Sammelwerksbeitrag(gedruckt)2008

Städtische soziale Bewegungen

In: Die sozialen Bewegungen in Deutschland seit 1945: ein Handbuch, S. 293-318

Abstract

Während der Druck der städtischen Bewegungen die Bürgerbeteiligung bei kommunaler Planung in vielerlei Hinsicht vorangebracht hat, ist, so die Verfasserin, zunehmend ein nicht zuletzt durch die fortschreitende Privatisierung entstandener Verlust kommunaler Handlungsfähigkeit zu beobachten. War für die Bewegungen der 70er und 80er Jahre die Kommune noch der richtige Adressat, so scheinen ihre Zuständigkeit und Kompetenz zu schwinden. Dieser Verlust des relevanten Gegenspielers trägt sicherlich zur verstärkten transnationalen Orientierung der städtischen Bewegungen bei. Mit Blick auf die Themen der städtischen Bewegungen zeichnet sich eine (Re-) Lokalisierung der auf globaler Ebene identifizierten Probleme ab. In formaler Hinsicht deutet sich ebenfalls die Übernahme von Mustern an, die zunächst eher von trans- und international arbeitenden Organisationen bekannt waren. Ein Trend, der für die Zukunft städtischer Bewegungen prägend sein wird, so die Autorin, ist das Aufgehen signifikanter Teile derselben im Dritten Sektor, da das Aktivierungspotenzial von lokalen zivilgesellschaftlichen Gruppen im Rahmen neuer sozial- und integrationspolitischer Ansätze gefördert wird. Vor allem quartiersorientierte Bewegungsorganisationen sind durch die Dezentralisierung von Ressourcen und Verantwortlichkeiten auf lokale Behörden und nichtstaatliche freie Träger zu Partnern in der Politikentwicklung und Umsetzung von Programmen geworden. Es wird argumentiert, dass sich für die städtischen Bewegungsakteure neue strukturelle Probleme und Dilemmata abzeichnen. Mehr als je zuvor finden sie sich eingebettet in bürgerschaftlich eingefärbte bzw. 'aktivierende' Diskurs- und Programmzusammenhänge; die Vertrags- und Konkurrenzstrukturen dieser Einbettung produzieren gleichzeitig neue Ungleichheiten sowohl unter den Trägerorganisationen als auch den Klientelgruppen. Je stärker die Einbindung der Bewegungsorganisationen in lokale Entscheidungsabläufe und Umsetzungsprogramme stattfindet, umso leichter werden sie für die Konsensbeschaffung instrumentalisiert. Das Dilemma, sich gleichzeitig als Träger antagonistischen Widerstands und Agenten der Modernisierung lokaler Wirtschafts- und Governance-Systeme zu erfahren, macht die praktische Arbeit dieses Teils des städtischen Bewegungssektors zur besonderen Herausforderung. (ICF2)

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