Die Bedeutung des Wahlrechts für Minderheitenschutz und ethnisches Konfliktmanagement im internationalen Vergleich
In: Demokratie im Umbruch: Perspektiven einer Wahlrechtsreform, S. 151-165
Abstract
Das Recht auf ethnische Identität und Repräsentation wurde in den Verfassungen der Staats- und Nationsbildung, die sich in Europa nach der Französischen Revolution herausgebildet hatten, in Frage gestellt. Während viele der mittel- und osteuropäischen Staaten und Verfassungen, die sich auf den deutschen Kulturnationsbegriff stützten und von einer "natürlichen Assimilation" ausgingen, in den letzten Jahrzehnten auf der Grundlage eines Wertewandels, bei dem die kulturelle Vielfalt nunmehr als Wert verfassungsrechtlich institutionalisiert wird, vor allem "autochthone", alte Minderheiten gegen Diskriminierung und Assimilation schützen, ignorieren die Staatsverfassungen, die auf dem jakobinischen Begriff der "Staatsnation" aufbauen, bis heute die Existenz von ethnischen Gruppen und lehnen daher einen Schutz nationaler Minderheiten ab. Vor diesem konzeptionellen Hintergrund wird verständlich, dass Fragen der Ausgestaltung des Wahlrechts zum effektiven Schutz von Minderheiten und eines erfolgreichen Konfliktmanagements im institutionellen Kontext und Spannungsfeld von individuellem Wahlrecht und Wahlrechtsgleichheit einerseits und ethnischer Repräsentation und Partizipation von ethnischen Gruppen andererseits zu behandeln sind. Im vorliegenden Beitrag werden das Wahlrecht und die Repräsentation zum Schutz von Minderheiten diskutiert und Erfahrungen aus Bosnien-Herzegowina zum ethnischen Konfliktmanagement beschrieben. (ICI2)
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