Wirtschaftsverbände: Verbandspolitik im Spannungsfeld von divergierenden Interessen und hierarchischer Integration

In: Interessenverbände in Deutschland, S. 221-243

Abstract

Die Verfasser gehen davon aus, dass das verhandlungsdemokratische Modell des "rheinischen Kapitalismus" die Transformation zur "Berliner Republik" nicht unbeschadet überstanden hat. Es werden die Auswirkungen dieses Transformationsprozesses auf die deutsche Wirtschaftsverbandslandschaft analysiert. Im Zentrum der Argumentation steht dabei die historisch gewachsene hierarchische Integration der Wirtschaftsverbandslandschaft unter dem Dach einiger weniger Spitzenverbände. Dabei wird gezeigt, dass die Stabilität der hierarchischen Verbandsordnung eng mit der Stabilität der allgemeinen politischen und ökonomischen Entwicklung verbunden ist. Die in der neueren organisationswissenschaftlichen Literatur aufgeworfenen Fragen zu den Bedingungen von "path dependence" und den Möglichkeiten von "path creation" werden aufgegriffen und auf das deutsche Wirtschaftsverbandssystem übertragen. Es werden die hierarchische Ordnung und die relevanten Spitzenverbände beschrieben. Anschließend werden sektorale Entwicklungslinien anhand der Sektoren Chemie sowie Information und Kommunikation analysiert, die beispielhaft für traditionelle und dynamische Branchen stehen. Zudem wird der Interessengegensatz zwischen kleinen und mittleren Unternehmen einerseits und Großunternehmen andererseits dargestellt. Vor diesem Hintergrund werden die innerverbandlichen Mechanismen zur Bewältigung der Interessenheterogenität aufgezeigt und die Antworte der Wirtschaftsverbände auf die Internationalisierungsprozesse analysiert. Es wird der Frage nachgegangen, wie Wirtschaftsverbände auf die Herausforderung des Firmen-Direktlobbyings reagieren. (ICG2)