlt ist und dass der politische Realismus und die kantische "Weltinnenpolitik" keinen Gegensatz bilden. (ICI2)

Problem melden

Wenn Sie Probleme mit dem Zugriff auf einen gefundenen Titel haben, können Sie sich über dieses Formular gern an uns wenden. Schreiben Sie uns hierüber auch gern, wenn Ihnen Fehler in der Titelanzeige aufgefallen sind.