Die politischen und staatstheoretischen Arbeiten von Christian Wolff als einem der wichtigsten Philosophen der Aufklärung werden dargestellt. Dabei wird sein rechtsphilosophisches Werk nur am Rande berührt. Als Ausgangspunkt Wolffs wird ein anzustrebender "Naturzustand" erläutert, in dem politische und rechtliche Gleichheit und Freiheit herrschen sollten. Die Moral wird als politische Waffe mit dem Naturrecht gleichgesetzt. Die theologische Legitimation seiner Theorie beinhaltete, daß das Naturrecht Wille Gottes sei, damit als Moral gelte und zugleich Wahrheit sein müsse. Wolffs Staatsidee beruht auf mehreren Elementen: einem sozialen Gemeinwohlbegriff, der Vermittlung von Individuum und Gesellschaft durch den Staatsvertrag, einer freien und demokratischen Republik, einem liberalen Freiheitsbegriff und einer Garantie von Recht und Gesetz für diese Freiheit. Es wird verdeutlicht, daß die Geheimbünde, die sich für Wolffs Ziele einsetzten, den Kampf für die Grundrechte sehr hoch bewerteten. (HA)
Der Beitrag gibt einen einführenden Überblick über die politische Philosophie von Christian Wolff. Zunächst skizziert er die von Wolff verwendete Methode, die Theorie im strengen Sinne sein will. Anschließend werden die Elemente seiner Staatstheorie vorgestellt, die dieser vor dem Hintergrund des Naturrechts entwickelt hat. Die Staatsbildung folgt bei Christian Wolff der Einsicht, dass nur durch gemeinschaftliche Anstrengung die einzelnen "Häuser" in der Lage sind, sich hinlänglichen Lebensunterhalt sowie innere und äußere Sicherheit zu verschaffen. Die Verwirklichung dieser Einsicht ist jedoch nicht kontingent, denn der Mensch ist von der Natur dazu verpflichtet, seinen inneren und äußeren Zustand vollkommener zu machen und anderen mit seinem Vermögen, seiner Arbeit, seiner Hilfe und seinem Exempel zu dienen. So wird seine Vergesellschaftung zu einer naturrechtlich gebotenen Pflicht. Danach geht der Beitrag auf die von Wolff konzipierte Vermittlung zwischen Theorie und Praxis ein und zeigt abschließend die politischen Konsequenzen auf, die in ihrer Ambivalenz typisch für Wolffs Ansatz sind. (ICB2)
Ausgehend von den ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen Gabuns stellt der Verfasser des Handbuchartikels zunächst die Geschichte der Gewerkschaften des Landes dar. Danach werden deren Größe und Struktur sowie deren Programmatik und Einfluß in betrieblichen Vertretungsorganen beschrieben. Abschließend skizziert der Autor die Schwerpunkte der gewerkschaftlichen Arbeit und die Einbindung der Gewerkschaften in das autoritäre System des Staates, der die Gewerkschaften als Instrument zur Rechtfertigung des politischen und ökonomischen status quo versteht, so die Meinung des Verfassers. Ergänzt wird die inhaltliche Darstellung durch Literaturhinweise und die Anschrift des Gewerkschaftsbundes. (KS)
Thema sind subjektive und objektivierbare Auswirkungen der Emigration deutscher Sozialwissenschaftler im Dritten Reich. Sie werden aus autobiographischer und wissenssoziologisch angeleiteter Perspektive dargestellt. Wolff erläutert seine neue Identität durch die Emigrationssituation, seine wissenschaftliche Wirkung im Gastland USA, den Niederschlag der Emigrationserfahrungen in seinem Werk und sein Verhältnis zu seinem neuen Heimatland. Es wird ein Persönlichkeitsbegriff dargestellt, der nicht von der Rollentheorie ausgeht, sondern auf der Unterscheidung zwischen dem Sozialen und dem Menschlichen, dem empirischen und dem transzendentalen Subjekt fußt. Der Verfasser dokumentiert seine persönlichen Aufzeichnungen zur Zeit der Emigration und verdeutlicht seinen wissenschaftlichen Standort innerhalb der Soziologie. Seine enge Anlehnung an K. Mannheim betrachtet er als Kern seiner Arbeiten. Forschungsmethodologisch wird betont, daß eine möglichst weitgehende "Hingebung" an den wissenschaftlichen Gegenstand besonders produktiv ist. (HA)
Das Verhältnis von Journalismus und Öffentlichkeitsarbeit ist geprägt von gegenseitiger Beeinflussung. Bei anhaltenden Veränderungen der Medienwirklichkeit sind weitere Veränderungen im Verhältnis von Journalismus und Öffentlichkeitsarbeit programmiert. Der Autor weist auf einige Entwicklungen hin, die einen wichtigen Teil der Medienwirklichkeit im Wandel darstellen. Dabei handelt es sich um die "Ökonomisierung der Medien und ihres Umfeldes", die "Entwicklung zur Informationsgesellschaft" sowie die "Mediatisierung von Politik und Wirtschaft". Das Ausmaß dieser wechselseitigen Beeinflussung verändert sich. Dabei zeichnen sich die Erosion journalistischer Ansprüche als Folge der Ökonomisierung der Redaktionen und die Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit als Teil der Mediatisierung von Wirtschaft und Politik als zwei besonders gewichtige Entwicklungen der Medienwirklichkeit ab. Dieser Prozeß ist auf dem Wege in die Informationsgesellschaft, in der Journalisten eigentlich neue Aufgaben zuwachsen, gefährlich. "Denn jetzt besteht erkennbar die Gefahr, daß sich das Kräfteverhältnis von Journalismus und Öffentlichkeitsarbeit nachhaltig zugunsten der Öffentlichkeitsarbeiter verschiebt." (RG)
"Kritik an der Entwicklungshilfe ist so alt wie diese selbst und hat sich zunehmend ausdifferenziert. Vorgestellt wird ein neuer Ordnungsansatz, in dem selten diskutierte entwicklungspolitische Grundannahmen vorgestellt werden und die Entwicklungshilfe-Kritik auf ihre Aussagen dazu befragt wird." (Autorenreferat)
"Die" Politik hat mit beträchtlichem propagandistischen Aufwand die Inkompetenz und Habgier "der" Banker als Krisenursache verbreitet und damit bei einem wenig informierten Publikum bereitwillig Gehör gefunden. Gesellschaftliche Einrichtungen sollten von Sozialwissenschaftlern jedoch nicht nach den vermuteten Motivationen der Akteure, sondern nach ihren Wirkungen beurteilt werden. Menschen handeln nach historisch vermutlich weitgehend invarianten Motivationsstrukturen. Die politische Kunst besteht darin, Ordnungsstrukturen so anzulegen, dass diese Motivationen dem Gemeinwohl zugute kommen. Hier gibt es ein eklatantes Versagen der Politik: Für die eminent wichtige Ordnung der internationalen Finanzmärkte hat es zunächst an einer ausreichenden rechtlichen Regelung gefehlt. Zudem war deren Durchsetzung (Bankenüberwachung und Regulierung) defizitär - und ist es noch heute. Schließlich hat die Politik versagt bei dem Betreiben eigener Bankinstitutionen, etwa der deutschen Landesbanken, deren Verluste die der privaten Banken um ein Mehrfaches übertroffen haben. Bankenüberwachung ist eine öffentliche Aufgabe: Hier ist der Staat unverzichtbar. Das Betreiben eigener Banken hingegen ist ebenso wenig seine Angelegenheit wie die Produktion von Milch oder Wein. Auf allen Ebenen liegt massives Staatsversagen vor. Der Ruf nach dem Staat in der Krise ignoriert damit dessen Mitverantwortung für die Krise. Ein Allzuständigkeitsanspruch an den Staat, wie er in Deutschland verbreitet ist, führt daher nicht weiter. (ICF2)
"Außerhalb jenes Teils der Welt, den wir je nach Perspektive entwickelt, industrialisiert, 'Triade', 'Norden' oder 'Westen' zu nennen pflegen, bietet Lateinamerika zweifelsfrei das reichhaltigste Anschauungsmaterial für eine empirische Analyse des inneren Demokratischen Friedens. Im Unterschied zu Afrika und Asien sind fast alle lateinamerikanischen Staaten demokratisch verfasst - mindestens in einem formal-prozeduralen Sinn. Zugleich ist der innere Frieden nach Beendigung der Bürgerkriege in Zentralamerika und Ablösung der Militärregime quer über den Subkontinent als Normalzustand etabliert - dies wiederum gemäß eines engen, auf die Abwesenheit systematischer physischer Gewalt abstellenden Friedensbegriffs. Kurz: Zieht man die üblichen Indikatoren zurate, auf die sich die quantitative Forschung zum Civil Democratic Peace stützt, dann bestätigt die überwiegende Mehrzahl der Länder Lateinamerikas den positiven Zusammenhang von Demokratie und innerem Frieden. Die Demokratien der Region erweisen sich weder als besonders effektive Problemlöser, die qua Leistung (Konfliktlinderung) den Frieden sichern; noch wird den demokratischen Institutionen die nötige Stärke und Qualität bescheinigt, mit der sie plausiblerweise den Frieden per Verfahren (Konflikttransformation) sichern könnten. Wie aber kann der innere Frieden lateinamerikanischer Demokratien erklärt werden, wenn die Kausalmechanismen, die dem Civil Democratic Peace zugrunde liegen sollen, dafür prima facie kaum in Anschlag gebracht werden können? Dieser Frage widmet sich der vorliegende Beitrag am Beispiel Argentiniens und Ecuadors. Er präsentiert die Ergebnisse eines Forschungsprojekts, das realexistierende Konstellationen der Kombination aus Demokratie und innerem Frieden am Fall konkreter Krisenepisoden untersuchte, um den Kausalmechanismen hinter diesen Formationen auf die Spur zu kommen. Mit Argentinien und Ecuador werden zwei politische Regime analysiert, die nach einem formalprozeduralen Verständnis als demokratisch zu qualifizieren, ausweislich der Regionalforschung allerdings kaum als kohärent und umfassend liberal-demokratisch einzuschätzen sind (Wolff 2008: 82-92). Dies ist aber, wie die empirische Demokratieforschung zeigt (vgl. im Überblick Wolff 2009b: 252f), global eher die Regel als die Ausnahme - und insofern für ein Verständnis des Realweltphänomens Civil Democratic Peace von unmittelbarer Bedeutung." (Textauszug)
Der Autor stellt 2 Fallstudien über die deutsche und amerikanische Ecuadorpolitik in der Zeit der Bürgerrevolution von 2006 bis 2012 vor. Für beide Länder wird ein Profil der bilateralen Beziehungen aufgestellt, eine Perzeptionsanalyse und dann eine Reaktionsanalyse durchgeführt. Zunächst wird der Verlauf der Bürgerrevolution in Ecuador dargestellt. Eine Orientierung auf Demokratieförderung für die deutsche und amerikanische Bolivienpolitik wurde vor allem in den Dimensionen der Entwicklungspolitik und der Diplomatie untersucht. Beide Geber hatten einen Schwerpunkt im Bereich Demokratie, Governance und Zivilgesellschaft. In beiden Fällen war dieser allerdings einem klar prioritären Bereich - Kampf gegen Drogen und Terrorismus (USA) bzw. Umweltschutz (Deutschland) - nachgeordnet. (ICB)
Der vorliegende Beitrag fragt nach dem tatsächlichen Ausmaß und den Implikationen kooperativer Umweltpolitik in Deutschland. Er diskutiert die These, dass die Politik auf der Basis hierarchischer Steuerungsmechanismen ("government") in komplexen Gesellschaften an ihre Grenzen stößt und zunehmend durch kooperative, verhandlungsbasierte Steuerungsformen ("governance") ersetzt wird bzw. zu ergänzen ist, um Konflikte und Probleme besser lösen zu können. Vor dem Hintergrund von Steuerungstheorie und moderner Staatstheorie werden drei Aspekte von kooperativer Staatlichkeit empirisch untersucht: (1) Die Öffnung des politischen Prozesses für nichtstaatliche Akteure; (2) die Erweiterung des klassischen Steuerungsinstrumentariums um anreizorientierte Instrumente, prozedurale Instrumente und Selbstregulierungsansätze, sowie (3) die Notwendigkeit von Kooperation und Verhandlung zwischen staatlichen Akteuren im Rahmen politisch-institutioneller Mehrebenensysteme. Als Ergebnis zeigt sich, dass kooperative Formen von Staatlichkeit im Bereich der Umweltpolitik tatsächlich zugenommen haben. Allerdings ergänzen sie die hierarchische Steuerung eher, als dass sie diese ersetzen. Zudem verteilt sich der Prozess ungleichmäßig über die drei Dimensionen, ist teils mit Rückschlägen versehen und bleibt oft hinter den Entwicklungen in anderen Ländern zurück. Desweiteren entstehen mit dem Wandel von Staatlichkeit in der Umweltpolitik auch demokratietheoretische Spannungsfelder. (ICI2)
Die Medienkrise der Jahre 2000, 2001 und 2003 hat insbesondere bei den überregionalen Tageszeitungen zu deutlichen Ergebniseinbrüchen geführt. Gravierend wirkte sich im Jahre 2000 der einsetzende Einbruch der Werbeeinnahmen aus, was besonders hart die Tageszeitungen betraf. Zudem verloren Tageszeitungen, Regionalzeitungen wie überregionale Zeitungen in den letzten zehn Jahren mehr als 3,8 Millionen Käufer. Diese Entwicklung ist nahezu stetig und korrespondiert mit den Reichweitenverlusten der Zeitungen besonders bei jungen Lesern. Dies trifft auch, wenn auch nicht in dem hohen Maße, auf Publikumszeitschriften zu. Die Zeitungs- und Zeitschriftenverlage sehen die Bewältigung dieser Krise in erster Linie als Aufgabe der Redaktionen. Die Journalisten sind mit einer hoch entwickelten Öffentlichkeitsarbeit von Politik und Wirtschaft konfrontiert. Die auf Seiten der Wirtschaft erkennbar größeren Ressourcen lassen zusammen mit der Bedeutung der Werbeetats in der gegenwärtigen ökonomischen Krise der Medien ein besonders Gestaltungspotenzial der Öffentlichkeitsarbeit von Wirtschaftsunternehmen einerseits und ein besonderes Problem für den Wirtschaftsjournalismus andererseits erkennen. In diesem PR-Material zeigt sich das wachsende Missverhältnis zwischen den Ressourcen der Pressestellen einerseits und der Redaktionen andererseits. Die mit dieser Entwicklung verbundenen Probleme besonders der Wirtschaftsjournalisten hinsichtlich der Distanz zum Absender von Informationen werden mit Blick auf das Verhalten der Journalisten während des Hypes an den Finanzmärkten Ende der 90er Jahre beschrieben. Abschließend werden Vorstellungen zum Weg aus der Krise formuliert. (RG)
Der Beitrag widmet sich dem Arabischen Frühling am Beispiel Ägyptens und untersucht hier die Rolle des Web 2.0 für den politischen Umbruch. Zur besseren analytischen Einordnung der Rolle, die neue Medien spielen, nimmt der Beitrag zunächst eine definitorische Eingrenzung des Begriffs Web 2.0 vor. Anschließend zeichnet der Beitrag den Verlauf des politischen Umbruchs im Kontext der Nutzbarmachung von Web 2.0 - Medien nach. Anhand des Konzepts der "social nonmovements" von Asef Bayat zeigt der Autor im weiteren Verlauf die Ausgangsbedingungen und Verlaufsformen der Aktivitäten junger, technikaffiner Ägypter auf, die letztlich zur erfolgreichen und verstetigten Massenmobilisierung auf dem Tahir-Platz geführt haben. Das Fazit fasst noch einmal die Ergebnisse der Analyse zusammen und verweist auf die Schwierigkeiten in der Diskussion um die Wirkungsmacht des Web 2.0 sowie um die Problematik einer nicht nur kursorischen Definition des Begriffs des Web 2.0 und des Öffentlichkeitsbegriffs. (ICA2)