Terrorismus als Konfliktsystem
In: Analysen des transnationalen Terrorismus: soziologische Perspektiven, S. 166-193
Der Autor interpretiert den Terrorismus aus systemtheoretischer Sicht als ein operativ geschlossenes Konfliktsystem, welches eigene Mehrdeutigkeitsreduktionen erarbeitet, mit deren Hilfe es sich konstituiert. Im Unterschied zu institutionalisierten Konflikten (z.B. Tarifkonflikte, Wahlkämpfe) handelt es sich um ein "parasitäres" System, das durch die Nutzung der Ressourcen des politischen Weltsystems eigene Unterscheidungen zwischen Zwecken und Mitteln, Ursachen und Wirkungen erarbeitet. Der transnationale Terrorismus erzeugt vor allem Situationen des Nichtwissens und der Ambiguität, die das Entstehen von komplexitätsreduzierenden Schemata und Zurechnungen begünstigen. Diese Zurechnungen zielen zwar auf Sicherheit, Orientierung und Handlungsfähigkeit, erzeugen jedoch aufgrund ihrer Kurzfristigkeit und Kontrollfiktionen letztlich Unsicherheit. Der Autor beleuchtet die historischen und sozialstrukturellen Bedingungen für die Entstehung eines selbstreproduktiven Konfliktsystems, wie er im islamistischen Fundamentalismus zum Ausdruck kommt. Er problematisiert die Tatsache, dass es kaum möglich erscheint, das Konfliktsystem aufgrund seiner hohen Selbstverstärkungstendenz zu deeskalieren, und geht abschließend auf die "Rhetorik der Sicherheit" und die "Einheitssemantik" der Bush-Administration ein. (ICI2)